von Stella Hagel
Ich wünsche den Kindern vor den Ferien eine wunderschöne Weihnachtszeit. Christian, fünf Jahre: „Frau Hagel, mir kannst Du keine schöne Weihnachten wünschen, wir sind nämlich nicht zu Hause.“
Nach den Weihnachtsferien komme ich in den Kindergarten und frage die Kinder, ob sie eine schöne Weihnachtszeit und schöne Ferien hatten. Tobias erzählt: „Ach weißt Du, bei uns ist eigentlich alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Wir waren in den Skiferien und erst war das Auto kaputt und dann …“ Er zählt eine ganze Reihe von Missgeschicken auf. „Bei uns auch!“, tönt ein anderes Stimmchen. Von mehreren Seiten werden von den Reisen Unfälle und kleine Katastrophen gemeldet. Andi berichtet von seiner Schwester, die sich beim Skifahren etwas gebrochen hat. Ich frage Iris, fünf Jahre, wie es denn bei ihr zu Weihnachten war: „Schööön!“, schwärmt sie hingebungsvoll, mit ganz verklärtem, verträumtem und warmem Blick. „Ach“, staune ich erfreut. „Ja, wo warst Du denn zu Weihnachten?“ Ganz erstaunt schaut Iris mich an: „Zuhause natürlich! Wo denn sonst?“
Kurz vor Weihnachten fragt mich die Kindergärtnerin nach der Eurythmie, ob es mir schlecht gehe. Ich verneine erstaunt. „Aber nein, wieso meinst Du denn, dass es mir schlecht geht?“ „Ja, Du machst in der letzten Zeit alles so langsam, da dachte ich es ginge Dir nicht gut, und die Corinna (sechs Jahre) hat auch im Auto der Fahrgemeinschaft verkündet, dass die Eurythmie so langweilig sei.“ Nun bin ich etwas besorgt. Meine Art in der Kindereurythmie ist eigentlich recht lebhaft. Aber manchmal will ich mich nicht zu sehr von den Kindern aus meiner Mitte bringen lassen und agiere betont ruhig. Und manchmal ist es im Raum einfach zu warm, wovon ich ganz schlapp werde. Aber da bald Weihnachtsferien sind, beschließe ich, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Nun ergibt es sich jedoch, dass ich in dieser Kindergruppe das Weihnachtsspiel anschauen kann. Corinna freut sich, dass ich zuschaue. Sie spielt einen Engel und strahlt übers ganze Gesicht vor Stolz. Ich bemerke erstaunt, dass sie, außer zu strahlen, nicht viel macht. Auch in der Eurythmie kann ich mich nicht erinnern, je intensive Gebärden von ihr gesehen zu haben und nehme mir vor, nach den Ferien besser auf sie zu achten.
Nach den Weihnachtsferien komme ich in die Kindergruppe und frage die Kinder, ob sie schöne Weihnachten hatten. „Ooch“, meint Corinna, „es war nicht besonders.“ „Was? Wieso war es nicht besonders, Corinna?“ „Ooch, ’s war langweilig.“ Nun beobachte ich die kleine Dame in der Eurythmie aufmerksam und bemerke, dass sie ihre Arme tatsächlich kaum bewegt. Wie beschämt bin ich, dass mir das nicht früher wirklich aufgefallen ist, denn sie ist ein kraftvolles, selbstbewusstes Persönchen, das eigentlich sehr tüchtig Eurythmie machen könnte. Jetzt fordere sie immer wieder auf es besonders schön zu machen. Und siehe da, die Langeweile verschwindet, da Corinna nun richtig beschäftigt ist.