von Ingo Hagel
Umweltexperte zum VW-Abgasskandal: „Es ist nur Zufall, dass es VW als Erstes erwischt hat“
Axel Friedrich war Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt, er berät Institutionen wie die Weltbank und kämpft seit Jahren entschlossen für die Reduzierung der Schadstoff-Emissionen im Straßenverkehr. Mit manager-magazin.de sprach der Umweltexperte über den Abgasskandal bei Volkswagen und die möglichen Konsequenzen daraus.
Nicht nur für die, die früher gerne mit dem Märklin-Baukasten gespielt oder sich mit dem Lötkolben Elektronikbauteile auf der Platine zusammengebraten haben, ist das spannend zu lesen, was sich hier die begnadete deutsche Autoindustrie hat einfallen lassen, um die gesetzlichen Vorgaben der Abgasverordnungen auszutricksen. Axel Friedrich ehemaliger Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt klärt uns über diese Glanzleistung deutscher Ingenieurskunst, die sogenannte „Defeat Device Software“ auf:
(auf deutsch: Besiegungs-Gerät-Software; besiegt werden sollen die Behörden, die ihre kalten Abgas-Sonden in die Bürzel zu prüfender Fahrzeuge stecken),
Friedrich: Das ist eine Software, mit der sich erkennen lässt, ob das Fahrzeug sich im Straßenverkehr oder auf dem Prüfstand befindet. Welche Situation gegeben ist, dafür gibt es eine ganze Reihe von Hinweisen: Drehen sich nur zwei Rädern von vieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Auto normal im Straßenverkehr unterwegs ist, eher gering. Auch eine fehlende Anzeige beim GPS oder wenn der Motor beschleunigt aber der Beschleunigungssensor nichts anzeigt, sind das Hinweise, dass sich der Wagen womöglich auf dem Prüfstand befindet. Und je nach Situation lässt sich auch das Emissionsverhalten steuern.
Was heute doch an so einer durchelektronisierten Karre alles für Werte gemessen werden. Ich hoffe bloß, diese behält das für sich und gibt sie nicht gleich über die eingebaute Standleitung an den BND, die NSA oder wen auch immer weiter….
Nun könnte man sich ausgehend von diesem Skandal sowie der diversen Artikeln dazu einige tiefere Gedanken machen.
Axel Friedrich hatte ja bereits gesagt, dass das Verhalten oder dieses Fehlverhalten der Automobilbranche nichts Besonderes und Ungewöhnliches sei. Auch für Konzerne ist der Betrug etwas Normales. Siehe dazu auch hier:
VW zeigt, Betrug ist für Konzerne normal
Die bewusste Manipulation der Abgaswerte von VW ist typisch für Grosskonzerne und nur einer von vielen Fällen, in der langen Liste an Betrügereien. Man kann sogar sagen, Konzerne bescheissen grundsätzlich die Konsumenten und übertreten Gesetze in allen Bereichen, denn nur so können sie Profitmaximierung erzielen. Die Konzernführung nimmt dabei in Kauf erwischt zu werden, denn sie wissen, ausser einem Klaps auf die Finger und einer Buße passiert ihnen eh nichts. Sie lachen über die Geldstrafe, denn dafür gibt es Rückstellungen und die werden als Kostenfaktor in der Bilanz verbucht.
Waaaas?! „Konzerne bescheissen grundsätzlich die Konsumenten“? Solche subversiven Messages von irgendwelchen revolutionären Homepages liest der wohlerzogene deutsche Bildungsbürger gar nicht gerne. – Aber hoppala, Axel Friedrich, der ehemalige Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt, sagt es ebenfalls:
Wer nicht nachprüft, wird beschissen. Das ist in allen Bereichen des Lebens so.
Nun ja, und wir erfahren auch, dass die Bundesregierung von dem Betrug wusste und nichts tat:
Der Bundesregierung ist seit Langem bekannt, dass Autohersteller bei Abgastests Abschalteinrichtungen benutzen können, wie sie Volkswagen in den USA manipulativ eingesetzt hat. Dies geht aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen vom 28. Juli hervor, die der „Welt“ vorliegt.
Ist nun auch das Ansehen der Bundesregierung beschädigt, wie es in den Medien mit Blick auf VW zu lesen ist, und muss die Regierung oder wer auch immer nun zurücktreten, wie es von VW-Chef Martin Winterkorn verlangt wird? Davon ist natürlich keine Rede.
