Rudolf Steiner: Der Verstand hat seinen Höhepunkt überschritten; er wird einem Verfall ausgesetzt sein – Die Menschheit braucht die Aufnahme desjenigen, was an spirituellem Leben aus den geistigen Höhen in das physische Erdenleben hereinströmt

 

Aus Nummer 255b der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 357:

Wir müssen uns bewusst werden, dass seit der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert hinein – genauer bis zum Ende des 19. Jahrhunderts – die menschliche Entwicklung vorzugsweise eine solche war, die den Verstand, die den Intellekt erstens in Anspruch genommen hat für den Fortschritt der Menschheit, zweitens aber zu einer bestimmten Höhe gebracht hat. Der Intellekt ist wunderbar ausgebildet worden in den verflossenen Jahrhunderten. Allein geradeso, wie jedem einzelnen Lebensalter, dem Kindesalter, dem Jünglings- und Jungfrauenalter, dem reifen Mannes- und Frauenalter, dem Greisenalter eine bestimmte Art der Seelen- und Leibesentwicklung entspricht, die dann in den nächsten Lebensabschnitt nicht hineingeht, so ist es auch mit der Entwicklung der Menschheit im allgemeinen. Es ist einmal das abgelaufene Zeitalter das des Intellekts, des Verstandes. Und diese Verstandesentwicklung, sie soll nicht – das liegt in den Gesetzen der Menschheitsentwicklung – in den weiteren Fortschritt dieser Entwicklung hineingehen. Es ist so, dass wir jetzt stehen vor dem Beginn einer spirituellen Entwicklung der Menschheit. Dasjenige, was der Verstand leisten kann, hat er zunächst geleistet; er kann nur noch so, wie er ausgebildet worden ist in verflossenen Jahrhunderten, als ein Erbstück hineingetragen werden in die weitere Menschheitsentwicklung. Dagegen ist die Menschheitsentwicklung darauf angewiesen, die Welle spirituellen Lebens zu berücksichtigen, die aus den geistigen Höhen heute überall einströmt in die physisch-sinnliche Welt, in welcher der Mensch lebt, und eine spirituelle Art der Entwicklung an die Stelle der reinen Verstandesentwicklung zu setzen. 

Es kann ja so sein, dass diejenige Menschheit, die bisher die zivilisierte war, sich sagt: Wir halten fest an dem alten Verstande; wir halten fest an Experiment und Beobachtung und an dem, was der Verstand daraus machen kann; wir lehnen dasjenige ab, was einzelne behaupten: dass gerade in unserer Zeit eine mächtige Welle spirituellen Lebens aus geistigen Höhen in das irdische Leben hereindringt; wir wollen nichts davon wissen, wir wollen dem Verstand weiter dienen. – Sie können das nicht, denn der Verstand hat seinen Höhepunkt überschritten, er kann nur fortgepflanzt werden; aber diese Fortpflanzung bedeutet zugleich, dass er in einen Verfall geht. Der Verstand kommt tatsächlich in einen Verfall; wir sehen diesen Verfall heute schon beginnen, können ihn heute äußerlich schon nachweisen. Was nützt es, sich in solchen Dingen eine Binde vor die Augen zu machen? Man soll nur einmal unbefangen auf eine einzelne Erscheinung, die darüber aufklärend sein kann, hinsehen. Man sehe hin, wie zum Beispiel die Jugend, die sich den Studien gewidmet hat, vor etwa 40 Jahren, sogar mit ihrer Lehrerschaft zusammen, noch etwas hatte vom Individuellen in der Verstandesbetätigung. Man konnte an Menschen vor 40 Jahren hintreten – sie waren gute Verstandesmenschen, sie suchten vom Verstand aus in die sinnliche und in die geistige Welt einzudringen, so gut man eben mit dem Verstande da eindringen kann. Wenn man ihnen entgegentrat – es waren manchmal ganz junge Leute -, so war dasjenige, was sie sprachen, in den ersten fünf Minuten interessant, Individuelles kam aus einer menschlichen Persönlichkeit heraus; man sagte sich, nun bin ich neugierig, was er weiter sagen wird, und man hörte ihm mit einer gewissen Befriedigung zu. Heute, wenn man wiederum an solche Menschen, meinetwillen an junge Menschen, herantritt und man hört ihnen in den ersten fünf Minuten zu – oder vielleicht nicht einmal so lange -, man hört ihnen also zunächst etwas zu, so zeigt sich, ihr Verstand rädert schon ab, wie etwas, was aus einer Maschine kommt; man ist nicht neugierig auf das, was sie weiter sagen werden, denn man kann es vorher wissen: die Maschine rattert weiter. Es ist, wie wenn die Menschen ganz maschinell geworden sind; das Individuelle ist selbst auf dem Gebiete des Verstandeswesens ganz verloren gegangen. Man kann auch sogar schon die einzelnen Menschen gar nicht mehr voneinander unterscheiden, denn jeder sagt dasselbe, namentlich in bestimmten Gruppen sagt jeder dasselbe. 

An dieser Erscheinung lässt sich der Verfall des Verstandes in einer ganz außerordentlich deutlichen Weise studieren – ganz äußerlich, ohne dass man auf die geistige Seite dabei eingeht. Kurz, der Verstand hat eben seinen Höhepunkt überschritten; er kann zwar vererbt werden, aber er wird einem Verfall ausgesetzt sein, und die Menschheit braucht die Aufnahme desjenigen, was an spirituellem Leben aus den geistigen Höhen in das physische Erdenleben hereinströmt. Das kann zurückgewiesen werden. Aber wenn es zurückgewiesen wird, hört eben für diejenigen Menschen, die es zurückweisen, die Möglichkeit des menschlichen Fortschritts, der menschlichen Kultur, der menschlichen Zivilisation auf, und die Weiterentwicklung der Menschheit muss sich andere Völker, andere Gegenden suchen.  

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