von Ingo Hagel
Wirkliche Freiheit hängt in ihrem Wesenskern schon damit zusammen, nicht nur von Äußerem frei zu werden –
zur Einstimmung und Einleitung dazu siehe – nur zum Beispiel – hier und hier und hier und hier –
sondern sich in seinem Handeln von sich selber, das heißt von der Abhängigkeit von seiner eigenen Leiblichkeit, von dem damit verbundenen leibgebundenen Denken, Fühlen und Wollen sowie den aus diesem Leib entspringenden Begierden, Trieben und Leidenschaften und so weiter zu befreien. –
Siehe zur „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners hier auf Umkreis-Online. –
Durch oben angeführte Neuordnung der leiblich-seelisch-geistigen Konstitution des Menschen
infolge eines reinen, sinnlichkeitsfreien, lebendigen, intuitiven Denkens, das bereits in erheblichem Maße die Abhängigkeit von der eigenen leiblichen Konstitution überwunden hat, werden sich die Triebe, Begierden und Leidenschaften des Menschen mit Blick auf dessen Handlungsmaximen nicht mehr –
beziehungsweise nur noch in ihrem ideellen, das heißt rein begrifflichen und daher freilassendem Gehalt –
bestimmend auswirken können. Dieser Aspekt einer beginnenden, relativen Leibfreiheit, der in der „Philosophie der Freiheit“ thematisiert und durchgeführt wird, wird dem erkenntnispraktischen Leser in seinen leiblich-seelisch-geistigen Konsequenzen nachvollziehbar und beobachtbar werden können, indem dieser zum Beispiel die Erfahrung machen kann, dass er dem, was an leibgebundenen Impulsen aus dem Organismus aufsteigt, nicht mehr – mehr oder weniger – hilf- und willenlos ausgeliefert ist.
Rudolf Steiner führt in seiner „Philosophie der Freiheit“ allerdings noch eine andere Beobachtung an.
Diese scheint anzudeuten, dass die erwähnte Neuordnung der leiblich-seelisch-geistigen Konstitution sich nicht nur auf oben angeführte im gewöhnlichen Bewusstsein beobachtbare Veränderungen bezieht, sondern auf die Veränderung dieses gewöhnlichen Bewusstseins selber. Man könnte aus diesen Schilderungen Steiners den Eindruck gewinnen, als ob das gewöhnliche Bewusstsein eine erste Verwandlung hin zu einem übersinnlichem Bewusstsein vollzieht, indem die im reinen, intuitiven Denken sich vollziehende „Zurückdrängung der Leibesorganisation“ im leiblich-organischen, funktionellen, ätherischen, seelischen – wie auch immer – Gefüge des Menschen selber, in seiner „leiblich seelischen Organisation“ beobachtet wird.
Im neunten Kapitel (Seite 146) der „Philosophie der Freiheit“
wird diese Angelegenheit mit der „Zurückdrängung der Leibesorganisation“ so dargestellt:
Nur wenn man sich zu der in der unbefangenen Beobachtung gewonnenen Anerkennung dieser Wahrheit über die intuitive Wesenheit des Denkens hindurchgerungen hat, gelingt es, den Weg frei zu bekommen für eine Anschauung der menschlichen leiblich seelischen Organisation. Man erkennt, dass diese Organisation an dem Wesen des Denkens nichts bewirken kann. Dem scheint zunächst der ganz offenbare Tatbestand zu widersprechen. Das menschliche Denken tritt für die gewöhnliche Erfahrung nur an und durch diese Organisation auf. Dieses Auftreten macht sich so stark geltend, dass es in seiner wahren Bedeutung nur von demjenigen durchschaut werden kann, der erkannt hat, wie im Wesenhaften des Denkens nichts von dieser Organisation mitspielt. Einem solchen wird es dann aber auch nicht mehr entgehen können, wie eigentümlich geartet das Verhältnis der menschlichen Organisation zum Denken ist. Diese bewirkt nämlich nichts an dem Wesenhaften des Denkens, sondern sie weicht, wenn die Tätigkeit des Denkens auftritt, zurück; sie hebt ihre eigene Tätigkeit auf, sie macht einen Platz frei; und an dem freigewordenen Platz tritt das Denken auf. Dem Wesenhaften, das im Denken wirkt, obliegt ein Doppeltes: Erstens drängt es die menschliche Organisation in deren eigener Tätigkeit zurück, und zweitens setzt es sich selbst an deren Stelle. Denn auch das erste, die Zurückdrängung der Leibesorganisation, ist Folge der Denktätigkeit. Und zwar desjenigen Teiles derselben, der das Erscheinen des Denkens vorbereitet.