Dann frage ich mich, wie merkwürdig es doch ist: Gerade eben, es ist ja noch nicht lange her, hat Ferdinand Piech versucht, Martin Winterkorn zu stürzen.
Das ist nicht gelungen. Aber jetzt könnte es klappen. Der Spiegel sekundiert schon mal den Abgang von Martin Winterkorn in die von ihm gewünschte Richtung.:
Die Frage lautet eigentlich schon nicht mehr, ob er gehen muss, sondern allenfalls wann.
Ja, ja, „eigentlich“. Dahinter kann man sich schön verstecken, wenn es dann alles doch noch anderes kommt. Und der Spiegel macht schon mal Stimmung, wo keine ist, und sich vielleicht die Menschen noch sehr nachdenklich den Kopf kratzen ob all der merkwürdigen Ereignisse:
Die Stimmung schlägt um. Denn niemand – nicht die Beobachter von außen, nicht die wenigen innerhalb des Konzerns, die sich derzeit zu dem Thema äußern – hat ein Argument parat, das zumindest im Ansatz die Verantwortung relativiert, die Winterkorn in der Abgas-Affäre hat.
Ach wirklich, „niemand“ „hat ein Argument parat“? Lesen denn die Spiegel-Redakteure nicht wenigstens das Managermagazin, das gerade das sagte, –
was alle Journalisten, die was über Autos in ihre Tasten hämmern, eigentlich wissen müssten, dürften, sollten …. –
dass nämlich andere Autofirmen das auch so machen (siehe oben):
„Es ist nur Zufall, dass es Volkswagen als erstes erwischt hat“
Ich weiß nicht, was da hinter den Kulissen eigentlich los ist
Der Amerika-VW-Chef Michael Horn entschuldigte sich bereits am Montag öffentlich:
Volkswagen sei unehrlich zu den Umweltbehörden und seinen Kunden gewesen, sagte der Manager in New York: Wir haben es „total verbockt.“
Seine mündliche Rede klingt allerdings doch reichlich flapsig („We have totally screwed up“ / Wir haben es total versaut, bei 1:38), so dass ich – bei all dem gängigen Betrugstagesgeschäft in den Konzernen – doch nur heraushöre:
Fuck! Wir haben den Betrug nicht geschickt genug eingefädelt, haben zu wenig Leute geschmiert, und sind aufgeflogen! Das tut uns doch ganz damn ordentlich leid!
Update 14. Okt.:
Volkswagen: US-Chef von VW wusste seit 2014 von Abgasproblemen
Der US-Chef von Volkswagen wird sich wegen der Abgasaffäre vor dem Kongress verantworten. Laut seiner vorab veröffentlichten Rede wusste Michael Horn bereits seit Anfang 2014 von möglichen Unregelmäßigkeiten der Emissionstests.
Anmerkung IH: Wie ich es bereits sagte: Überrrascht und zerknirscht war Herr Horn nicht im geringsten bei seiner Rede, bei der er zum ersten Mal die Manipulationen von VW zugab. Und nicht nur er, sondern Viele andere Manager wussten ebenfalls von dem Betrug:
VW-Abgasaffäre: Dutzende Manager in VW-Skandal verwickelt
Der Skandal um manipulierte Dieselmotoren von Volkswagen weitet sich aus. Der Betrug wurde nach SPIEGEL-Informationen nicht von einer „kleinen Gruppe“ organisiert, wie der Konzern behauptet. Beteiligt waren offenbar mindestens 30 Manager.
Auch VW-Chef Martin Winterkorn hatte sich in einer Videobotschaft bei Kunden und Mitrbeitern entschuldigt – und seine Worte und die Art seiner Rede klingen mir schon sehr viel glaubwürdiger und betroffener als die des Amerika-Chefs Michael Horn:
Aber wer weiß: in den heutigen Zeiten allgemeiner Täuschung ist nichts mehr sicher. Ich würde erst einmal abwarten, inwiefern Martin Winterkorn von diesen Tricksereien wusste oder sie gebilligt hat,
Winterkorn, der möglicherweise von den Manipulationen nichts wusste, soll die Affäre nun offenbar ausbaden.
inwiefern wir hier einen Machtkampf erleben, der offenbar noch nicht ausgestanden und beendet ist: oder inwiefern wir hier tatsächlich einen Teil eines Wirtschaftskrieges gegen Deutschland seitens Amerika erleben:
Es stellt sich die Frage, warum der Skandal ausgerechnet jetzt aufgedeckt wird. Die Umstände der Aufdeckung geben ebenfalls Rätsel auf – auch wenn VW die Tat zugegeben hat. …… Stellt sich die Frage, ob eine mögliche 18 Mrd. Strafe gerechtfertigt ist – oder ob sie nur dazu dient, einen deutschen Autobauer fertig zu machen. Das wäre dann eine Art Wirtschaftskrieg mit anderen Mitteln.
