Lokführer

 

von Ingo Hagel 

 

Teil 14 der beliebten Artikelserie.

Teil 1: Große Liebe

Teil 2: Verschmähte Liebe

Teil 3: Überlegungen

Teil 4: Nichts hören

Teil 5: Gefangenschaft

Teil 6: Anspruchslosigkeit

Teil 7: Klassenkampf

Teil 8: Die gute alte Zeit

Teil 9: Völkerwanderung

Teil 10: Endspiel

Teil 11: Eiswürfel

Teil 12: Irrtümer

Teil 13: Zukunft

Teil 14: Lokführer

Teil 15: Fassungslos

Teil 16: Ablehnung

Teil 17: Verhältnisse

Teil 18: Enge

Teil 19: Einschränkung

Teil 20: Urbanisierung

Teil 21: Wund

Teil 22: Mensch

 

 

Im letzten Beitrag gab es diesen Absatz hier:

„Das System“ fördert und päppelt geistig wertlose und/oder inkompetente Leute, 

Dafür ist der verzweifelte Brief dieses wackeren Lokführers –

schiebt mehr als 400 Überstunden vor sich her, fühlt sich ausgequetscht wie eine Zitrone und von der Deutschen Bahn „behandelt wie der letzte Dreck“ –

wirklich nur ein Beispiel für so vieles Andere, und nur ein Vorgeschmack auf noch vieles andere Kommende. Der Lokführer schrieb:

Leider befindet sich dieser lesenswerte Brief in der FAZ nur hinter einer Paywall:

Was haben wir nicht alles an Umstrukturierungen über uns ergehen lassen müssen. Sie haben es von Mal zu Mal verschlimmert. Externe Beraterfirmen wurden hinzugezogen, die von der Eisenbahn nicht den blassesten Schimmer haben. Deswegen habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, dass unsere „studierte Elite“ Nicht mehr die Fähigkeiten besitzt, die anstehenden Probleme adäquat zu lösen. Sie können alles nur aus der Theorie. Es fehlt das praktische Wissen. Nach drei Jahren sind sie wieder weg, sie identifizieren sich nicht mit der Bahn. Der Scherbenhaufen, den sie aber hinterlassen haben, ist noch da. Dann kommt der nächste mit einer anderen Wahnsinnsidee.

Inzwischen habe ich viel zu oft eine 6-Tage-Woche mit bis zu 55 Stunden Arbeitszeit. Mehr als 400 Überstunden (andere haben bis zu 700), die ich vor mir her schiebe, sind das Ergebnis von chronischen Personalmangel – wegen jahrelanger verfehlter Personalpolitik. Ich fühle mich ausgequetscht wie eine Zitrone. Den Druck vom Arbeitgeber empfinde ich als erheblich, über Nacht kommen Schichten an RuheTagen auf mich zu. Da heißt es: Es waren noch Schichten offen, du „musst“ fahren.

Mein letzter Krankentag war im Februar 2004, also vor 15 Jahren (dass der Krankenstand beim Fahrpersonal so hoch ist, sollte doch zu denken geben), seitdem komme ich brav jeden Tag auf die Arbeit. Ich bin frustriert, demotiviert, übermüdet, ich schleppe mich von Schicht zu Schicht. Ich fühle mich als verbeamteter Lokführer bei der Deutschen Bahn behandelt wie der letzte Dreck.

Wenn das Netz privatisiert und aus dem Konzern herausgelöst wird, wie es Herr Hofreiter von den Grünen und andere Unwissende fordern, werden wir ein blaues Wunder erleben. Die Eisenbahn ist ein Verbundsystem, wo ein Rädchen in das andere greift. Es funktioniert nur reibungslos, wenn alles zusammenbleibt.

… 

 

Dann kommt aber folgender Absatz und Vorschlag dieses wackeren Lokführers, der belegt, 

dass er nach all der guten Diagnose zu keiner wirksamen Therapie kommen kann:

Wo liegt die Lösung des Problems? Ich habe leider keine Patentlösung parat, nur Ansätze. Veränderungen fangen im Kleinen an. Des Deutschen liebstes Kind ist das Auto. Wir brauchten einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass der Bahn absoluter Vorrang eingeräumt wird. Nur die Mehrheit kann in der Demokratie etwas erreichen. Da ein Volksbegehren schlechte Chancen hat, geht es nur über unsere Abgeordneten. Die Mehrheit von uns müsste zum Wahlkreis Abgeordneten gehen und Dampf machen. Dann ändert sich vielleicht etwas, denn der Herr oder die Frau Abgeordnete will garantiert wieder gewählt werden.

Der wackere Lokführer ruft zwar “die Mehrheit” an, denn nur sie könne “in der Demokratie etwas erreichen”. Er gibt aber gleichzeitig zu, dass über die Mehrheit eines Volksbegehrens kaum etwas zu erreichen sein wird –

was ja doch soviel heißt, dass den Menschen dieses Problem noch nicht genügend auf den Nägeln brennt, dass sie dafür genügend Druck machen würden. –

Auch hält er von den Abgeordneten nicht viel –

zutreffenderweise, denn diese haben – neben vielen anderen beachtlichen „Leistungen“ – ja die Bahn in diese missliche Situation gebracht – Beispiel Anton Hofreiter von den Grünen –

aber nun will er doch tatsächlich die Rettung der Bahn von diesen Abgeordneten durchführen lassen. Der wackere Lokführer ist eben – wie so viele Andere auch – noch völlig in den Denkschablonen des alten, überkommenen Einheitsstaates befangen. Aber er ist so langsam dabei, aus dem ganzen Elend und aus seiner Seelennot heraus, zu einem größeren, umfassenderen Blick aufzuwachen, der doch vieles in diesem niedergehenden Bad Deutschburg schärfer ins Auge fassen kann.

 

Dabei kann die Lösung doch wirklich nur in dem liegen, was ich hier immer wieder als Soziale Dreigliederung beschreibe –

mehr dazu zum Beispiel hier und hier und hier auf Umkreis-Online –

also hier in diesem Falle die Trennung von Politik und Wirtschaftsleben: Stellt das Wirtschaftsleben auf eigene Füße, indem ihr es von der Gängelung der Politik befreit, und ihr werdet sehen, wie gut die Wirtschaft –

also hier in diesem Falle die Deutsche Bahn –

die vielen von dem Lokführer genannten Probleme wird lösen können.

– Befreit zweitens die Politik von dem Druck des Wirtschaftslebens.

– Sorgt drittens für ein eigenes, unabhängiges freies Geistesleben, wozu natürlich auch ein von der Politik unabhängiges Schul- und Ausbildungssystem gehören wird. Tüchtige Ingenieure und Mitarbeiter bei der Deutschen Bahn – nur zum Beispiel – werden es euch danken.

Ihr müsst es selber machen, auf allen Gebieten dieses niedergehenden Deutschlands! Wenn ihr es nicht selber macht, dann macht es kein Abgeordneter, kein Parlamentarier, kein Politiker, kein Experte für euch. An Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, in Firmen und Unternehmen: ihr müsst es selber machen! Das alte Parteiensystem ist am Ende. Organisiert euch.

Bis dahin werden die Leute immer fassungsloser vor dem Niedergang dieser Bad Deutschburger Republik stehen.

 

 

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