Eurythmie ist anstrengend   

 

von Stella Hagel

 

Walter, vier Jahre, ist ein rundliches und etwas schwerfälliges Kind. Als ich in den Kindergartenraum komme, um die Kinder zur Eurythmie zu holen, klagt er: „Ach, wieder Eurythmie, ich mag nicht Eurythmie machen!“ Ich kann ihn ob seiner Schwere gut verstehen, denn ich konnte auch immer wieder beobachten, dass er sich absonderte und versuchte, der Anstrengung auszuweichen. Ich nehme ihn in den Arm und sage herzlich: „Das weiß ich, Walter, dass Du nicht so gerne Eurythmie machst, aber weißt Du, gerade Dir tut die Eurythmie so besonders gut. Versuch doch mal, Dich tüchtig anzustrengen und es ganz schön zu machen.“ Walter gibt sich wirklich Mühe und schlägt sich nicht einmal ins Abseits. Nach der Eurythmie, als die Kinder wieder im Kreis sitzen, und ich mich verabschiedet habe, ruft Walter mir nach: „Tschüss Frau Hagel und Dank noch für die schöne Eurythmie!“ 

Auch die sechsjährige Silke macht nicht gerne Eurythmie. Von Anfang an nicht, und da war sie erst drei Jahre alt. Ihr großer Bruder dagegen liebt die Eurythmie und lässt sich von gar nichts ablenken, egal was um ihn herum vor sich geht. Aber Silke und ich ringen jahrelang ums Mitmachen. Abgesehen davon entwickelt sich Silke sehr gut im Kindergarten. Nur für die Eurythmie hat sie eben nicht viel übrig. Eines Tages bricht es klar und deutlich aus hier hervor: „Frau Hagel, ich hasse die Eurythmie. Ich kann es fast nicht mehr aushalten!“ „Ja Silke“, sage ich und zeige ihr deutlich, dass ich wirklich nicht böse auf sie bin, und dass alles in Ordnung ist. „Ich weiß, dass Du die Eurythmie nicht magst. Aber jetzt hast Du es mir ganz deutlich gesagt, und jetzt machen wir trotzdem weiter, und Du brauchst es mir nicht wieder zu sagen, weil ich’s jetzt wirklich weiß.“ Seitdem macht Silke viel lieber und manchmal sogar richtig ausgelassen in der Eurythmie mit. 

Auch Heiner, groß, schwer, fast sieben Jahre und noch nicht lange im Waldorfkindergarten, verdreht, wie ich in den Raum komme, die Augen und stöhnt: „Ach, wieder Eurythmie!“ Ich: „Du Armer, jetzt musst Du dich wieder so anstrengen.“ Er seufzt tief: „Ja, jetzt muss ich mich wieder so schrecklich anstrengen.“ Ich, verständnisvoll: „Jetzt müssen wir uns alle anstrengen und es ist ja auch schwer, weil es in diesem Raum im Sommer immer so warm ist. Da strengt es auch mich viel mehr an.“ Wir hatten danach, trotz unserer Anstrengung eine schöne Eurythmiestunde und auch Heiner gab sich Mühe und wollte hinterher von mir sogar eine Bestätigung, dass er es gut gemacht hatte.