Update 23. Sept:
Das ging schnell. Martin Winterkorn tritt zurück:
„Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren“, heißt es in der Erklärung. Als Vorstandschef übernehme er die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren. „Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin“, so Winterkorn.
Ich wäre nicht überrascht, wenn irgendwann herauskäme, dass der ganze Abgas-Skandal hinterrücks eingefädelt wurde, auch um Winterkorn zu stürzen.
Wirklich spannend wird es aber am Ende des vom Manager-Magazins veröffentlichten Interviews
Axel Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt, wies mit Blick auf eine offenbar zu lasche Prüfpraxis auf die enge
Verknüpfung zwischen der Autoindustrie und der Politik
hin, und dass hier in Deutschland – wie auch in anderen Ländern wie Italien, Schweden oder Frankreich – die Gesetzgeber die Einhaltung ihrer Gesetze nicht genügend kontrollieren:
In anderen Ländern wie Italien, Schweden oder Frankreich ist es allerdings auch nicht besser. Aber wenn ich ein Gesetz mache, muss ich das auch nachprüfen. Wer nicht nachprüft, wird beschissen. Das ist in allen Bereichen des Lebens so.
Darf ich nun Axel Friedrich in die Rubrik „Prominente für Soziale Dreigliederung“ einordnen? Denn ich habe hier an dieser Stelle ja oft darüber geschrieben, dass viele der sozialen katastrophalen Missstände in der Welt nur darauf beruhen, dass – wie Axel Friedrich nun auch beklagt – Politik und Wirtschaft so eng miteinander verfilzt sind –
kann alles nachgelesen werden hier auf Umkreis-Online in der Rubrik Soziale Dreigliederung –
Die Leute glauben das natürlich nicht, und wenn ein ehemaliger Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt so etwas auch sagt, dann meinen sie, das müsste doch ganz anders verstanden werden. Nein, es muss nicht anders verstanden werden, es musste sogar in noch viel umfassenderen Sinne verstanden und durchgeführt werden als nur mit Blick auf irgend eine Umweltbehörde oder Umweltschutz- und Abgasnorm.
Und wenn die Menschen nicht zu einem Verständnis dieser Angelegenheit kommen, werden sie durch die gruseligen Fakten, die Ihnen diese Welt immer weiter auftischen wird –
der VW-Abgas-Skandal ist ja nur eine nette Kleinigkeit, auch wenn der Konzern schon mal 6,5 Milliarden zurückgestellt hat sowie eine Gewinnwarnung herausgegeben hat – was ja alles nicht VW sondern die Konsumenten bezahlen werden –
immer wieder mit der Nase in den Dreck gestoßen werden, der eben letzten Endes darin besteht, dass diese heutige so enge Verflechtung zwischen Politik und Wirtschaft besteht, von der aber viele Leute glauben, dass sie so ungeheuer notwendig und segensreich sei mit Blick auf die Arbeitsplätze, das Wirtschaftswachstum, den Industriestandort Deutschland und so weiter und so fort.
Also: Trennt Politik (Rechtsleben) und das Wirtschaftsleben, so verstehe ich Axel Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt, richtig
Die Gesetze der Politik haben sich um nichts anderes zu kümmern als um die Rechtsverhältnisse der Menschen untereinander. Und sollte die Industrie mit ihren Motoren tatsächlich in unzulässiger Weise die Luftverschmutzung steigern, dann beeinträchtigt sie eben diese Rechte der Menschen auf eine gesunde Luft und gesunde Lebensbedingungen. In diesem Moment darf sie tatsächlich von der Politik reguliert werden. Ansonsten hat sich die Politik aus der Regulierung, Förderung oder sonstigen Beeinflussung des Wirtschaftslebens völlig herauszuhalten.
