von Ingo Hagel
Houellebecqs Roman „Unterwerfung“ ist kaum verstanden worden
In seinem neuen Buch „Ein bisschen schlechter“ veröffentlicht der französische Schriftsteller Michel Houellebecq Essays, Interviews und Vorworte. Die Themen kreisen um Religion, Politik, aber auch um das Verständnis seines eigenen Werks. Dabei schreibt er hauptsächlich über seinen Roman „Unterwerfung“ (2015), der kaum verstanden worden sei. Es sei dabei eigentlich nicht um den Islam gegangen, aber auch nicht um das Christentum. Vielmehr um den Übergang der Hauptperson in die Nichtexistenz, in der weder die Welt für ihn noch etwas tun kann, noch umgekehrt. Diese Willenlosigkeit der Nichtexistenz sei auch ein Grundzug der meisten Hauptpersonen in seinem Werk.
Da der Autor Houellebecq und sein Werk in der Welt sehr gefeiert werden,
kann man davon ausgehen, dass die Menschen diese „Willenlosigkeit der Nichtexistenz“ in diesem Werk doch sehr mitempfunden haben und interessant finden, und dass sie der Meinung sind, der Autor habe in diesen düsteren Schilderungen doch einen charakteristischen und allgemeinen Zug der Zeit erfasst. – Natürlich lieben es die Menschen, auf diese Weise den Spiegel des Niedergangs vorgehalten zu bekommen. Sie lieben es dagegen nicht sehr, aus dieser „Willenlosigkeit der Nichtexistenz“ den Weg in die Willenshaftigkeit der Existenz gezeigt zu bekommen. –
Denn bergauf zu steuern ist sehr viel anstrengender, als passiv die Karre immer weiter den Berg runterrollen zu lassen. –
Diesen Weg eines geistigen Aufstiegs hat aber Rudolf Steiner – nur zum Beispiel – in seiner „Philosophie der Freiheit“ gezeigt. Siehe dazu auch hier auf Umkreis-Online.
Kernpunkt dieses oben angeführten „Lesevorschlags“ ist,
dass der Mensch sich durch seinen Denkwillen seine Existenz selber gibt. Solange dieses Denken einfach nur so passiv abläuft, wie man es im gewöhnlichen alltäglichen Bewusstsein hat, existiert man tatsächlich nicht, und die Menschen werden in der Zukunft diese sich daraus ergebende Houellebecq’sche „Willenlosigkeit der Nichtexistenz“ immer tiefer, immer existenzieller und immer schmerzvoller empfinden. Erlösung aus diesem Schmerz wird nicht etwas von außen sein –
also zum Beispiel das 25. Kinofilm-Streaming-Portal im Internet –
sondern das Dasein, dass sich der Mensch selber in seinem Denkvorgang gibt. Und diesbezüglich ist auch die „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners nicht etwas, was man so in althergebrachter Weise in sich reinfüllen kann wie die tägliche Zeitung, sondern man wird an diesem Lesestoff, der zwar von außen an einen herankommt, im Innern die entsprechenden eigenen, selbst gebildeten, also aktiven Gedanken nachschaffen müssen, sonst geht man an der ganzen Sache einfach vorbei.
Das alte Dictum des Philosophen René Descartes, der so etlichen jungen Menschen im Philosophie-Unterricht
mit auf den Lebensweg gegeben wird:
Ich denke, also bin ich
ist eben ein grandioser Irrtum – bedeutet daher Steine statt Brot, von dem man sein ganzes Leben nach der Schule zehren könnte. Und er muss –
wenn nicht immer mehr die Empfindung der „Willenlosigkeit der Nichtexistenz“ über die Menschen kommen soll –
ersetzt werden durch die Realisierung der Sätze:
Ich will denken! Und ich will sinnlichkeitsfreie Gedanken denken. Ich gebe mir in diesem Denkwillen mein eigenes geistiges Dasein – und daher existiere ich wirklich – also bin ich. Ich bin ein Ich! Indem ich an der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners lerne, nicht nur Dinge zu denken, die einen sinnlichen Untergrund haben, sondern indem ich lerne, sinnlichkeitsfreie Dinge zu denken, also in meinem Denken Dinge zu denken, die im eminenten Sinne nun geistige sind, gebe ich mir und meinem Wesen meine geistige Existenz. Keiner kann mir das geben außer ich selber. Von außen kann die Anregung dazu kommen. Diese Anregung ist zwar auch eine Medizin, und sie kann von außen aufgenommen werden, aber sie muss geistig im Innern empfangen, verarbeitet und zu etwas Eigenem gemacht werden. Dann erst bin ich etwas – ein kleines Stückchen. Aber von diesem kleinen Stückchen kann dann auch ein – geistiges – Wachstum ausgehen, während ansonsten Nicht-Sein und willenlose Nichtexistenz meines Wesens die Folge sein wird.
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