von Stella Hagel
Kieran lernt schnell, Dinge zu benennen. Er zeigt darauf und sagt „apple“, „ball“, „horsi“ und so weiter. Mit Erstaunen und Vergnügen bemerken wir, dass er nicht alle Dinge mit Namen benennt, sondern zu manchen einfach „nono“ (Nein-nein) sagt. Nach kurzem Stutzen ist uns klar: Das sind alles Dinge, die er nicht anfassen oder in den Mund nehmen soll, bei denen der Erwachsene also einmal „No, no!“ gesagt hatte. Einige davon hatte er sich gemerkt. Instinktiv erkannte er aber auch „nonos“, denen er zum ersten Mal begegnete: Eines Mittags liege ich auf dem Bett und döse ein bisschen, immer lauschend nach dem Kind, welches allein mit mir ist und in der Wohnung spielt. Ich denke, er spielt im Flur, wo er nichts anstellen kann, bin beruhigt und nicke darüber leider ein. Voll Schrecken wache ich wieder auf und höre Kieran in der Ferne im Wohnzimmer, wo er lieber nicht sein sollte. Ich höre ihn leise vor sich hinsagen. „I got a nono, I got a nono!“ Da schieße ich wie von der Tarantel gestochen hoch, sause hin und erwische ihn gerade, wie er vor dem Schreibtisch auf dem Stuhl stehend ein Stück Papier ins offene Tintenfass stecken will. Im letzten Augenblick ergreife ich es und male mir mit Grausen aus, wie die Schulhefte der Schüler meines Schwagers ausgesehen hätten, wenn das Experiment des kleinen Kerls mit dem tollen „nono“ gelungen wäre.