Wenn Gesetze innerhalb dieser Rechtsverhältnisse der Menschen untereinander sinnvoll sind, dann muss die Politik sie beschließen, aber auch dafür sorgen, dass sie eingehalten werden. Ob Gesetze sinnvoll sind, oder ob die ganzen CO2-und Abgasverordnungen nur oberflächliche Kosmetik darstellen mit Blick auf eine hysterische Klimasekte –
Update: Dazu kommt gerade ein Praktikerbericht rein:
Im Bereich von Zweitaktmotoren habe ich eine Erfahrung gemacht, die an Absurdität nur schwer zu überbieten ist. Als ich noch meinen Betrieb hatte, verkaufte ich häufiger Kettensägen oder reparierte diese. Sehr oft standen Kunden mit nagelneuen Maschinen in der Tür, da diese liefen wie ein Eimer. Es war fast immer nur eine Einstellungssache. Irgendwann rief ich bei Dolmar an und fragte nach, warum die Sägen immer total verstellt ausgeliefert würden. Die Antwort war doch sehr überraschend für mich. “Die Sägen sind nicht verstellt, sie sind auf Emissionswerte eingestellt”. Im Umkehrschluss wären die Sägen also – nachdem sie richtig eingestellt waren – nicht mehr durch einen Test gekommen. Arbeiten konnte man so aber auch nicht damit. Was für eine Farce.
die dann stillschweigend (weil Unsinn) wieder ausgehebelt werden („Wir wollen doch mal die Kirche im Dorf lassen….“) durch die Wirtschaft und die Politik –
dafür braucht es – neben den beiden souveränen und unabhängigen Gebieten Politik und Wirtschaftsleben – ein ebenso souveränes freies Geistesleben. Das heißt eine solche Wissenschaft, die nicht mehr am Tropf des Staates hängt, und die sich traut, in wichtigsten Fragen der Wissenschaft, die in das Leben aller Menschen einer Gesellschaft klärend eingreifen könnten –
zum Beispiel die Frage, ob die globale Erwärmung vom Menschen gemacht ist (sie ist es natürlich nicht, aber dazu gibt es im Internet haufenweise guter und bester Beiträge) –
Aufklärendes beizutragen – weil die Wissenschaftler nicht mehr fürchten müssen, bei unliebsamen Äußerungen Karriere und Stelle zu gefährden. Wir brauchen eine freie Wissenschaft, deren Mitarbeiter nicht dauernd den Kopf einziehen müssen, weil sie vom Staat bezahlt werden, es also nicht opportun erscheint, gegen diesen Staat, der mit der Wirtschaft verfilzt ist, auszusagen.
Und so wäre ich zum Beispiel sehr gespannt, was denn Axel Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter „Umwelt und Verkehr“ beim Umweltbundesamt, zum Beispiel zu den Chemtrails sagen würde, wenn er innerhalb eines freien Geisteslebens die Analysen des Umweltbundesamtes zu den Aluminium- und Bariumgehalten der Niederschläge in Deutschland aufdecken dürfte.
Update 27. Sept.:
Deutschland bittet USA um Ende der Russland-Sanktionen
Die Bundesregierung bekommt ein mulmiges Gefühl: Sie wurde von den Amerikanern in eine doppelte Falle gelockt. Mit den Russland-Sanktionen brachen die Exporte ein, mit dem Abgas-Skandal wird die wichtigste deutsche Branche angegriffen. Doch mehr als ein Hilferuf ist nicht möglich – Deutschland sitzt in der Falle.
Anmerkung: Warum der Abgas-Skandal eine „Falle“ sein soll, in die die USA Deutschland „gelockt“ haben soll, beschreiben die Deutschen Wirtschaftsnachrichten leider nicht. Wissen sie mehr, als sie ihren Lesern mitteilen wollen/können/dürfen? Eine Falle, in die die USA Deutschland „gelockt“ haben könnte, wäre es gewesen, wenn Amerika beziehungsweise die amerikanischen Behörden von Anfang von der Schwierigkeit der Einhaltung der Abgasvorschriften gewusst hätten, und den deutschen Firmen gesagt hatte:
Macht einfach mal, wir regeln das schon hier. Wir halten auch nichts von diesen idiotischen Abgas-Regeln. Installiert einfach diese Defeat-Device-Software. Wir halten die Sache hier in den Behörden schon unter dem Teppich. Keiner hier in den USA wird das genauer kontrollieren. Dafür sorgen wir.
Dass die Sache nun doch aufgeflogen ist und die Amerikaner die Deutschen haben auflaufen lassen, das stützt jedenfalls dann wieder die These eines Wirtschaftskrieges der USA gegen Deutschland. Auch die Tatsache, dass VW ein Staatskonzern ist, stützt die These eines Wirtschaftskrieges, in dem es mehr um diesen Staat (Deutschland) und weniger um diesen Konzern gehen könnte.
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