Auch zu Beginn des zwölften Kapitels der „Philosophie der Freiheit“
erwähnt Rudolf Steiner diese „Zurückdrängung der Leibesorganisation“ ein weiteres Mal und weist noch einmal darauf hin, dass diese sich unter den besonderen Bedingungen eines wesenhaften Denkens vollzieht:
Dem Wesenhaften, das im Denken wirkt, obliegt ein Doppeltes: Erstens drängt es die menschliche Organisation in deren eigener Tätigkeit zurück, und zweitens setzt es sich selbst an deren Stelle. Denn auch das erste, die Zurückdrängung der Leibesorganisation, ist Folge der Denktätigkeit. Und zwar desjenigen Teiles derselben, der das Erscheinen des Denkens vorbereitet.
Aber auch im Zusatz zum zwölften Kapitel der „Philosophie der Freiheit“ zu deren Neuauflage 1918
erwähnt Rudolf Steiner diese oben angeführte
Zurückdrängung der Leibesorganisation,
noch einmal, die er an dieser Stelle aber einen
Zurückdämmungsvorgang der organischen Tätigkeit
nennt (GA 4, S. 204):
Nur wer diese Beobachtung der Zweigliedrigkeit eines freien Wollens nicht machen kann, glaubt an die Unfreiheit jedes Wollens. Wer sie machen kann, ringt sich zu der Einsicht durch, daß der Mensch, insofern er den Zurückdämmungsvorgang der organischen Tätigkeit nicht zu Ende führen kann, unfrei ist; daß aber diese Unfreiheit der Freiheit zustrebt, und diese Freiheit keineswegs ein abstraktes Ideal ist, sondern eine in der menschlichen Wesenheit liegende Richtkraft.
Dieser „Zurückdämmungsvorgang der organischen Tätigkeit„
kann allerdings „erst“ dann wahrgenommen werden, wenn das intuitive Denken realisiert worden ist. Vorher ist diese Zurückdrängung „nicht zu schauen„:
Diese Freiheit des Wollens wird der nicht beobachten können, der nicht zu schauen vermag, wie das freie Wollen darin besteht, daß erst durch das intuitive Element das notwendige Wirken des menschlichen Organismus abgelähmt, zurückgedrängt, und an seine Stelle die geistige Tätigkeit des idee-erfüllten Willens gesetzt wird.
In seiner Gänze sieht dieser aufschlussreiche Zusatz zum zwölften Kapitel der „Philosophie der Freiheit“ (Neuausgabe 1918) so aus –
hier zitiert unter dem von mir hervorgehobenen Gesichtspunkt einer siebenmaligen Erwähnung der „ideellen Intuition“ (GA 4, S. 203):
In diesen Ausführungen über das menschliche Wollen ist dargestellt, was der Mensch an seinen Handlungen erleben kann, um durch dieses Erlebnis zu dem Bewusstsein zu kommen: mein Wollen ist frei. Von besonderer Bedeutung ist, daß die Berechtigung, ein Wollen als frei zu bezeichnen, durch das Erlebnis erreicht wird: in dem Wollen verwirklicht sich eine ideelle Intuition. Dies kann nur Beobachtungsresultat sein, ist es aber in dem Sinne, in dem das menschliche Wollen sich in einer Entwickelungsströmung beobachtet, deren Ziel darin liegt, solche von rein ideeller Intuition getragene Möglichkeit des Wollens zu erreichen. Sie kann erreicht werden, weil in der ideellen Intuition nichts als deren eigene auf sich gebaute Wesenheit wirkt. Ist eine solche Intuition im menschlichen Bewusstsein anwesend, dann ist sie nicht aus den Vorgängen des Organismus heraus entwickelt (s. S. 145 ff.), sondern die organische Tätigkeit hat sich zurückgezogen, um der ideellen Platz zu machen. Beobachte ich ein Wollen, das Abbild der Intuition ist, dann ist auch aus diesem Wollen die organisch notwendige Tätigkeit zurückgezogen. Das Wollen ist frei. Diese Freiheit des Wollens wird der nicht beobachten können, der nicht zu schauen vermag, wie das freie Wollen darin besteht, daß erst durch das intuitive Element das notwendige Wirken des menschlichen Organismus abgelähmt, zurückgedrängt, und an seine Stelle die geistige Tätigkeit des idee-erfüllten Willens gesetzt wird. Nur wer diese Beobachtung der Zweigliedrigkeit eines freien Wollens nicht machen kann, glaubt an die Unfreiheit jedes Wollens. Wer sie machen kann, ringt sich zu der Einsicht durch, daß der Mensch, insofern er den Zurückdämmungsvorgang der organischen Tätigkeit nicht zu Ende führen kann, unfrei ist; daß aber diese Unfreiheit der Freiheit zustrebt, und diese Freiheit keineswegs ein abstraktes Ideal ist, sondern eine in der menschlichen Wesenheit liegende Richtkraft. Frei ist der Mensch in dem Maße, als er in seinem Wollen dieselbe Seelenstimmung verwirklichen kann, die in ihm lebt, wenn er sich der Ausgestaltung rein ideeller (geistiger) Intuitionen bewußt ist.
