von Ingo Hagel
Da die Parteien Legislative, Exekutive und Judikative gleichermaßen durchdringen, ist die Gewaltenteilung de facto weitgehend aufgehoben. Gesetzesvorhaben werden von den Eliten der Regierungsparteien aus dem jeweils maßgebenden Thinktank entgegengenommen und beschlossen, so dass der Gesetzgebungsprozess im Parlament nur noch ein leeres Theaterstück für das Volk bildet.
Das Fußvolk der Abgeordneten wird dazu per Fraktionszwang eingeschworen und evtl. Widerspenstige durch komplizierte, umfangreiche und zu kurzfristig vorgelegte Gesetzesvorlagen, die unmöglich voll durchdrungen werden können, unter Druck gesetzt. Überhaupt stimmt der einzelne Abgeordnete bei der Vielfalt und inhaltlichen Kompliziertheit der Gesetze, für die er zumeist nicht sachkundig genug ist, im Vertrauen auf die Experten seiner Partei aus den entsprechenden Ausschüssen zu und nicht, weil er die Sache selbst durchschaut hätte. Die meisten Abgeordneten geben das auch offen zu. Es gehe bei der Komplexität der Dinge gar nicht anders; kein Abgeordneter könne Experte auf allen Gebieten sein.
Also ist die Entscheidung längst von den Experten getroffen worden, die Masse der Parlamentarier winkt als erkenntnislose Statisten nur noch durch. Die Abstimmung wird zur Farce. Der Mensch, durch die Erkenntnis, aus der selbstbestimmt handeln zu können seine Würde ausmacht, über das Tier erhoben, sinkt hier im „Hohen Hause“ praktisch wieder zum Tier herab, wird, wie der Volksmund treffend sagt, zum „Stimmvieh“. Man könnte die Parlamentszusammensetzung auf die Experten der verschiedensten Lebensgebiete, über die Gesetze gemacht werden, reduzieren und die Claqueure zu Hause lassen. Aber dann würde eben die Herrschaft der Experten, die Diktatur der neuen Aristokratie unverschleiert offenbar werden.
Der verdienstvolle Beitrag von Herbert Ludwig bestätigt, was ich hier auf Umkreis-Online unter den Rubriken Ende des Rechtsstaates, Parlamentarismus-Bankrott, zur Dekadenz der führenden Klasse sowie zum Niedergang des Bürgertums, das diese „Diktatur der neuen Aristokratie“ auszubaden hat, schrieb. Siehe zum Beispiel hier:
Edward Griffin: Individualismus statt des politischen Rechts-Links-Betruges
Es ist völlig egal, welche Partei am Ruder ist, denn beide Parteien glauben an den Kollektivismus…..
Oder siehe hier in einem Beitrag zu den Gründen des Niedergangs der einst so gefeierten Piratenpartei:
He, Ihr Piraten und Freibeuter! Ihr seid nicht krank und müsst weder zum Arzt noch zum Psychologen auf die Couch. Also setzt die Flagge: Klarmachen zum Ändern! Aber doch nicht als Partei. Wenn, dann bitte sehr doch nur als Partei zur Abschaffung des Parteiensystems. Denn die Zukunft eines neuen Rechtsstaates, der wirklich dieses Namens wert ist, liegt nicht in einem Parteiensystem begründet – seien es nun die alten, verderbten und verkommenen Parteien oder irgendwelche neuen „Parteien“, Piraten, „Alternative für Deutschland“, was weiß ich, die doch alle die gleiche Krankheit des Parteienwesens bereits als Keim in sich tragen müssen.
Oder siehe hier:
Christoph Hörstel: Die beiden Parteien sind Dienstleister größerer Mächte, die beide Parteien kontrollieren, nicht umgekehrt.
Anmerkung: (Im übrigen sagten das bereits ja Edward Griffin undDavid Icke; und Prof. Schachtschneider drückte es für die Verhältnisse bei uns nur etwas anders aus, indem er von der Einheitspartei Deutschlands und der fehlenden Opposition sprach).
