von Ingo Hagel
Rudolf Steiner führt – auch und nur zum Beispiel – hier in dieser GA 21 aus –
das heißt in einem seiner öffentlichen und daher vorrangig an die nicht-anthroposophische Öffentlichkeit gerichteten Bücher –
dass „alle Stufen des seelischen Erfahrens“ als etwas rein Seelisches – also nichts körperlich Bedingtes – zu erleben ist:
Der Einsichtsvolle sollte vielmehr erkennen, daß alle Stufen des seelischen Erfahrens, welche der Mensch im Sinne der Anthroposophie auf dem Wege zur Geist-Anschauung erlebt, in einem Gebiete liegen, das ganz nur seelisch ist, und neben dem das Erleben der Sinne und die gewöhnliche Verstandestätigkeit unverändert so verlaufen, wie sie vor der Entstehung dieses Gebietes verlaufen sind. Daß gerade in Bezug auf diese Seite der anthroposophischen Erkenntnis viele Missverständnisse herrschen, rührt davon her, daß es manchen Menschen Schwierigkeiten bereitet, ein rein Seelisches in den Bereich ihrer Aufmerksamkeit zu ziehen.
Eine dieser Stufen des „seelischen Erfahrens“ ist eben auch Rudolf Steiners „Philosophie der Freiheit“ –
siehe dazu auch hier auf Umkreis-Online –
die er auch in diesen Vorträgen der im Folgenden erwähnten GA 335 als eines der Heilmittel für die sozialen Nöte der Zeit hervorhebt.
Dieses rein seelisch zu Erlebende kann also nicht ein Produkt des Leibes sein,
wenn man nicht immer weiter Materialist sein will.
Rudolf Steiner dazu in diesen ebenfalls öffentlichen Vorträgen des Jahres 1920 in Stuttgart:
Wenn ein Mensch sich heute durch nichts anderes ausbildet als durch das, was ihm zufließen kann aus dem Traditionellen der Bekenntnisse und aus der neueren naturwissenschaftlichen Ideenwelt, wenn er seine Gedankenformen des Alltags auf nichts anderes gründet als auf dasjenige, was er aus den Darstellungen naturwissenschaftlicher Weltanschauung, aus der populären Literatur, aus der Literatur überhaupt, aus Journalismus und Zeitungswesen hat, dann, meine sehr verehrten Anwesenden, dann wird der Mensch Materialist. Warum wird er Materialist? Er wird Materialist aus dem Grunde, weil er sein Denken ja nicht befreit von der Leiblichkeit, weil er nicht danach trachtet, jenen Quell in seiner Seele zu finden, der loslöst die Seele von der Leiblichkeit; dadurch aber verfällt der Mensch im Leben in Abhängigkeit von der Leiblichkeit.
Und man lese auch die weiteren Ausführungen, um ein wenig eine Ahnung zu bekommen, was mit diesem Materialismus alles noch an Misslichkeiten im sozialen Leben der Menschen zusammenhängt – und wie Rudolf Steiner sich dessen Überwindung dachte.
Aber das zu realisieren und den Materialismus damit zu überwinden ist nicht so einfach,
wie Mancher sich das vielleicht aus den Denk- und sonstigen Gewohnheiten der heutigen Zeit erhofft. Vor allem sollte auch die Anthroposophie nicht mit dem Leib gedacht werden, weil es diesen dann noch stärker ruiniert als alles andere Denken an der Sinneswelt entlang.
Aber – wie immer mal wieder hier auf Umkreis-Online gesagt: Man hat erst einmal nichts Anderes als seinen materialistischen Kopf, und mit dem muss man also erstmal an die Sache ran. Aber dieser Kopf wird schon auch seine Ergänzung erfahren, indem zu dessen Erlebnis- und Wahrnehmungsbereich das hinzukommt, was der ganze Mensch geistig erleben kann. –
Alle sinnliche Wissenschaft muss mit dem Leib gedacht werden. Aber die Gedanken der modernen Geisteswissenschaft, der Anthroposophie, sind etwas Leibfreies und müssen auch als solches angestrebt werden. Man muss daher diese beiden Dinge –
einem Denken mit und einem ohne den Leib –
auseinanderhalten und jedes für sich realisieren können. Man muss zwischen diesen beiden Denkweisen hin- und herwechseln können.