Angenommen, man wäre nun wirklich so weit gekommen,
dass man dieses „intuitive Element“ in sich so weit entwickelt hat. Das würde natürlich bedeuten, dass man überhaupt erst einmal das, was in dem oben angeführten Abschnitt in den verschiedenen Variationen sieben mal als „Intuition“ und so weiter angeführt wird, vom Wort in sein eigenes Erlebnis überführt hat. Nur weil da „rein ideelle Intuition“ steht, und der Leser das „schwarz auf weiß“ entgegennehmen kann, ist das in diesem längst noch nicht realisiert. Die „Philosophie der Freiheit“ ist also ein Zukunftsbuch. Man kann deren Inhalt nicht als intellektueller „Gewohnheitstrinker“ passiv genießend in sich hineinschlürfen, nur um dann selig und abgefüllt sich für die nächsten Party-Diskussionen bereichert zu fühlen. Die „Philosophie der Freiheit“ ist ein Buch, das einem die eigene geistige Nichtigkeit so richtig vor die inneren Augen stellen kann –
aber das ist nur gesund, denn wenn man das nicht weiß, dann weiß man überhaupt nicht, wie krank man selber und wie krank diese ganze sogenannte heutige Kultur ist. –
Wenn einem also diese eigene Nichtigkeit so deutlich vor die Seele tritt, dann weiß man auch, dass man die ersten Schritte zum Verstehen dieses Buches richtig unternommen hat.
Angenommen, man wäre nun wirklich so weit gekommen,
dass durch dieses „intuitive Element“ in Einem
das notwendige Wirken des menschlichen Organismus abgelähmt, zurückgedrängt, und an seine Stelle die geistige Tätigkeit des idee-erfüllten Willens gesetzt wird.
Also angenommen, man hat nicht nur Ideen in sich, sondern diese Ideen wären durch ein entsprechendes Studium der „Philosophie der Freiheit“ so geartet, dass man von diesen gar nicht mehr nur von Ideen sprechen könnte, sondern von einem „idee-erfüllten Willen“ – das heißt also, dass Denken und Willensbetätigung eines geworden sind. –
Rudolf Steiner sagte mit Blick auf genau diese Angelegenheit damals seinen imaginationshungrigen Zuhörern:
Stellen Sie sich jetzt einmal vor, Sie könnten das. Ich will Ihnen nicht schmeicheln und Ihnen etwa sagen: Sie können es. – Aber setzen Sie zunächst einmal die Hypothese, Sie könnten so denken, dass Ihre Gedanken nur ein innerer Gedankenfluss wären. Wenn ich in meiner «Philosophie der Freiheit» vom reinen Denken spreche, so war diese Bezeichnung für die damaligen Kultur Verhältnisse schon deplaciert; denn Eduard von Hartmann sagte mir einmal: «Das gibt es gar nicht; man kann nur an Hand der äußeren Anschauung denken!» Ich konnte ihm darauf nur antworten: «Man muss es probieren; man wird es dann schon lernen und zuletzt auch wirklich können.»
Also angenommen, man könnte durch dieses „intuitive Element“ und durch diesen „idee-erfüllten Willen“ dann auch diese in der „Philosophie der Freiheit“ erwähnte „Zurückdrängung der Leibesorganisation“ an sich beobachten: Stünde man dann nicht bereits in der realen, geistigen, das heißt übersinnlichen Welt im Sinne von Imagination, Inspiration und Intuition drinnen? Oder wenigstens der Imagination? Oder anders gefragt:
Ist durch das Verfolgen des Weges der „Philosophie der Freiheit“ ein Wahrnehmen der realen geistigen Welt im Sinne von Imagination, Inspiration und Intuition möglich?
Kommt man auch auf dem Wege der „Philosophie der Freiheit“ zur Wahrnehmung derjenigen übersinnlichen Realitäten, zu denen der Weg in Rudolf Steiners Buch „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ (GA 10) – nur zum Beispiel – auf ganz andere Weise geschildert ist?
Oder wie ist es sonst zu verstehen, dass Rudolf Steiner in der „Philosophie der Freiheit“ von der Wahrnehmung, der „Anschauung“ der „Zurückdrängung der Leibesorganisation“ spricht, indem der Mensch den Weg frei bekommt
für eine Anschauung der menschlichen leiblich seelischen Organisation?
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