von Ingo Hagel
Ich verweise nochmal auf den letzten Artikel hier –
in dem behandelt wurde, dass die „Imagination nichts anderes ist als eine höhere Entwicklungsstufe dessen,“ was Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ das reine Denken genannt hatte –
beziehungsweise ich verweise auf das darin Zitierte:
Dieses reine Denken, in dem eigentlich auch der reine Wille lebt, das ist dasjenige Denken, von dem der Impuls der freien Handlung ausgehen muß. … Das Höher-Entwickeln dieses Denkens zu einer wirklichen Realität hinauf, die nun geistiger Art ist, das ergibt die Möglichkeit, nun in innerer Anschauung die Beziehung des Denkens nicht nur zur Seele, wie ich es eben geschildert habe, sondern auch zu dem physischen Organismus zu finden.
Das sind immer wieder sehr bedeutsame Sätze,
Ausführungen, Nuancen im Werk Rudolf Steiners, die oft erst nach mehrmaligem Lesen in ihrer vollen Bedeutung erfasst werden – und bei denen man immer wieder hautnah, handgreiflich erfahren kann, dass bestimmte Dinge zwar irgendwo stehen können, sogar schwarz auf weiß, dass man sie zwar mit den Augen, aber nicht mit den Augen des Geistes angeschaut hat:
Das Höher-Entwickeln dieses Denkens zu einer wirklichen Realität hinauf, die nun geistiger Art ist, …
Selbst das reine Denken der „Philosophie der Freiheit“ ist also keine „wirkliche Realität“.
Darauf hat Rudolf Steiner immer wieder hingewiesen: Das Denken ist nur Bild. Und auch das reine Denken ist nur Bild. Es ist keine Realität. Nur Bild einer Realität. Zu dieser Realität muss man sich eben durch dieses
Höher-Entwickeln dieses Denkens
hinaufentwickeln. Und diese Realität besteht dann eben in Imagination, Inspiration und Intuition.
Auch im Vortrag „Philosophie und Anthroposophie“ verweist Rudolf Steiner
auf diesen bildhaften, unwirklichen Charakter des Denkens (GA 35, S. 103) – zu dem man sich allerdings hinentwickeln muss, weil auf diesem alle weitere „wirkliche Realität“ ruht:
Das Denken verbürgt nicht die Wirklichkeit des «Ich». Aber ebenso gewiß ist, daß durch nichts anderes das wahre Ich erlebt werden kann als allein durch das reine Denken. Es ragt eben in das reine Denken, und für das gewöhnliche menschliche Bewusstsein nur in dieses, das wirkliche Ich herein. Wer bloß denkt, der kommt nur bis zu dem Gedanken des «Ich»; wer erlebt, was im reinen Denken erlebt werden kann, der macht, indem er das «Ich» durch das Denken erlebt, ein Wirkliches, das Form und Materie zugleich ist, zum Inhalte seines Bewusstseins. Aber außer diesem «Ich» gibt es zunächst für das gewöhnliche Bewusstsein nichts, was in das Denken Form und Materie zugleich hereinsenkt. Alle anderen Gedanken sind zunächst nicht Bilder einer vollen Wirklichkeit. Doch indem man im reinen Denken das wahre Ich als Erlebnis erfährt, lernt man kennen, was volle Wirklichkeit ist. Und man kann von diesem Erlebnis weiter vordringen zu anderen Gebieten der wahren Wirklichkeit.
Man kommt also selbst durch das reine Denken noch nicht zu seinem wirklichen, „wahren Ich“.
Aber zu diesem kommt man nur auf der Grundlage dieses reinen Denkens. Nur im reinen Denken kann das „wahre Ich“ erfahren werden, allerdings innerhalb des gewöhnlichen Bewusstseins –
das reine Denken, das man zum Beispiel an der „Philosophie der Freiheit“ entwickelt, verläuft immer innerhalb des gewöhnlichen Bewusstseins – erst Imagination, Inspiration und Intuition verlaufen nicht mehr innerhalb des gewöhnlichen Bewusstseins –
erst einmal nur als Punkt (GA 35, S. 105):
Man durchschaut, warum man im gewöhnlichen Bewusstsein diese übersinnliche Wesenheit nie erreichen kann. (Immer ausgenommen in dem einen Punkt des wahren Ich, das man aber in seiner Isoliertheit nicht unmittelbar erkennen kann.)
Von diesem „einen Punkt des wahren Ich“ kann dann allerdings fortgeschritten werden zu den „anderen Gebieten der wahren Wirklichkeit„:
Alle anderen Gedanken sind zunächst nicht Bilder einer vollen Wirklichkeit. Doch indem man im reinen Denken das wahre Ich als Erlebnis erfährt, lernt man kennen, was volle Wirklichkeit ist. Und man kann von diesem Erlebnis weiter vordringen zu anderen Gebieten der wahren Wirklichkeit.
Und diese „anderen Gebiete der wahren Wirklichkeit“ sind eben Imagination, Inspiration und Intuition.
Zu diesen „anderen Gebiete der wahren Wirklichkeit“ kommt man aber nicht, indem man den Wert des Denkens geringschätzt, sondern indem man ihn richtig einschätzt. Man muss sich also klar darüber ist, dass das Denken entlang der Sinneswelt kein wirkliches Denken ist, sondern nur ein bequemer Traum ist –
den man allerdings beherrschen muss, weil man sonst nicht auf dieser Welt lebt, sondern in dieser eben nur träumt – was dann in dieser brutalen Einseitigkeit allerdings oft lobend genannt wird: „Mit beiden Beinen auf dem Boden stehen!“ –
dass aber selbst das überhaupt nicht bequeme, sondern so sehr anstrengende reine Denken immer noch nur ein Bild ist, dass in diesem reinen Denken keine Wirklichkeit, keine geistige Substanz ist –
dass man selbst sein Ich zwar in seiner „wahren Wirklichkeit“ erlebt, aber immer noch nur als kleinen „Punkt„, zu dem der große kosmische Umkreis erst noch gefunden werden muss –
dass man aber nur auf der Grundlage des reinen Denkens zu der wahren geistigen Wirklichkeit vordringen kann – wenn es gesund vor sich gehen soll. Aber das bloße Verharren im Gedankentraum der Sinneswelt ist auf jeden Fall ungesund. Denn die Menschen erleben zwar schmerzhaft, dass ihnen diese Sinneswelt unter den Händen zerfällt und zerkrümelt, aber sie erleben auch, dass sie nicht die geeigneten geistigen Mittel an der Hand haben, diese Welt aus dem Geistigen heraus neu zu ordnen. Anthroposophie bietet diese geistigen Mittel.
Zur Einführung dieser neuen Rubrik Anthroposophie siehe auch die verschiedenen einleitenden Vorworte und Artikel hier.
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