Wie kommt man zu einem selbstständigen Denken?

 

von Ingo Hagel

         

Rudolf Steiner hielt viele Vorträge für die Arbeiter am ersten Goetheanum. Diese stellten ihm die allerverschiedensten Fragen, die er ihnen beantwortete. Hier in diesem Vortrag ging es darum, wie man „zum Schauen der Weltgeheimnisse“ kommt, wie man also den Weg in die übersinnlichen höheren Welten findet (GA 350 S. 141).

Diese Fragen sind solche, die nach einer geistigen Antwort verlangen. Diese wird man heute, so wie man es durch Bildung, Ausbildung und Erziehung und so weiter gewohnt ist, auf dem Wege des Denkens suchen. 

 

Von diesem glaubt der heutige Mensch, dass er es einfach so mit links aus dem Ärmel schüttelt. 

Da ist es überraschend, dass Rudolf Steiner auch den Arbeitern am ersten Goetheanum mitteilen muss (GA 350 S. 145), dass

die Menschen in der heutigen Zeit … überhaupt nicht denken können. Sie bilden sich ein, daß sie denken können, aber sie können es gar nicht. … Es sieht nur so aus, als ob sie denken könnten.

Das was die Menschen heute lernen und was sie im gewöhnlichen Leben als sogenanntes Denken verwenden, ist kein wirkliches Denken – und vor allem eben keines, mit dem man in der geistigen Welt forschen kann. 

 

Aber nicht nur mit Blick auf eine geistige Forschung käme es auf ein Erarbeiten eines wirklichen Denkens an: 

Also in den ganz gewöhnlichen Wissenschaften und auch im sonstigen sozialen Leben – 

wie oft hier auf Umkreis-Online dargestellt. – 

Denn es ist eben so, das die Begriffe, mit denen man dieses Leben versucht zu bewältigen, den Menschen schon seit langem unter den Händen zerbröseln. –

Auch Europa ist längst „auseinandergefallen wie ein alter Schrank.“ –

Man kommt nicht mehr mit diesen Begriffen zurecht:

Und woher rührt das? Ja, das rührt eben davon her, weil in den letzten Jahren die Menschen durch die Entwickelung der Menschheit dazu gebracht worden sind, daß der Ätherleib anfangen soll zu denken. Und das wollen sie nicht, sie wollen mit dem physischen Leib weiter denken. Aber im physischen Leib fallen einem die Begriffe ganz auseinander. Und mit dem Ätherleib wollen sie nicht denken lernen. Selbständig denken wollen sie nicht lernen.

 

Eines der Mittel, um zu diesem selbstständigen Denken zu kommen, 

ist, wie Rudolf Steiner gegenüber den Arbeitern ausführt, seine „Philosophie der Freiheit“, und dass

das Wichtige bei diesem Buche «Die Philosophie der Freiheit» ist, daß zum ersten Mal ganz und gar selbständiges Denken in diesem Buche ist. Kein Mensch kann das Buch verstehen, der nur unselbständig denkt. Er muß sich Seite für Seite, ganz von Anfang an, daran gewöhnen, zurückzugehen zu seinem Ätherleib, um solche Gedanken überhaupt haben zu können, wie sie in diesem Buche sind. Deshalb ist dieses Buch ein Erziehungsmittel – es ist ein sehr wichtiges Erziehungsmittel – und als solches muß man es auffassen.

Im gewöhnlichen Alltagsleben spiegelt einem der physische Leib die Erlebnisse der Sinne zurück, an denen man sich entlanghangelt und entlangdenkt – und die einem vorgaukeln, man könnte denken. Das ist aber kein wirkliches Denken. Nun soll der Mensch also durch die „Philosophie der Freiheit“ lernen, „zurückzugehen zu seinem Ätherleib“ und diesen als Grundlage einer wirklichen reinen Gedankenbildung zu benutzen. 

  

Auch hier und in diesem Zusammenhang dieser Vorträge kann man mal wieder sehen, 

wie eng verknüpft diese „Philosophie der Freiheit“ mit einem wirklichen Denken beziehungsweise mit einer Ausbildung dieses Denkens als einer adäquaten Grundlage für eine geistige Forschung ist (GA 350 S. 157): 

Das erste, was man lernen muß, um in die geistige Welt hineinzukommen, ist ein richtiges Denken. 