Immer wieder spricht Rudolf Steiner mit Blick darauf auch von einem „Ruck“,
durch den man sich von der einen Denkweise in die andere hineinbewegt. Allerdings ist diese Charakterisierung auch nur ein Hinweis, in welche Richtung man selber zu suchen haben wird, und keine Coffee-to-go-Angelegenheit, die man nun bequem nach Hause tragen kann.
Man muss lernen, Anthroposophie denken zu können, allerdings ohne dass man verlernt, mit dem Kopf die Dinge dieser Sinneswelt auffassen und differenziert verarbeiten zu können. Und man darf nicht glauben, dass das so „auf die Schnelle“ zu realisieren ist. Das Ganze ist ein oftmals sehr schmerzvoller Prozess – und umso schmerzvoller, weil, so wie die sozialen Verhältnisse leider nun mal geartet sind, man kaum einen Menschen treffen wird, der einem in dieser doch so lebenswichtigen Angelegenheit eine verständnisvolle Hilfe sein kann.
Ist man von seiner Konstitution her so geartet, dass man nur mit dem Leib denken kann,
dann lebt man in dem Empfinden, dass es so Etwas wie die Gedanken der Anthroposophie doch gar nicht geben kann – jedenfalls könne so Etwas doch Keiner nachdenken. Es gehört eben sehr viel Arbeit und Bemühung und innere Denkaktivität dazu, um dieses an den Leib gefesselte Denken aus diesem Leib zu befreien. Will man diese innere Denkaktivität nicht auf sich nehmen, weil man ja das feste Empfinden hat, dass das nicht geht –
was durchaus zutrifft, was aber nur den momentanen Status Quo der eigenen Konstitution beschreibt –
dann bleibt es eben dabei. Die übergroße Mehrzahl der heutigen Menschen gehört in diese Kategorie der zu fest und zu einseitig mit dem Leib verbundenen geistigen Konstitutionen, die die Grundlage des Materialismus abgeben.
Und dann lese man – heute – mit Blick auf die heutigen (!) sozialen Verhältnisse
doch auch einmal die Einleitung dieser öffentlichen Vorträge Rudolf Steiners über zum Beispiel die Ausführungen des bis heute sehr bekannten und geschätzten Ökonomen John Maynard Keynes –
der lange Zeit während des Krieges Delegierter beim britischen Schatzamt war sowie Teilnehmer „der englischen Delegation beim Versailler Friedensschluß, bis er sein Amt niedergelegt hat, weil er von den Verhandlungen in Versailles im höchsten Maße enttäuscht worden ist im Juni 1919.„
über die Verhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg in Versailles. Keynes berichtet über den völlig inkompetenten – aber von Allen angebeteten – amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson –
den Rudolf Steiner an anderer Stelle einmal sogar als „schwachsinnig“ bezeichnete, was Keynes vom Phänomen her bestätigte –
sowie der anderen Staatenlenker, die in der einen oder anderen Weise von völlig rückwärtsgewandten oder egoistischen Motiven getrieben waren.
Und wenn man das gelesen hat, dann frage man sich doch einmal,
ob es nicht auch heute unglaubliche Parallelen und Ähnlichkeiten zu den damals von Rudolf Steiner vorgebrachten Charakteristika gibt – nicht nur mit Blick auf schwachsinnige amerikanische Präsidenten, sondern auch mit Blick auf sonstige in hohen und höchsten Position stehende Lenker der verschiedenen sozialen Gemeinwesen. Eine Überwindung dieser katastrophalen Zustände wird es nur durch eine Überwindung des Materialismus geben. Wie ich oft hier gesagt habe auf Umkreis-Online: Ihr müsst es selber machen! Keiner wird es für Euch tun. Da steht sie also, die Aufgabe: den Materialismus zu überwinden und von dort aus den sozialen Organismus neu zu gestalten.
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