Zur Befreiung des im Sklavendienst von Staat und Wirtschaft stehenden Geisteslebens (Schulen und Universitäten)

 

von Ingo Hagel

 

Wolfgang Lieb von den Nachdenkseiten schrieb zutreffend:

Drittmittel korrumpieren mehr und mehr die Idee der Universität

Bei real stagnierenden Grundmitteln, sind die Universitäten, um überhaupt noch Forschung betreiben zu können, mehr und mehr auf die Einwerbung von Drittmitteln angewiesen. Der Wettbewerb um Drittmittel wurde geradezu zum Steuerungsinstrument der Universitätsforschung. Das Grundecht der Wissenschaftsfreiheit für den einzelnen Hochschulwissenschaftler wird dadurch eingeschränkt und die Idee der Universität als ein von Fremdbestimmung, von wirtschaftlichen Verwertungsinteressen oder von politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freier Ort der Wissenschaft wird zunehmend korrumpiert.

Und:

Das Konzept der wettbewerbsgesteuerten Hochschule, also das Regime von McKinsey und Co widerspricht den „professionskulturellen“ Voraussetzungen einer freien Wissenschaft und beeinträchtigt die Innovationsfähigkeit der Hochschulforschung. 

Und:

Es darf nicht sein: dass Pharmafirmen die Agenda staatlicher Hochschulen bestimmen.

Und:

Gerade Medizin-Professoren werden von der Pharmaindustrie gezielt umworben. Honorare für Studien oder Vorträge sind dabei nur Kleinigkeiten. Das größte Problem sind die Studien, die von der Industrie finanziert werden. Selbst die Weltgesundheitsorganisation beobachtet die Verquickung zwischen Forschung und Industrie mit Sorge.

Und:

Ein Musterbeispiel wie Hochschulwissenschaft und Wirtschaftsinteressen miteinander vermengt werden ist der Freiburger Finanzwirtschaftler Prof. Bernd Raffelhüschen.

Und:

Bei der Vergabe von öffentlichen Forschungsdrittmitteln etwa durch die DFG, bei der immerhin noch Wissenschaftler über die eingereichten Forschungsanträge entscheiden, besteht die Gefahr, dass sozusagen ein Old-Boys-Network, also etablierte Professoren vor allem die Mainstream-Forschung fördern und innovative Ansätze vernachlässigt werden.

Und so weiter und so fort. Ok, aber was denn nun? Der Artikel beschreibt die Situation zutreffend, stellt aber keine einzige Forderung. Also mal wieder Diagnose und keine Therapie. Diese kann aber nur lauten – im Sinne der Sozialen Dreigliederung: Nehmt dem Staat die Herrschaft über die Universitäten aus der Hand. Und da der Staat pleite ist – und sich freut, wenn die Wirtschaft einspringt: Verhindert, dass stattdessen diese Herrschaft immer weiter in die trüben Fänge des Wirtschaftsleben gerät. Sorgt für ein selbstverwaltetes freies Geistesleben – wozu nicht nur die Universitäten, sondern überhaupt das gesamte Schul- und Ausbildungswesen gehört. Wenn man diese Forderung nicht stellt, kann man das sich vom Wirtschaftsleben organisierte unfreie Geistesleben immer weiter diagnostizieren ohne Ende – und es wird sich nichts ändern.

Selbstverständlich soll und wird die Wirtschaft und werden geneigte Privatpersonen dieses freie Geistesleben finanziell unterstützen – denn ansonsten wird sie und die Gesellschaft nicht den ausgebildeten Nachwuchs bekommen, der dringend benötigt wird. Allerdings wird diese Finanzierung ohne jeglichen Anspruch einer Einflussnahme auf die Lehr- und Forschungsinhalte erfolgen. Es handelt sich eben um ein freies Geistesleben – und nicht um ein im Sklavendienst von Staat oder Wirtschaft stehendes!

Rudolf Steiner behandelt diese Dinge in seinem Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ und schrieb in der Einleitung dazu:

Diese Schrift muss die heute wenig beliebte Aufgabe übernehmen, zu zeigen, dass die Verworrenheit unseres öffentlichen Lebens von der Abhängigkeit des Geisteslebens vom Staate und der Wirtschaft herrührt. Und sie muss zeigen, dass die Befreiung des Geisteslebens aus dieser Abhängigkeit den einen Teil der so brennenden sozialen Frage bildet.

Und:

Es war für das Heraufkommen der neuzeitlichen Menschheitsverhältnisse notwendig, dass das Erziehungswesen und damit das Öffentliche Geistesleben den Kreisen, die es im Mittelalter innehatten, abgenommen und dem Staate überantwortet wurde. Die weitere Beibehaltung dieses Zustandes ist aber ein schwerer sozialer Irrtum. Das will diese Schrift in ihrem ersten Teile zeigen. Innerhalb des Staatsgefüges ist das Geistesleben zur Freiheit herangewachsen; es kann in dieser Freiheit nicht richtig leben, wenn ihm nicht die volle Selbstverwaltung gegeben wird. Das Geistesleben fordert durch das Wesen, das es angenommen hat, dass es ein völlig selbständiges Glied des sozialen Organismus bilde. Das Erziehungs- und Unterrichtswesen, aus dem ja doch alles geistige Leben herauswächst, muß in die Verwaltung derer gestellt werden, die erziehen und unterrichten. In diese Verwaltung soll nichts hineinreden oder hineinregieren, was im Staate oder in der Wirtschaft tätig ist. 

Wolfgang Liebs Beitrag gibt einen wertvollen, weil aufklärenden Einblick in den unfreien Zustand eines kranken deutschen Universitäts- und „Geisteslebens“ – und macht sich damit sicher nicht beliebt bei den entsprechenden Stellen. Man wird sich allerdings noch ein bisschen unbeliebter machen müssen – mit den entsprechenden Forderungen -, wenn sich an diesen geschilderten Zuständen wirklich etwas ändern soll.

 

Update:

Siehe dazu auch den Beitrag eines Insiders dieses Wissenschaftsbetriebes, der gerade ebenfalls auf den Nachdenkseiten erschien.

 

 

 

 

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