Rudolf Steiner zur Bedeutung der naturwissenschaftlichen Forschungsmethode für die Erkenntnis in der Geisteswissenschaft

 

von Rudolf Steiner 

 

 

Aus Nr. 322 (S. 36)  der Rudolf Steiner Gesamtausgabe:

Was ist es denn, was wir als eine Fähigkeit ausbilden, indem wir mathematisieren? Diese Frage wollen wir einmal stellen. Es muss, wenn man diese Frage beantworten will, eines, glaube ich, ganz in uns als Verständnis aufgegangen sein. Das ist auf der einen Seite: Wir müssen es auch im Menschenleben mit dem Begriff des Werdens ernst nehmen, das heißt, wir müssen ausgehen von dem, was gerade im hohen Grade disziplinierend ist an der modernen Naturwissenschaft, wir müssen uns an dem erziehen und müssen gewissermaßen das, was wir an strenger Methode, an wissenschaftlicher Disziplin uns anerzogen haben in der Naturwissenschaft der neueren Zeit, wir müssen das über diese Naturwissenschaft selber hinauszutreiben wissen, so dass wir in höhere Gebiete aufsteigen mit derselben Gesinnung, die wir in der Naturwissenschaft haben, aber mit Ausdehnung der Methoden auf ganz andere Gebiete. Ich glaube deshalb auch nicht und sage das ganz unumwunden, dass zu einem wirklichen geisteswissenschaftlichen Erkennen derjenige kommen kann, der nicht im strengen Sinne des Wortes eine naturwissenschaftliche Disziplin sich erworben hat, der nicht forschen und denken gelernt hat in den Laboratorien und durch die Methode der neueren Naturwissenschaft. Am allerwenigsten hat Geisteswissenschaft Veranlassung, diese neuere Naturwissenschaft zu unterschätzen. Im Gegenteil, sie weiß sie völlig zu schätzen. Und mir selber – wenn ich diese persönliche Bemerkung machen darf – nehmen es ja viele Leute reichlich übel, dass ich, bevor ich eigentlich Geisteswissenschaftliches veröffentlicht habe, zunächst manches geschrieben habe gerade über naturwissenschaftliche Probleme in derjenigen Beleuchtung, die mir notwendig zu sein schien. Also es handelt sich darum, dass wir uns auf der einen Seite diese naturwissenschaftliche Gesinnung aneignen, damit sie fortwirkt, wenn wir über die Grenzen des Naturerkennens hinauskommen. Und zweitens müssen wir uns sogar die Qualität dieses Naturerkennens beziehungsweise der Ergebnisse dieses Naturerkennens recht sehr ernst werden lassen. 

 

 

 

 

 

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