Rudolf Steiner: Durch den Willen vom Denken zum Erleben des Denkens

 

Aus Nummer 20 S. 161 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe.

Wer vom Träumen zum Wachen übergeht, der erfährt, wie der Wille eindringt in den Ablauf seiner Vorstellungen, während er im Träumen willenlos dem Ablauf der Bilder hingegeben ist. Was da durch unbewusste Vorgänge geschieht, kann auf einer anderen Stufe durch die bewusste Seelenverrichtung bewirkt werden. Der Mensch kann in das gewöhnliche bewusste Denken eine stärkere Willensentfaltung einführen, als in diesem im gewöhnlichen Erleben der physischen Welt vorhanden ist. Er kann dadurch vom Denken zum Erleben des Denkens übergehen. Im gewöhnlichen Bewusstsein wird nicht das Denken erlebt, sondern durch das Denken dasjenige, was gedacht wird. Es gibt nun eine innere Seelenarbeit, welche es allmählich dazu bringt, nicht in dem, was gedacht wird, sondern in der Tätigkeit des Denkens selbst zu leben. Ein Gedanke, der nicht einfach hingenommen wird aus dem gewöhnlichen Verlauf des Lebens (in dem man plötzlich vielleicht auch die Philosophie der Freiheit vor Augen hat; Anmerkung IH), sondern der mit Willen in das Bewusstsein gerückt wird, um ihn in seiner Wesenheit als Gedanke zu erleben, löst in der Seele andere Kräfte los als ein solcher, der durch auftretende äußere Eindrücke oder durch den gewöhnlichen Verlauf des Seelenlebens hervorgerufen wird. Und wenn die Seele in sich die im gewöhnlichen Leben doch nur in geringem Maße geübte Hingabe an den Gedanken als solchen immer erneut bewirkt – sich auf den Gedanken als Gedanken konzentriert -: dann entdeckt sie in sich Kräfte, die im gewöhnlichen Leben nicht angewendet werden, sondern gleichsam schlummernd (latent) bleiben. Es sind Kräfte, die nur im bewussten Anwenden entdeckt werden. Sie stimmen aber die Seele zu einem ohne ihre Entdeckung nicht vorhandenen Erleben. Die Gedanken erfüllen sich mit einem ihnen eigentümlichen Leben, das der Denkende (der Meditierende) verbunden fühlt mit seinem eigenen Seelenwesen. (Das hier gemeinte schauende Bewusstsein entsteht aus dem gewöhnlichen Wachbewusstsein nicht durch körperliche [physiologische] Vorgänge, wie das gewöhnliche Wachbewusstsein aus dem Traumbewusstsein. Beim Erwachen aus diesem in das Tagesbewusstsein hat man es mit einer sich verändernden Einstellung des Leibes im Verhältnis zur Wirklichkeit zu tun; beim Erwachen aus dem gewöhnlichen Bewusstsein zum schauenden Bewusstsein mit einer sich verändernden Einstellung der geistig-seelischen Vorstellungsart im Verhältnis zu einer geistigen Welt.) 

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