Aus Nr. 174 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 283:
Ich habe in meinem Buche «Vom Menschenrätsel» als einem derjenigen Geister, die aus gewissen Grundlagen heraus zum Spirituellen hingearbeitet haben, wenn auch noch in einer abstrakten Form, den Karl Christian Planck behandelt. Ich habe über Karl Christian Planck nicht nur in diesem Buche geschrieben, sondern in einer ganzen Anzahl von Städten in den letzten Wintern ziemlich ausführlich über Karl Christian Planck gesprochen, auch hingewiesen darauf, wie er verkannt worden ist, wie er missverstanden worden ist, hingewiesen vor allen Dingen auf einen Umstand. Auf den Umstand habe ich scharf hingewiesen, dass dieser Mann in den achtziger, siebziger, sechziger, fünfziger Jahren in Bezug auf die Zusammenhänge des industriellen und sozialen Lebens Dinge gedacht hat, die notwendig waren durchzuführen. Wenn dazumal irgend jemand sich gefunden hätte, der mit Verständnis dasjenige in die Praxis des sozialen Lebens umgesetzt hätte, was der Mann Großes an Ideen, an wirklichkeitsfreundlichen Ideen geleistet hat, dann – ich sage nicht zuviel – wären wahrscheinlich diese Leiden, die jetzt die Menschheit trägt, nicht über die Menschheit gekommen, die ja doch zum großen Teile damit zusammenhängen, dass die Menschheit in einer ganz falschen sozialen Struktur drinnenlebt. Ich habe darauf hingewiesen, wie es eine Pflicht ist, die Menschen nicht dahin kommen zu lassen, wo Karl Christian Planck hingekommen ist, der zuletzt ganz und gar entfremdet war aller Liebe zur Welt der äußeren physischen Wirklichkeit. Planck war Schwabe und hat in Stuttgart gelebt, ist in Tübingen zurückgewiesen worden von der Philosophie-Dozentur, die ihm die Möglichkeit geboten hätte, ein wenig zu wirken, und ich habe mit voller Absicht darauf hingewiesen, dass der Mann schließlich in seinem «Testament eines Deutschen» dazu gekommen ist, in der Vorrede zu sagen:
«Nicht einmal meine Gebeine sollen in dem undankbaren Vaterlande liegen.»
Es war das ein scharfes Wort. Es ist eben ein Wort, zu dem Leute in der Gegenwart kommen können gegenüber dem Stumpfsinn der Menschen, die gerade das nicht einsehen wollen, was wirklichkeitsfreundlich ist. Ich habe es absichtlich in Stuttgart zitiert, dieses Wort von den Gebeinen, denn das ist ja das engere Vaterland Plancks gewesen. Es war im wesentlichen damals auch nicht viel Reaktion da, trotzdem schon die Ereignisse da waren, die zeigten, wie sehr man Grund gehabt hätte, die Dinge zu verstehen.
Jetzt dagegen, nach etwa anderthalb Jahren, geht folgende Notiz durch die schwäbischen Zeitungen:
«Karl Christian Planck. Nicht etwa nur ein Einzelner, sondern mancher weitblickende Geist hat den gegenwärtigen Weltkrieg vorausgesehen. Aber keiner hat seinen vollen Umfang so sicher geahnt und zugleich seine Ursachen und Wirkungen so scharf erfasst wie unser schwäbischer Landsmann Planck.»
Ich habe dazumal gesagt: So genau hat Karl Christian Planck diesen Weltkrieg vorausgesehen, dass er sogar ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass Italien nicht auf der Seite der Mittelmächte stehen wird, trotzdem damals das Bündnis noch nicht geschlossen war, sondern man erst hinsteuerte darauf, als er den Ausspruch getan hatte.
«Ihm erschien dieser Krieg als das unvermeidliche Ziel, dem die politische und wirtschaftliche Entwickelung des letzten halben Jahrhunderts zusteuern musste.»
Das ist wirklich so!
«Wie er aber die Schäden seiner Zeit aufgedeckt, so hat er zugleich den Weg gewiesen, der uns zu anderen Zuständen führen kann.»
Das ist das Wichtige! Nur hat keiner gehört!
«Bei ihm erfahren wir den tieferen Grund des Kriegswuchers und anderer schwarzer Flecken, die neben so vielem Schönen und Erfreulichen in dem Bilde des heutigen Volkslebens sich zeigen. Er kennt aber auch die tieferen inneren Kräfte des Volkslebens und weiß, wie sie freigemacht werden können, um die sittliche und rechtliche Erneuerung zu schaffen, nach der unsere Besten sich sehnen. Trotz aller schmerzlichen Enttäuschung, die seine Zeitgenossen ihm bereiteten, hat er an diese Kräfte und ihr siegreiches Hervorbrechen geglaubt.»
Nur ist er bis zu einem solchen Ausspruch gekommen, wie ich ihn zitiert habe!
«Es wird daher in weiteren Kreisen dankbar begrüßt werden, dass die Tochter des Philosophen nächstens in mehreren öffentlichen V orträgen eine Einführung in die sozial-politischen Gedanken Plancks bieten will.»
Es ist interessant, dass nunmehr die Tochter des Philosophen auftritt nach anderthalb Jahren. Diese Notiz ist in einer Stuttgarter Zeitung erschienen. Dazumal, als von meiner Seite auf den Philosophen Karl Christian Planck in Stuttgart möglichst deutlich hingewiesen worden ist, hat überhaupt niemand Notiz genommen, hat sich auch niemand gedrängt gefühlt, das irgendwie bekanntzumachen. Anderthalb Jahre danach tritt die Tochter auf, die vermutlich bei dem Tode ihres Vaters, der 1880 erfolgt ist, auch schon gelebt hat, die also bis jetzt gewartet hat, um in öffentlichen Vorträgen für ihn einzutreten.
Das ist ein Beispiel, das man nicht verzehn-, sondern verhundertfachen kann, und aus dem immer wieder gezeigt wird, wie es schwierig ist, zugleich das Umfassende der Geisteswissenschaft und das einzelne Praktisch-Konkrete zur Geltung zu bringen, trotzdem natürlich eine absolute Notwendigkeit dafür vorliegt. Denn nur durch das Umfassende der Geisteswissenschaft – das muss verstanden werden – ist eine Heilung möglich für dasjenige, was in der Kultur unserer Zeit lebt.
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