Oder hier:
Am 28. Juni schrieb ich hier auf Umkreis-Online mit Blick auf die – ebenfalls sinnlosen – Versuche, über Demonstrationen das Volk zum Widerstand gegen den ESM zu bewegen:
„Erwartet man wirklich, dass „unsere“ Volksvertreter nach dieser Willensbekundung des Volkes – also des Souveräns – auf einigen Demos dieser gehorchen und sie umsetzen würden? Das ist doch heute mehr denn je eine Illusion, denn diese Politikerkaste, dieses politische System selber muss ersetzt werden, da es hoffnungslos mit der (vor allem Finanz-) Wirtschaft und Kräften, die den Untergang der freien Völker wollen, verfilzt ist.Nur mit einer Demo oder einem Volksentscheid gegen den ESM ist es also nicht getan. Alle diese Fragen werden nicht als Volksbewegung beziehungsweise vom kleinen oder größeren Mann auf der Straße entschieden werden – außer es gibt eine Revolution (s. dazu Sozialer Neuanfang statt Revolutionen und Bürgerkriege), von der ich hoffe, dass sie abzuwenden ist, da dies fürchterlich werden wird.“
Für eine rechtliche Neuordnung des sozialen Systems und der Gesellschaft brauchen wir daher keine neuen Parteien – wer das glaubt, der träumt oder er hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden – sondern die Trennung von Politik und Wirtschaftsleben, das heißt Soziale Dreigliederung.
Denn das heutige politische System dieser – auch wieder in obigem Beitrag diagnostizierten – Scheindemokratie schafft ein politisches und rechtliches Vakuum, das die eigentliche Grundlage für die beschriebene „Diktatur der neuen Aristokratie“ mit all ihren vernichtenden und feindlichen Auswirkungen auf die Menschen einer Gesellschaft darstellt. Daran werden auch neue Parteien nichts ändern, denn die gesellschaftlichen Fragen und Probleme, die heute gelöst werden müssen, sind viel zu vielfältig, als dass sie unter der Flagge der einen oder der anderen Partei befriedigend zusammengefasst werden könnten.
Was also kommen müsste wäre – statt neuer Parteien – die Begründung von Arbeitsgruppen aus der Gesellschaft heraus. Diese würden zu den Sachfragen auf rechtlichem Gebiete debattieren und Vorschläge erarbeiten – und darüber abstimmen. Jeder Mensch dürfte sich an diesen Beratungen beteiligen und hat Stimmrecht. Diese Gruppen würden auf lokalen, regionalen und – wenn es die Sachfrage betrifft – überregionalen Ebenen stattfinden. Der heutige politisch-administrative Apparat (aber ohne die bestehenden Parteien) wäre nicht von Wahlen abhängig, sondern wäre als Verwaltungsapparat, den jeder soziale Organismus zur Durchsetzung seiner Beschlüsse benötigt, immer vorhanden. Wahlen im heutigen Sinne (alle vier Jahre ein Kreuzchen machen, um dann für weitere vier Jahre sein Gehirn an das oben erwähnte Volksvertreter-„Stimmvieh„ abgeben) würde es nicht mehr geben, denn Entscheidungen zu den oben angeführten Sachthemen des Rechtslebens würden sehr viel öfter durchgeführt werden. Aber an den – nun wirklich demokratischen – Abstimmungen würden nicht nur die Mitarbeiter dieser Sachgruppen teilnehmen, sondern jeder mündige Bürger, der dazu seine Stimme abgeben möchte.
Ansätze zu diesem Verfahren sind in den Bestrebungen einer erwachenden Zivilgesellschaft, die sich zu Fragen wie TTIP, Gentechnik, Volksabstimmung usw. immer kräftiger zu Wort meldet, deutlich zu erkennen. Diese Gruppen sollten sich allerdings nicht als neue Experten von der bestehenden bankrotten Parlamentarismus vereinnahmen lassen, indem sie sich geschmeichelt fühlen, dem alten bankrotten politischen System mit guten Vorschlägen unterstützend und reanimierend zuarbeiten zu dürfen. Stattdessen müsste die Selbstständigkeit, Fähigkeit und Fruchtbarkeit dieser Gruppen – inklusive einer Unterstützung aus dem Volk heraus – so wachsen, dass das bestehende Parteiensystem angesichts dieses kompetenten Willens ganz natürlich zurückzutreten hat. In diesem Sinne müsste ein Sozialer Neuanfang angestrebt werden, wenn Revolutionen und Bürgerkriege vermieden werden sollen.
Fragen, die nicht zum Rechtsgebiet gehören, das heißt wirtschaftliche und geistige Fragen, werden in entsprechenden Gruppen (Wirtschaft, freies Geistesleben) behandelt werden, die allerdings nicht zum Rechtsleben (Politik) gehören.
Wenn die Menschen das nicht einsehen, werden sie im Sinne des obigen Artikels immer weiter von dieser Scheindemokratie zerrieben werden. Und das Krebsgeschwür einer ungehemmt wuchernden und alles vernichtenden Wirtschaft, die nur noch zum Wohle einiger Eliten existiert, und nicht mehr dem Menschen dient, wird sich immer weiter ausbreiten.