Aus Nr. 225 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe.
Und so ist ja wirklich mit Bezug auf die tiefsten Interessenfragen der Menschheit ein ungeheuer intensiver Schlafzustand heraufgezogen. Sie werden sagen: Die Dinge sind übertrieben. – Sie sind eben nicht übertrieben! Bloß die Tiefe des Schlafzustandes, der die Menschheit befallen hat in Bezug auf die größten Fragen des geistigen Lebens, die Tiefe dieses Schlafzustandes ist eben untertrieben, nicht ist das, was ich gesagt habe, übertrieben, sondern die allgemeine Anschauung über diese Dinge ist eben untertrieben. Und man muss, wenn überhaupt ein gesundes Fundament entstehen soll für ein zukünftiges Geistesleben, diese ganze schwerwiegende Tatsache, wie ich sie eben charakterisiert habe, sich vor die Seele rücken, mit aller Intensität sich vor die Seele rücken. Denn dadurch ist ja überhaupt das Interesse der Menschheit für die geistige Welt ausgeschaltet worden aus der Entwickelung dieser Menschheit. Und nach und nach wurde die Sache so, dass man jemanden um so mehr für einen großen Wissenschafter gehalten hat, je weniger er geistige Probleme nur überhaupt berührt hat. Das war die Situation um die Jahrhundertwende.
In diese Situation hinein versetzt war dann dasjenige, was Anthroposophie sein wollte. Und so muss, wenn ich mich so ausdrücken darf, die Aufgabe der Anthroposophie aufgefasst werden. Sie muss so aufgefasst werden, dass sie tatsächlich aus dem Fundamente heraus arbeiten muss, nicht anknüpfen darf an dies oder jenes, das bei der einen oder anderen Richtung schon da ist. Es ist eben nichts da, und man muss aus dem Fundamente heraus das Wesen des Anthroposophischen verstehen. Dann, wenn man aus dem Fundamente heraus das Wesen des Anthroposophischen versteht, wird man finden, dass die Tatsachen, die gerade durch die Naturwissenschaften vorliegen, überall im höchsten Maße brauchbar sind für anthroposophische Forschung und dass diese Tatsachen der Naturwissenschaft erst ihre richtige Beleuchtung finden durch anthroposophische Forschung. So muss die Situation aufgefasst werden. Aber dazu ist notwendig, dass sich wirklich ein gewisser Teil der Menschheit entschließt, den Intellektualismus ins Spirituelle hinüberzuführen.
Gewiss, die Menschen, die sich der anthroposophischen Bewegung anschließen, sind ja alle tief erfüllt von einem gewissen Drang und Hang nach der geistigen Welt. Aber die wenigsten lieben es, auch die Ideenwelt der Gegenwart hinüberzuführen ins Spirituelle. Man möchte mit Ausschaltung der Ideenwelt Anthroposophie sozusagen wie eine Art Gemütstrost in sich aufnehmen. Das aber wird nicht genügen, um der Anthroposophie ihre impulsive Kraft im geistigen Leben zu geben.
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