von Ingo Hagel
Mayers Weltwirtschaft: Es ist gut, an Gott zu glauben
Der christliche Glaube zahlt sich aus. Das zeigt eine einfache Kosten-Nutzen-Abwägung.
So kann das ausgehen, wenn Ökonomen, hier Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institutes, in der FAZ über Religion schreiben:
Fast wäre ich wegen Josef Ratzinger zur katholischen Konkurrenz gewechselt, weil ich die Konzentration auf Kernkompetenz an ihm schätzte. Davor hat mich jedoch Papst Franziskus bewahrt. Ich finde ihn sympathisch, aber wenn er sich zur Wirtschaft äußert, sträuben sich mir die Nackenhaare.
(Fast) Wechsel des Religions-Dienstleisters wegen Wechsel in deren Führungsetage?!
Natürlich ist das die Frage, warum überhaupt ein Papst – neben den vielen anderen Dingen, die er glaubt, auch glaubt, sich zu Angelegenheiten der Wirtschaft äußern zu müssen.
Anmerkung: Zu diesem weitläufigen Thema der Anmaßungen und Grenzüberschreitungen von Vertretern der Kirche siehe auch hier:
Kardinal Marx zieht Trennlinie zwischen Christen und „Alternative für Deutschland“
Die andere Frage ist natürlich die, warum erwachsene und gebildete Menschen wie Thomas Mayer überhaupt erwarten, dass sich ein Religionsvertreter zur Wirtschaft äußert – um dann wegen vermisster Wirtschaftskompetenz doch nicht zu konvertieren. Irgendwann kommt dann ein Jurist und beschwert sich über die mangelnde Strafrechtskompetenz des Papstes, ein Mediziner über dessen fehlende Blinddarmflickfähigkeit – und so weiter und so fort.
Thomas Mayers Artikel ist nur ein Beispiel von vielen,
das die auf diesem Wege niemals heilen wollende Wunde der heutigen Erkenntniskrankheit mal wieder weit aufgerissen hat:
Meine Vermutung, dass ich beim Wechsel der Konfession nur vom Regen in die Traufe kommen würde, verstärkte sich, als ich sah, wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx und der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, auf dem Jerusalemer Tempelberg in trauter Einigkeit ihre Kreuze unter ihren Roben versteckten. Das erinnerte mich an den Satz einer Figur aus einem Roman Evelyn Waughs, der auf die Frage, ob er an Gott glaube, sagte: „I am a member of the Church of England, which means I do not believe in anything very much.“
Denn die Zeit ist heute angebrochen, in der der Mensch in geistigen Dingen wieder einen Erfahrungsinhalt bekommen muss
statt nur irgendetwas glauben (believe) zu dürfen oder zu können. Am allerbesten ist es daher, man ist selber Papst und Pontifex in diesen spirituellen Angelegenheiten. Dann braucht man auch nicht mehr die Religion zu wechseln, wenn einem der Vorstandsvorsitzende nicht geeignet oder nicht „sympathisch“ erscheint (man braucht „nur“ sich selber zu wechseln beziehungsweise zu verändern). Denn die Wissenschaft ist spiritualisiert worden, und diese Spiritualität ist Wahrnehmung, Erlebnis, Erfahrung geworden.
Das Problem dabei ist, dass einem die üblichen Philosophen und Philosophien dabei heute nicht mehr helfen. Thomas Meyer wendet sich in seiner „einfachen Kosten-Nutzen-Abwägung“ – in der er zum Schluss kommt: „Es ist gut, an Gott zu glauben“ – an den Mathematiker und Philosophen Blaise Pascal.
Ein anderer Philosoph, nämlich René Descartes, kam – ähnlich wie Blaise Pascal – zu ähnlich tollkühnen Schlussfolgerungen. Hinsichtlich der Absicherung der eigenen Existenz postulierte er:
Ich denke, also bin ich. (Cogito ergo sum).
Rudolf Steiner machte dagegen auf die winzige Belanglosigkeit aufmerksam,
dass, wenn der Mensch schläft, also nicht mehr denkt, er also auch nicht mehr ist, das heißt nicht mehr existiert. Descartes Postulat verdunkelte die wahren Tatbestände, wirft aber ein grelles und bezeichnendes Licht auf die Problematik des heutigen intellektuellen Denkens: Dieses ist realitätsfern, nicht wirklichkeitsgemäß. Man denkt sich – wie in diesem Falle Descartes – so etliche Dinge zurecht, die ziemlich schlau aussehen und großen Eindruck (mit Mayers Artikel bis in die Redaktionsstuben der FAZ) machen können, aber keinen Bestand vor der Wirklichkeit haben. Unser heutiges modernes Denken ist eben selber keine Wirklichkeit, sondern nur Bild eines ehemals wirklichen, das heißt aber lebendigen Denkens. Unser Denken heute ist tot und abstrakt. Auch aus diesem Grund wollen viele Menschen (unberechtigterweise) mit ihm nichts zu tun haben – außer es gilt, dieses Denken einzig und allein auf die Sinneswelt zu richten und Technik zu entwickeln.
Update: Das trifft sich gut! Gerade schrieb ich, dass viele Menschen mit dem Denken nichts zu tun haben wollen. Und hier postet der Hadmut die neue Reklame von LIDL, die gerade damit Werbung machen:
Das LIDL-Sportkleidungsangebot speziell für Damen ab 26.01.
Will man aus dieser Krankheit herauskommen, dann muss man zuerst einmal gerade bei diesem toten Denken anfangen.
Es ist nicht zu leugnen: Ehe anderes begriffen werden kann, muss es das Denken werden.
In unserem heutigen so genannten modernen Denken richtet sich das Denken immer nur auf die Dinge und Objekte der Sinneswelt. Damit kann man – wie ich immer hier sage – zwar Exportweltmeister werden, aber man weiß dann schließlich nicht mehr, ob man Männchen oder Weibchen, ob man Katholik oder Protestant ist – beziehungsweise ob man überhaupt existiert.
Weil der Denkende also beim Denken immer das Denken vergisst und es nicht mehr sieht, kommt also alles darauf an, dieses Denken in die Beobachtung zu bekommen. Das Denken muss – wie die Dinge der Sinneswelt – Wahrnehmung werden, also Evidenz und Wirklichkeit. Damit ist dann nicht nur der Grund gelegt für die Realität eines neuen lebendigen Denkens, sondern auch der Grund für die Realität der eigenen Existenz. Zu dieser eigenen geistigen Autonomie hat Rudolf Steiner mit seiner „Philosophie der Freiheit“ einen viel, wenn nicht alles bedeutenden Beitrag für die Nöte der Menschen dieser Zeit gegeben. Dazu siehe bei Bedarf hier die verschiedenen Artikel auf Umkreis-Online.
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