Übersetzung: Ingo Hagel
Hier Ausschnitte aus seinem Interview, das er dem Sender Russia Today aus Damaskus zur Lage dort gab.
Russia Today spielte zuerst ein Interview mit dem russischen Außenminister Lawrow ein:
Lawrow: „In Syrien sehen wir nun eine Situation, in der die Arabische Liga aufruft zu einem Stop der Gewalt und dem Beginn eines Dialoges. Dagegen nehmen westliche Länder sowie die Hauptstädte der Länder in der Region den Kurs auf das Gegenteil, indem sie der Opposition in Syrien ausdrücklich empfehlen, keine Gespräche mit der Regierung Assad aufzunehmen. Das sieht wie eine politische Provokationen in einem internationalen Maßstab aus. Ja, die Gewalt muss gestoppt werden. Aber diese Forderung muss gerichtet werden an die Befehlshaber und die bewaffneten Gruppen innerhalb der syrischen Opposition.“
Russia Today: Was ist Ihre Haltung dazu? Stimmen Sie damit überein, dass diese Aufrufe des Westens nicht dazu beitragen, die Situation zu stabilisieren?
Webster Tarpley: Das tun sie sicherlich nicht. Ganz bestimmt befindet sich Mr. Lawrow diesbezüglich auf sehr gut begründetem Terrain. Ich habe gerade eine einwöchige Reise beendet, um mehr über die Fakten in Syrien herauszufinden. Ich war in Homs, Tartus, Banjas, ich war im Militärkrankenhaus hier in Damaskus. Und ich kann wiedergeben, was die durchschnittlichen Syrer aller ethnischen Gruppen hier in Syrien, Christen, Alleviten, Sunniten, Schiiten, Drusen, was diese darüber sagen. Sie sagen, dass auf sie geschossen wird von Heckenschützen, besonders in Homs. Die Menschen klagen, dass es terroristische Heckenschützen gibt, die auf Zivilisten schießen, Männer, Frauen und Kinder. Blinder Terrorismus, wahllose Tötungen, einfach mit dem Zweck einer Destabilisierung des Landes. Ich würde dieses niemals einen Bürgerkrieg nennen, das wäre ein Ausdruck, der sehr, sehr in die Irre führt. Warum? Womit wir es hier zu tun haben, sind Todesschwadronen, es handelt sich hier um Terrorkommandos, eine Sache, an die sich jeder erinnert aus Argentinien und Zentralamerika, das ist eine typische CIA-Methode. In diesem Falle ist es eine gemeinschaftliche Arbeit der CIA, MI6, Mossad und dem DGSE der Franzosen. Geld dafür kommt aus Saudi Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar. Und es gibt eine Reihe von interessanten Strippenziehern: Der, auf den wir vielleicht am allermeisten deuten müssen, ist ein Bursche, genannt Khaddam. Khaddam war Außenminister seines Landes für einige Jahrzehnte, er ist fast 80 Jahre alt und operiert von Paris aus.
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Ich habe von sehr wichtigen religiösen Instanzen hier gehört, dass es hier eine wachsende Bewegung innerhalb der islamischen Bevölkerungsgruppe gibt, die sagt: „Wir wollen Versöhnung, wir wollen Recht und Ordnung, wir wollen gesetzliche Verhältnisse, wir wollen hier keine Fanatiker, die die Führung übernehmen.“ Diese Fanatiker werden von den westlichen Mächten hereingebracht in das Land.
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Und eine sehr wichtige Sache ist diese: dies ist die toleranteste Gesellschaft im mittleren Osten. Dies ist ein Ort, an dem alle möglichen Gruppierungen von Menschen zusammen leben in einer – wie ich meine – bemerkenswerten Harmonie. Und dabei handelt es sich um ein sehr breites Spektrum: Muslime der verschiedensten Arten, Christen der verschiedensten Arten, griechisch-orthodoxe Christen, griechisch-katholische Christen, und so weiter, Drusen, Kurden, und so weiter. Dies hier in Syrien ist ein Modell der friedlichen Koexistenz der verschiedenen ethnischen Gruppen.
Und die US-Politik ist im Moment dabei – denke ich – den mittleren Osten entlang der verschiedenen ethnischen Linien zu zerschmettern und zu zerteilen. In anderen Worten: Man strebt von dort aus eine Teile-und-herrsche-Politik an, die sagt, die Christen werden aus dem Libanon herausgeworfen, und die Christen werden aus Syrien rausgeworfen, so wie sie aus dem Irak rausgeworfen wurden – ironischerweise gingen von diesen viele gerade nach Syrien. Schließlich gibt es eine Situation, in der alle diese Länder tödlich geschwächt sind. Die Art und Weise, wie dies herbeigeführt werden soll, ist diese: Sehen wir uns Syrien an. Die Hauptzentren der Unruhen liegen an der türkischen Grenze sowie an der Grenze Syriens zu Jordanien, dem irakischen Kurdistan und dem Libanon. Und der Libanon, „dank“ Saad Hariri, könnte der Hauptpunkt dieser Unruhen sein.
Russia Today: warum nimmt der Westen so eine einseitige Haltung ein, wenn es um Syrien geht?
Webster Tarpley: Nun, dabei handelt es sich um die Praktiken der Demagogie und deren Modulation von der einen Minute zur nächsten. Was wir hier in Syrien haben, ist eine zynische Kampagne der Medien. Ich bin in Homs gewesen, und wenn man nach Homs kommt, und man geht in die Nachbarschaft von Sara, von der gesagt wird, dass es sich dabei um die brenzligste Gegend im ganzen Land handelt, dann findet man Menschen, die für Assad sind. Und wenn man sie fragt, was sind eure Forderungen, dann sagen sie: „Wir wollen, dass die syrische Armee hierhin kommt! Wir möchten, dass die syrische Armee hier Posten bezieht auf den Dächern der Häuser, dazu Hubschrauber und Panzer. Haltet diese Heckenschützen davon ab, uns zu töten. Haltet diese schwarz gekleideten Todesschwadron davon ab, ihr Handwerk zu tun.“
Bei letzteren dürfte es sich um Deserteure handeln, vielleicht aus Tschetschenien, sie kommen aus Libyen, aus Afghanistan, Pakistan. Ausländische Kämpfer sind vom CIA hier hereingebracht worden sind – und von den anderen westlichen Geheimdiensten! Das ist es, was hier los ist – das ist ein sehr sehr großer Teil davon. In Homs zum Beispiel, in dem einen Krankenhaus sagten Sie uns, dass es fünf Tote und sieben Verwundete an einem Tag gegeben hat. Und wodurch? Alles durch Heckenschützen. Nur von diesen Terroristen, die auf die Bevölkerung schießen. Na klar, bei Al Jazeera heißt es dann: diese Toten gehen auf das Konto der syrischen Armee. Das ist völliger Quatsch! Das ist eine große Lügenkampagne nach Goebbelscher Art. Es gibt keinen Bürgerkrieg hier. Es gibt keinen Aufstand der Bevölkerung. Es gibt keine politische Massenbewegung gegen Assad. Eine solche gibt es nur als sehr begrenztes, kleineres und örtlich deutlich begrenztes Phänomen. Dies hier sieht nicht im geringsten nach Libyen aus. Ich weiß wie ein Bürgerkrieg in einem modernen arabischen Land aussieht. Ich war in Libyen im Sommer. Es gibt keinen Bürgerkrieg hier.