Rudolf Steiner: Die Wirtschaftswissenschaftler sind in einer solchen Weise versumpft und verdorben in ihren Anschauungen, dass gar keine Rede davon sein kann, die Dreigliederung zu verstehen; dazu sind die niemals zu bewegen.

 

Aus Nr. 342 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 202:

Nun, ich habe dazumal, aus der Form heraus, die ich meinen Vorträgen über die Dreigliederung gegeben habe, sehr häufig geschlossen damit, dass dasjenige, was da gemeint ist, sehr bald in Wirklichkeit umgesetzt werden soll, denn es könnte sehr bald zu spät sein, und diese Formel «Es könnte sehr bald zu spät sein» können Sie in den damals nachgeschriebenen Vorträgen sehr häufig finden. Es war dazumal die Zeit, wo man in der Form, wie ich es formuliert habe, hätte etwas ausrichten können, wenn die Gegner nicht zu stark angewachsen wären, eine zu starke Macht geworden wären. Nun liegt ja die Sache so: Es ist seit jener Zeit in Mitteleuropa eine furchtbare reaktionäre Welle heraufgezogen, viel stärker als man denkt, und man muss das durchaus ernst nehmen. Damit ist die Dreigliederung nicht als Prinzip getroffen – das ist dauernd -, aber so wie man dazumal sie verwirklichen wollte, so kann sie nicht mehr verwirklicht werden. Was aus dem Realen der Zeit gedacht ist, ist für die Zeit gedacht, und man würde zum Abstrakten kommen, wenn man so etwas nicht einsehen wollte. Wir stehen heute auf dem Punkt, wo gesagt werden muss, es müssen neue Formen gesucht werden, um aus dem Chaos herauszukommen. Man hat nicht mehr in denselben Formulierungen vor die Welt hinzutreten, wenn man die Dreigliede-rung selbst vertritt. Insbesondere haben wir heute notwendig als unbedingt Wichtiges, was wiederum zu irgendeinem Licht führen kann, wir haben heute nötig – so unbehaglich es sein mag — ein Hineinleuchten in die ganze Welt der Unwahrhaftigkeit, welche unser geistiges Leben durchzieht. Wir müssen einmal hineinleuchten in diese Unwahrhaftigkeit des geistigen Lebens. Das ist das eine, das Negative. Und das Positive ist: Wir müssen nun, so schnell als das geht, zur Verwirklichung des einen Teiles der Dreigliederung kommen, zur Befreiung des geistigen Gebietes. Wir müssen weniger abstrakte Dreigliederung treiben, denn Sie können heute nicht in der Form, wie wir 1919 begonnen haben, wiederum die Dreigliederung in die Wege leiten – heute ist das Gegnertum zu stark. Nur in der Erkenntnis dessen, was Zeitmacht ist, liegt dasjenige, was uns noch schützen kann vor der Null, spenglerisch gesprochen, nämlich vor dem Heraufkommen des Unterganges. Sie müssen trachten, dass das Konstituieren des freien Geisteslebens gefordert ist. 

Die Wirtschaftswissenschaftler sind in einer solchen Weise versumpft und verdorben in ihren Anschauungen, dass gar keine Rede davon sein kann, die Dreigliederung zu verstehen; dazu sind die niemals zu bewegen. Wie wenig die Dreigliederung verstanden worden ist auf diesem Gebiet, das tritt einem schrecklich entgegen. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Hier an diesem Ort, als eine Dreigliederungssitzung im Anfang gehalten wurde, da stand ein sehr bekannter Vorsitzender einer bekannten Partei vor mir – wir hatten ein großes Komitee zusammengebracht und er war damals darunter —, der sagte zu mir: «Die Sache mit der Dreigliederung, es wäre recht schön, wenn man es haben könnte, aber vorläufig versteht es ja kein Mensch, und verstehen tut man es nur, wenn Sie zu den Leuten reden» – ich sage das nicht aus Unbescheidenheit, sondern nur, um etwas an diesem Beispiel zu zeigen —, «und auf zwei Augen darf das nicht gebaut werden. Wir wissen ja, dass in 15 bis 20 Jahren die letzten Reste von dem, was wir da haben, doch in den Niedergang kommen. Heute könnten wir das noch aufhalten, wenn wir die Dreigliederung durchführen würden. Die kennt aber weiter niemand, und so wenden wir diese 15 bis 20 Jahre noch lieber die alten Gedanken an, als Ihre Dreigliederung.» – 

Dies ist ein Beispiel für das Verständnis, das die Politik der Sache entgegengebracht hat. Es ist nur zu hoffen, dass man zunächst noch die letzten Reste der geistigen Impulse sammeln kann, um diese Befreiung des Geisteslebens auf religiösem Gebiet, auf dem Gebiet der Kunst und auf dem wissenschaftlichen Gebiet zu versuchen. Das sind ja die drei Unterformen; jedes der drei Glieder hat ja wieder drei Untergebiete. Das geistige Gebiet hat als Untergebiete Religion, Wissenschaft und Kunst. Wenn es gelingt, auf diesen Gebieten die Befreiung des Geisteslebens zu erreichen, dann werden sich von selber, vielleicht eher als wir glauben, aus dem Vorbild des freien und befreiten Geisteslebens die Leute finden, die auch ein Verständnis haben für die Gleichheit im Staatsleben und für die Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben. Das nächste ist also, mit aller Kraft hinzuarbeiten auf die Verselbständigung des einen Gliedes. Vorläufig ist für Sie das eine wichtig: für die Befreiung des religiösen Gebietes zu arbeiten; das ist dasjenige, was Sie ja tun müssen. Man darf das Wort Dreigliederung nicht gebrauchen in der abstrakten, sondern muss es gebrauchen in der konkreten Form, indem man den größten Wert legt auf die Verselbständigung des einen Gebietes, das namentlich durch die Verlogenheit unter die Räder gebracht worden ist. Es wäre eine Illusion, wenn man nicht sehen würde, wie rasend wir in den Niedergang hineingehen. Wenn Sie auf die Tatsachen hinblicken, können Sie sich eigentlich nicht vorstellen, dass sehr lange so weiter gewirtschaftet werden kann.  

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