Oskar Lafontaine: Kein Krieg gegen Russland – Außenpolitik darf nicht weiter ein Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte sein – Helmut Schmidt: Die NATO ist degeneriert zu einer Organisation, die amerikanische Interessen in der ganzen Welt durchsetzt

 

von Ingo Hagel 

 

Die Menschen, die Umkreis-Online nicht oberflächlich lesen, werden wissen, dass ich kein Anhänger und Freund von Parteien bin.

Anmerkung: Denn das, was heute in den Gesellschaften geleistet werden muss, passt längst nicht mehr in den engen Rahmen von Parteien, sondern nur in den demokratischen Entscheidungsbereich von Sachgruppen, die sich je nach den Fragen, die innerhalb des Rechtslebens (Politik) behandelt werden sollen, bilden.

Aber ich werde immer aufstehen und jeden individuellen Menschen verteidigen – egal aus welcher Partei – der etwas Vernünftiges vorbringt. Und das tut Oskar Lafontaine hier in ganz entschiedener Weise. Seine Rede angesichts der drohenden Kriegsgefahr in Europa und deren eigentlichen Gründen bringt wichtigste Aspekte vor zur Lösung des großen Weltkonfliktes, den hier auch unsere deutschen Politiker anzetteln.

Lafontaine verwies auf die Warnungen Karl Liebknecht vor 100 Jahren, der dazu aufrief, die eigentlichen Gründe für den Ersten Weltkrieg zu sehen. Auch heute sei diese Warnung wiederum angebracht. Oskar Lafontaine verwies dazu auf das Buch des australischen Historikers Clark „Die Schlafwandler“. Auch heute muss man glauben, sagte Oskar Lafontaine, dass überall Schlafwandler am Werke sind, und die wichtigste Schlafwandlerin sitzt im Kanzleramt hier in Berlin in der Bundesrepublik Deutschland:

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Oskar Lafontaine: Mit Schlafwandlern meine ich all diejenigen, die nicht sehen wollen, was die Ursachen dieser Auseinandersetzung eigentlich sind. Und die eigentlichen Ursachen dieser Auseinandersetzung sind dieselben, wie diejenigen, gegen die damals Karl Liebknecht angekämpft hat. Die Ursache ist nach wie vor die, dass – wie es ein konservativer Sozialphilosoph einmal formuliert hat – Außenpolitik nichts anderes ist als der Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte. Und wenn man den Leuten etwas anderes einredet, es ginge um Freiheit und Demokratie etc., der ist ein Lügner. Wir müssen endlich erkennen, dass die Außenpolitik ein einziges Gebäude von Lügen ist. Und wir müssen diese Lügen durchbrechen! Der Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte ist die Ursache für die Brandherde in dieser Welt. Alles andere ist wirklich gelogen. In der Ukraine geht es natürlich auch um Rohstoffe und Absatzmärkte und um Gaslieferungen. 

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Ich habe vorhin gesagt, dass die größte Schlafwandlerin zur Zeit im Kanzleramt sitzt, und das hat sich gezeigt auf dem letzten Gipfel in Australien. Dort hat sie doch tatsächlich – und Sahra hat im Bundestag darauf hingewiesen – erklärt, sie hätte sich niemals vorstellen können, dass 25 Jahre nach dem Fall der Mauer es wieder ein Denken in Einflusssphären gibt, und dass das Völkerrecht wieder gebrochen wird. Man muss sich das einmal vorstellen: Jemand der das sagt, ist nicht im Irrenhaus, sondern er sitzt im Kanzleramt! So, als habe er überhaupt nichts von der Welt mitbekommen. Es ist unglaublich, was uns derzeit geboten wird. Da tobt in der ganzen Welt ein Kampf um Einflusssphären. Da erklären insbesondere die Schöpfer der amerikanischen Außenpolitik täglich – ob das nun Brzezinski oder Kissinger ist – dass die Vereinigten Staaten im Grunde genommen kämpfen um Einflusssphären. Das kann man überall nachlesen, dass die NATO-Osterweiterung nichts anderes war als ein Kampf um Einflusssphären. Gott sei Dank stehen mittlerweile in den USA Leute auf und sagen das, dass die ganzen Kriege der USA in den letzten Jahren unter dem Bruch des Völkerrechtes durchgeführt worden sind. Und da sitzt eine Frau im Kanzleramt und erzählt, sie hätte sich niemals vorstellen können, das es wieder ein Denken in Einflusssphären gibt und einen Bruch des Völkerrechts. Wo leben wir eigentlich? Wir müssen aufstehen gegen diese Volksverdummung, die mittlerweile stattfindet in Deutschland. Es ist unglaublich!

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Wir haben im Grundsatzprogramm der Partei Die Linke geschrieben, wir wollen die NATO ersetzen durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands. Und ich rufe hier noch einmal in Erinnerung, dass dieses Angebot, ein kollektives Vertragssystem der gegenseitigen Sicherheit zu schaffen, bestätigt und gefordert worden ist von Gorbatschow, ja selbst von Jelzin ist es gefordert worden, auch Putin hat sich diesem Gedanken angeschlossen. Aber wer kann sich damit nicht abfinden? Diejenigen, die nicht bereit sind, im Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte dem anderen das Feld zu überlassen. Sie wollen überhaupt kein diesbezügliches Engagement an dieser Grenze des ehemaligen Ost-West-Konfliktes. Sie wollen weiterhin destabilisieren und weiterhin die Interessen ihrer Konzerne durchsetzen. Um nichts anderes geht es. Wer das nicht begreift, versteht die gegenwärtige Situation nicht.