Und (S. 160):

Erst muß man überhaupt lernen, selbständig zu denken. Nun, das kann man. Ich will nicht sagen zum Beispiel, weil ich ja nicht ein eingebildeter Tropf bin, daß nur meine «Philosophie der Freiheit» dazu dient, aber die ist bewußt dazu geschrieben, daß man sich selbständiges Denken angewöhnt. 

  

Bei der „Philosophie der Freiheit“ handelt es sich also um ein freilassendes Angebot. 

Der Mensch muss etwas mit ihr anfangen können, das heißt auf die darin beschriebene Weise sich ein „selbstständiges Denken“ anzugewöhnen. Dazu dient, wie Rudolf Steiner oben sagte, allerdings nicht nur seine „Philosophie der Freiheit“. Dazu dient, wie er im Vorwort zu seiner „Theosophie“ schrieb, auch dieses Buch, denn (GA 9 S. 3): 

Wer noch auf einem anderen Wege die hier dargestellten Wahrheiten suchen will, der findet einen solchen in meiner «Philosophie der Freiheit». In verschiedener Art streben diese beiden Bücher nach dem gleichen Ziele. Zum Verständnis des einen ist das andere durchaus nicht notwendig, wenn auch für manchen gewiß förderlich. 

Da diese beiden Bücher „Philosophie der Freiheit“ und „Theosophie“ –

also zwei Bücher mit zwar absolut unterschiedlichen Inhalten – 

die aber „nach dem gleichen Ziele“ streben, wird man sich wohl das eine oder das andere aussuchen können – 

je nach Veranlagung und Neigung – obwohl es immer wieder gut ist, dass man bestimmten Neigungen, zum Beispiel einer Abneigung gegen die „Philosophie der Freiheit“, nicht nachgibt –

wenn man sich wirklich ein „selbstständiges Denken“ angewöhnen will.  

  

Wer beides nicht will und auch ansonsten sich nicht auf irgendeine vielleicht andere Weise 

ein selbstständiges Denken angewöhnen will, der wird angesichts der immer stärker den Menschen als handgreifliche Wahrnehmungen sich aufdrängenden Absurditäten dieser Welt sich ratlos fragen, wie das Alles denn nur geschehen konnte – 

und was man denn um Himmels willen dagegen tun könne – und warum sich denn Keiner gegen diese Zustände wehrt. –

Es liegt eben Alles in diesem unselbstständigen Denken begründet. Mit diesem unselbstständigen Denken, das immer weiter nur an der Oberfläche der Sinnesdinge kleben will, wird man jedenfalls nichts gegen diesen allseits sich vollziehenden Rutsch in den Abgrund tun können. Man wird ihn nur konstatieren können. Und dann wird man sagen: Das war naturwissenschaftlich notwendig, logisch und nachvollziehbar.   

 

Und weil das eben alles so ist, wie es ist,

und weil überall die geistigen Grundlagen fehlen zu einem Begreifen und sachgemäßen Korrigieren der Verhältnisse, wird es eben so gehen, wie es Rudolf Steiner hier beschrieben hat:  

… Man wird nämlich in der Zukunft sehen, dass da und dort diese oder jene Willensrichtungen auftauchen werden. An einer Stelle, in einem Zentrum wird man das, in einem anderen Zentrum jenes wollen. Diese Willensimpulse, die von Menschengruppen ausgehen werden, die werden sich in der mannigfaltigsten Weise durchdringen, gegenseitig bekämpfen. An eine Harmonie der wirksamen Kräfte ist dabei nicht im allerentferntesten zu denken, sondern es ist zunächst nur daran zu denken, dass der Einzelne sich wirklich Verständnis für dasjenige erwirbt, was da oder dort auftritt. …

Aber auch dieses Verständnis wird ohne ein selbstständiges Denken des Einzelnen nicht zu erringen sein. Dieses wird die aufsteigende Linie ergeben. Der Rest des sogenannten „Paradieses“ inklusive seiner „westlichen Werte“ ergibt die absteigende Linie.

    

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