Der Verfassungsrechtler Professor Schachtschneider warnt mit Blick auf die Entwicklung der Europäischen Union vor diktatorischen Tendenzen und Todesschüssen

von Ingo Hagel

Viele Menschen glauben, man handele nicht im Sinne der Freundschaft der Völker, wenn man die Europäische Union (EU) und ihre Bestrebungen kritisiert. Das Gegenteil ist der Fall, handelt es sich doch bei der EU letztlich um die Bestrebung, die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Nationen zu brechen sowie deren Verfassungen in wichtigsten Angelegenheiten aufzuheben und unter eine zentrale europäische Regierung mit „diktatorischen Tendenzen“ zu bringen. Hier ein Clip dazu mit einem Interview des Verfassungsrechtlers Professor Schachtschneider, der zusammen mit Anderen gegen die Griechenland-Hilfe und den Euro-Rettungsschirm beim Bundesverfassungsgericht Klage erhoben hat – und die Aufmerksamkeit und Unterstützung möglichst vieler Menschen in Europa verdient.

Hier der Clip und einige Auszüge aus dem Interview mit Professor Schachtschneider:

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Es wurde die Frage gestellt (bei 2:10) nach der Rechtmäßigkeit der Griechenlandhilfe und des Euro-Rettungsschirmes, und ob aus Brüssel nicht Widerstand kommen würde, wenn das Bundesverfassungsgericht dazu ein ablehnendes Urteil fällt?

Prof. Schachtschneider: „Allemal, allemal. Es gibt ja einen Gegensatz zwischen dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof. Und es ist noch keineswegs ausgehandelt, wer das letzte Wort in Sachen des Rechts hat. Das Bundesverfassungsgericht beansprucht das letzte Wort, völlig zu Recht. Ich denke, sie (das Bundesverfassungsgericht; Anmerkung IH) werden versuchen, sich zu behaupten und sich nicht da zu unterwerfen einer europäischen Politik, zu der auch die Politik des Europäischen Gerichtshofes gehört. Der ist der Sache nach ein administratives Organ, kein wirkliches Gericht, dieser Institution fehlt jede Art demokratischer Legitimation. Es ist ein ganz großer Kampf, der da geführt wird, der um die Kultur Europas geht“ (Hervorhebung IH).

zum Thema Niederknüppeln und Todesschüssen bei Aufständen in der EU (bei 4:00):

Prof. Schachtschneider: „Das befürchte ich auch. Ich gehöre auch zu den Kritikern, die der Europäischen Union diktatorische Tendenzen bescheinigen, das ist einfach eine Analyse der Verträge und der Praxis, das ist so konzipiert, jedenfalls ist die Union in keiner Weise demokratisch legitimiert, und wenn es dann zu den erwarteten Unruhen wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommt, hat sich die Union das Mittel geschaffen, eben auch zu töten, um sich durchzusetzen, denn das Recht auf Leben, das groß propagiert wird in der Grundrechtecharta, ist sehr relativiert durch die Zusatzerklärungen, die eigentlich maßgeblich sind, an vier Stellen des Vertrages vorkommen, und die besagen, dass eben nicht nur die Todesstrafe eingeführt werden kann im Kriegsfall und bei drohender Kriegsgefahr, sondern dass auch Aufstände und Aufruhr niedergeschlagen werden kann ohne dass das Recht auf Leben dem entgegensteht, also auch durch Tötungsmassnahmen (Hervorhebungen IH).“

Frage zu über-nationalen EU-Polizeitruppen, die im Falle von Unruhen gegen die eigene Bevölkerung besser einzusetzen sind als nationale Polizeikräfte (bei 6:10):

Prof. Schachtschneider: „Es werden ja auch eigenständige Polizeikräfte dafür aufgebaut. An dieser Sonderabmachung ist Deutschland noch nicht beteiligt, aber sie ist möglich durch den Lissabon-Vertrag. Andere Länder, insbesondere Griechenland, Italien Frankreich sind daran beteiligt, an eigenen Eingreiftruppen. Also dass Polizeikräfte aus anderen Ländern irgendwo eingesetzt werden können, die ganz anders durchgreifen würden. Man arbeitet an dem Problem, denn man muss damit rechnen, dass es Unruhen geben wird, angesichts der Verteilungsaspekte, die mit der Währungsunion und der Weltfinanzsituation verbunden sein werden. Ich denke, dass viele (Politiker; Anmerkung IH) auch denken, eine solche Situation ist sehr günstig, um andere politische Strukturen zu schaffen, ein autoritäres Regime herzustellen. Jedenfalls die Gefahr besteht und die Möglichkeit ist geschaffen“ (Hervorhebungen IH).

Auf die Frage, was man denn tun könne (bei 7:20):

Prof. Schachtschneider: „….das Volk muss schlicht und einfach anders wählen und gegebenenfalls auch auf die Strasse gehen um eine andere Politik einzuleiten. Es geht nicht an, dass diese Parteien, die eine klare Politik gegen die Interessen nicht nur Deutschlands machen, sondern der Völker, der Freiheit der Völker. Dass die einfach ihr politisches Mandat verlieren – das muss sein“ (Hervorhebung IH).


Auch der ehemalige Focus-Money-Journalist Oliver Janich führte ein Interview mit Professor Schachtschneider zur Wiedereinführung der Todesstrafe in der EU. Oliver Janich: „Ich habe wochenlang dafür gekämpft und Focus Money ist das erste Mainstream-Medium, das sich an das Thema rantraut.“
Hier das Interview….

Nachtrag 12. Juni 2011:

Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht die Klage angenommen (siehe dazu auch hier). Auf der Homepage von Prof. Wilhelm Hankel, neben Prof. Schachtschneider einer der Kläger gegen den EU-Rettungsschirm, schreibt dieser: „Zum Prozessverlauf ist mitzuteilen: Das Bundesverfassungsgericht hat unsere Klagen gegen die steuerfinanzierten Euro-Rettungsschirme als klare Verstöße gegen die EU-Verträge und unser Grundgesetz angenommen und diesmal nicht zurückgewiesen wie vor 12 Jahren unsere Klage gegen die Einführung des Euro. Das Gericht hat die Klage den Beteiligten (Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat) zur Stellungnahme vorgelegt. Das Verfahren ist also eröffnet: „Die Kugel hat den Lauf verlassen und fliegt“. Wir rechnen mit einer öffentlichen Anhörung, vermutlich noch vor Ende dieses Jahr. Die Anhörung wird vieles klären, nicht nur für den Verlauf des Verfahrens, sondern auch die Einschätzung der Dinge an den Finanzmärkten. Wir sind guten Mutes und kämpfen weiter. Es geht nicht nur um unser Geld, sondern was genau so wichtig ist: den Erhalt der Demokratie in unserem Land und in Europa. Die EU missbraucht die von ihr selbst angezettelte Euro-Krise schamlos, um ihre Machtposition zu erweitern und immer mehr demokratische Rechte der Völker an sich zu ziehen. Aus Europa soll ein zentral regierter Bundesstaat werden – weder demokratisch noch marktwirtschaftlich verfasst – . Und wir Deutsche “dürfen” für ihn zahlen. Wenn es uns gelingt, dies zu verhindern, wird es allen europäischen Völkern in einem freien Europa wieder besser gehen.“