von Ingo Hagel
Wer das Denken beobachtet, lebt während der Beobachtung unmittelbar in einem geistigen, sich selbst tragenden Wesensweben darinnen. Ja, man kann sagen, wer die Wesenheit des Geistigen in der Gestalt, in der sie sich dem Menschen zunächst darbietet, erfassen will, kann dies in dem auf sich selbst beruhenden Denken.
Wir befinden uns mit Obigem im zweiten Teil der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners –
siehe zu dieser auch hier auf Umkreis-Online –
im neunten Kapitel, und ich setze voraus, dass der Leser vor diesem den ersten Teil so angemessen durchgearbeitet hat, dass er mit dem, was hier angeregt wird, nicht unvorbereitet in die Rubrik der „zuchtlosen Geister„ fällt, die Rudolf Steiner voraussah für diejenigen, die glaubten, sich um den begrifflich schwierigen –
oder „unangenehmen“, daher also „total überflüssigen“ – wie man will, beziehungsweise je nach Geschmack –
ersten Teil dieser „Philosophie der Freiheit“ –
überschrieben: „Die Wissenschaft der Freiheit“ –
herumdrücken zu können, um gleich und sofort der „Wirklichkeit der Freiheit“ –
wie der zweite Teil der „Philosophie der Freiheit“ überschrieben ist –
teilhaftig zu werden.
Auch aus diesem oben angeführten Abschnitt im zweiten Teil der „Philosophie der Freiheit“ kann mal wieder klar werden,
dass Rudolf Steiner hier durchaus von dem Gesichtspunkt aus schrieb, der in das Gebiet der
Wesenheit des Geistigen
das reale Geistige von Imagination, Inspiration, Intuition einschließt. Und zwar kennt der Autor der „Philosophie der Freiheit“ dieses Gebiet bereits im Jahre der Veröffentlichung dieses Buches so genau, dass er sagen kann, dass der Bewusstseinszustand des Lesers dieses Buches –
indem dieser erst einmal nur bis zu der an dieser Stelle angegebenen Höhe gelangt ist, auf der das Denken beziehungsweise die Wesenheit des Denkens beobachtet wird –
durchaus etwas ist, was dieser
Wesenheit des Geistigen
entspricht, aber eben erst einmal „nur“
in der Gestalt, in der sie sich dem Menschen zunächst darbietet. (Hervorhebung IH)
Man wird also sehr deutlich in den Zusammenhang von noch etwas anderem verwiesen, was nach diesem „zunächst“ sich als sich als weiter entwickelnde beziehungsweise als weiter entwickelte
Wesenheit des Geistigen
eröffnet.
Dass Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ diesen Bereich der höheren geistigen Wahrnehmung –
also: von Imagination, Inspiration, Intuition –
nicht aus-, sondern explizit einschloss, geht auch aus seinem Zusatz zum siebten Kapitel –
also dem Ende des ersten Teiles der „Philosophie der Freiheit“ –
zur Neuauflage 1918 hervor. Zwar war dies alles
mittelbar schon ausgesprochen in der ursprünglichen Darstellung dieser Schrift. Deren Verfasser fügt hier diese Erweiterung des Inhaltes an, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass mancher Leser nicht genau genug gelesen hat.
Rudolf Steiner behandelt in diesem Zusatz die Fantasien derjenigen, die glauben, sich der Wirklichkeit dadurch besser nähern zu können, in dem sie sich – nicht denkend – das begrenzte Wahrnehmungsinstrumentarium des Menschen erweitert vorstellen:
Nicht die phantastische Ausmalung, wie anders eine Welt für andere als die menschlichen Sinne aussehen müsste, kann den Menschen veranlassen, Erkenntnis zu suchen über sein Verhältnis zur Welt, sondern die Einsicht, dass jede Wahrnehmung nur einen Teil der in ihr steckenden Wirklichkeit gibt, dass sie also von ihrer eigenen Wirklichkeit hinwegführt.
Menschen, bei denen ein zu schwach ausgebildetes Denkvermögen –
und in dieser Situation ist einfach Jeder, der, ohne zum Beispiel durch die „Philosophie der Freiheit“ auf diesen Missstand aufmerksam gemacht worden zu sein, mit seinem gewöhnlichen Alltagsbewusstsein der Welt gegenübertritt –
von den Alles überwältigenden Eindrücken der Sinne immer wieder völlig an die Seite geschoben wird, erhoffen sich von dieser Erweiterung der menschlichen Sinne sehr viel. Aber Rudolf Steiner musste deswegen in seiner „Philosophie der Freiheit“ auf Folgendes hinweisen:
Die Vertiefung der Erkenntnis hängt von den im Denken sich auslebenden Kräften der Intuition (vergleiche Seite 95) ab. Diese Intuition kann in demjenigen Erleben, das im Denken sich ausgestaltet, in tiefere oder weniger tiefe Untergründe der Wirklichkeit tauchen. Durch die Erweiterung des Wahrnehmungsbildes kann dieses Untertauchen Anregungen empfangen und auf diese Art mittelbar gefördert werden. Allein niemals sollte das Tauchen in die Tiefe, als das Erreichen der Wirklichkeit, verwechselt werden mit dem Gegenüberstehen von weiterem oder engerem Wahrnehmungsbild, in dem stets nur eine halbe Wirklichkeit, wie sie von der erkennenden Organisation bedingt wird, vorliegt.