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Und es ist ja interessant, weil von der sozialdemokratischen Partei die Rede war, dass die ältere Generation das mittlerweile zumindest artikuliert. Und ich hätte mir niemals vorstellen können, dass ich heute hier Helmut Schmidt als Kronzeugen anführen muss. Ich muss Helmut Schmidt als Kronzeugen anführen, wenn er sagt, die NATO ist degeneriert zu nichts anderem als zu einer Organisation, die amerikanische Interessen in der ganzen Welt durchsetzt. Und er sagt, daher ist ein einziges zu tun: Die Bundesrepublik Deutschland muss aus der militärischen Infrastruktur der NATO ausscheiden, damit sie nicht in jeden US-Krieg verwickelt wird. Und es ist an der Zeit, dass das im Deutschen Bundestag begriffen wird, und dass auch einige in der Partei Die Linke es mal begreifen, dass die NATO schlicht und einfach ein Instrument der US-Interessenpolitik ist. 

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Es ist an der Zeit, dass die Schlafwandlerin im Kanzleramt das begreift: Es gibt in Europa keinen Frieden ohne Russland und gegen Russland!

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Diese abgrundtiefe Verlogenheit symbolisiert sich in einem Bild, wenn die Frau des US-Präsidenten hier in Berlin ist, dann geht sie an die Berliner Mauer und legt einen Blumenstrauß nieder. Und das deutsche Volk ist ergriffen und insbesondere die Bild-Zeitung heult Krokodilstränen. Ja, zunächst würde man ja sagen, ja Gott, diese Frau gedenkt dieser Toten. Aber ich muss doch sagen: Wenn diese Frau der Millionen Toten der US-Kriege gedenken würde, dann müsste sie über die ganze Welt fliegen und überall Rosen abwerfen, dann wäre ein Hauch von Wahrhaftigkeit in dieser Welt!

Unrechtsstaat – ja was ist denn das? Dass völkerrechtswidrig von diesem Lande (Deutschland!; Anmerkung IH) aus Drohnenkrieg geführt wird, der Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten von Amerika, wo Tausende ermordet werden, darunter viele unschuldige Menschen. Das ist Unrecht – himmelschreiendes Unrecht!

 

Und so weiter…. Jeder sollte sich diese bemerkenswerte und ausgezeichnete Rede und Aufforderung zum Aufwachen bis zum Ende hin anhören. Was Oskar Lafontaine in dieser Rede mit Recht beklagt, ist etwas, auf das ich hier auf Umkreis-Online immer wieder hingewiesen habe, nämlich diese schädliche Verfilzung zwischen Politik und Wirtschaft.

Oskar Lafontaine: Außenpolitik nichts anderes ist als der Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte

Und

Der Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte ist die Ursache für die Brandherde in dieser Welt. Alles andere ist wirklich gelogen.

Was Oskar Lafontaine hier zutreffend als Krankheitssymptome der heutigen sogenannten modernen westlichen Gesellschaften beschreibt, ist die Verflechtung und Verbindung von Wirtschaft und Politik. Als Konsequenz müsste daher die Trennung von Wirtschaft und Politik gefordert werden. Die Politik darf eben überhaupt nichts mehr zu tun haben mit einem Verfolgen von wirtschaftlichen Interessen, mit einem Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte.

Daher ist es so ungemein tragisch, dass sich die deutsche Wirtschaft in diesem Konflikt mit Russland – der nicht von Russland angezettelt wurde! – unter das „Primat der Politik“ stellte, siehe dazu hier:

Die dumme deutsche Politik will einen Wirtschaftskrieg gegen Russland – Und die dumme deutsche Wirtschaft macht mit – Zum überholten Primat der Politik

 

Oskar Lafontaine steht – wie so viele andere – ganz nahe vor der Forderung nach einer Sozialen Dreigliederung, das heißt der Forderung nach einer Gliederung des sozialen Organismus in die drei souveränen und selbstständigen Gebiete der Politik, des Wirtschaftsleben und eines freien Geisteslebens. Gerade eben hatte ich in einem anderen Beitrag darauf verwiesen, dass Professor Josef Foschepoth dasselbe fordert beziehungsweise auf die gefährliche Versäulung unserer Gesellschaft hinweist, in der Wirtschaft und Politik zu einer Einheit verschmolzen sind, sie hier:

Der Historiker Josef Foschepoth zur geheimdienstlichen Überwachung Deutschlands – Ursache und Ausweg

 

Diese „Versäulung“ wird letztlich alles kulturelle Leben in den Abgrund reißen, wenn nicht die richtigen Konsequenzen aus diesen zutreffenden Krankheitsbeschreibungen, wie sie Foschepoth und hier wieder Oskar Lafontaine geben, gezogen werden.

Es ist ausgesprochen bemerkenswert, wie die Besten unserer Gesellschaft doch in ihren Analysen sehr klar sehen hinsichtlich der Gründe für die heutigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verwicklungen. Und diese Analysen und Gründe deuten eben – wenn man nicht beide Augen fest zumachen und nicht weiter „schlafwandeln“ will – auf die Soziale Dreigliederung. Hier Rudolf Steiners Kurzbeschreibung und hier die diversen Artikel auf Umkreis Online dazu.

 

 

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