So wie auf dem Gebiete der physischen Sinneswelt trägt auch auf geistigem Gebiet alles das,
was an geistigen Wahrnehmungen nicht von dem intuitiv erlebten Gedanken durchdrungen wird, den illusionären Charakter der unwirklichen Unvollständigkeit (Hervorhebung IH):
Bedacht sollte auch werden, dass die Idee von der Wahrnehmung, wie sie in dieser Schrift („Philosophie der Freiheit“; Anmerkung IH) entwickelt wird, nicht verwechselt werden darf mit derjenigen von äußerer Sinneswahrnehmung, die nur ein Spezialfall von ihr ist. Man wird aus dem schon Vorangehenden, aber noch mehr aus dem später Ausgeführten ersehen, dass hier alles sinnlich und geistig an den Menschen Herantretende als Wahrnehmung aufgefasst wird, bevor es von dem tätig erarbeiteten Begriff erfasst ist. Um Wahrnehmungen seelischer oder geistiger Art zu haben, sind nicht Sinne von gewöhnlich gemeinter Art nötig.
Wie bereits gesagt: Alles das, was Rudolf Steiner in seiner „Philosophie der Freiheit“ zu dem Verhältnis von Wahrnehmung und Denken sagt, betrifft nicht nur das, was der Mensch in seinem gewöhnlichen Alltagsbewusstsein über die gewöhnlichen Sinne erlebt, sondern eben auch die
Wahrnehmungen seelischer oder geistiger Art,
zu denen der Mensch aber
nicht Sinne von gewöhnlich gemeinter Art nötig
hat.
Man muss sich wirklich fragen, warum Rudolf Steiner diese oben angeführten Aspekte
in seiner „Philosophie der Freiheit“ anführt, wenn diese doch überhaupt keine Beziehungen zu irgendwelchen übersinnlichen Wahrnehmungen, also
Wahrnehmungen seelischer oder geistiger Art,
schlagen will –
beziehungsweise in sich keine Möglichkeiten bietet, dorthin zu führen –
und wenn der Inhalt dieses Buches doch überhaupt nichts mit dem zu tun hat, was
nicht Sinne von gewöhnlich gemeinter Art
darstellt.
Oder anders gefragt: Könnte es nicht erheblich zu kurz und daher völlig daneben gegriffen sein, wenn man glaubt, die „Philosophie der Freiheit“ sei nur ein verzwicktes Rätselwerk –
für Leute die nichts Besseres zu tun haben, um ihre Zeit totzuschlagen und ihre überschüssigen Kräfte in ihren Gehirnwindungen zu besänftigen –
das sich mit völlig überflüssigen Fragen nach der menschlichen Freiheit beziehungsweise dem beschäftigt, was eigentlich Wirklichkeit darstellt, und ob es Grenzen der Erkenntnis gibt?
Könnte es nicht viel eher sein, dass diese „Philosophie der Freiheit“
nicht irgendein lästiges, intellektuelles, erkenntnistheoretisches und noch dazu schwer verdauliches Überbleibsel aus Rudolf Steiners philosophischem Frühwerk darstellt –
das daher bedenkenlos und erleichtert aufatmend außer acht gelassen werden kann, weil der normale Mensch deren Spitzfindigkeiten und Haarspaltereien nun wirklich nicht bedarf –
sondern die bewusste gedankliche, erkenntnispraktische Grundlegung für alles dasjenige, was von ihm an übersinnlichen Darstellungen nach dieser Zeit vorgebracht worden ist.
Könnte es daher sein, dass diese „Philosophie der Freiheit“ das geistige Werkzeug zur Lösung all der Fragen an die Hand gibt, die sich der Mensch stellen muss, wenn er nicht völlig stumpf und oberflächlich gegenüber den Lebensrätseln empfindet, die man sich nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als im gewöhnlichen täglichen Leben stehender, aber geistig gesund empfindender Mensch stellen muss?
Könnte es daher sein, dass diese „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners die erste geistige, spirituelle Antwort auf diese
Wesenheit des Geistigen
gibt, aber eben – erst einmal – „nur“
in der Gestalt, in der sie sich dem Menschen zunächst darbietet. (Hervorhebung IH)
Könnte es daher sein, dass die „Philosophie der Freiheit“ einfach die allererste gedankliche und im gewöhnlichen Bewusstsein vollzogene und realisierte Stufe dessen darstellt, was, wenn es weiter entwickelt wird, eben die von Rudolf Steiner entwickelte anthroposophische Geisteswissenschaft beziehungsweise die dieser zugrunde liegenden Esoterik (geistig-übersinnliche Forschung) darstellt? Letztere werden zwar von den allermeisten Menschen, die sich etwas auf ihre angelernten wissenschaftlichen Kinkerlitzchen –
sowie verliehenen Titel: ab Bachelor aufwärts –
einbilden oder ansonsten von Hochmut angefressen sind, zwar verachtet und bekämpft, sie stellt aber einfach die Weiterentwicklung dessen dar, was in der „Philosophie der Freiheit“ von jedem Menschen, der erst einmal nichts mit Esoterik zu tun haben muss, streng wissenschaftlich auf real-gedanklichem Gebiet vollzogen werden kann. Was dann daraus weiter wird, wird sich schon ergeben.
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