Rudolf Steiner: Das Denken ist imstande, Fäden zu ziehen von einem Beobachtungselement zum andern

 

Aus Nr. 4 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 60 (Hervorhebung IH):

Darauf beruht die Doppelnatur des Menschen: er denkt und umschließt damit sich selbst und die übrige Welt; aber er muss sich mittels des Denkens zugleich als ein den Dingen gegenüberstehendes Individuum bestimmen. 

Das nächste wird nun sein, uns zu fragen: Wie kommt das andere Element, das wir bisher bloß als Beobachtungsobjekt bezeichnet haben, und das sich mit dem Denken im Bewusstsein begegnet, in das letztere? 

Wir müssen, um diese Frage zu beantworten, aus unserem Beobachtungsfelde alles aussondern, was durch das Denken bereits in dasselbe hineingetragen worden ist. Denn unser jeweiliger Bewusstseinsinhalt ist immer schon mit Begriffen in der mannigfachsten Weise durchsetzt. 

Wir müssen uns vorstellen, dass ein Wesen mit vollkommen entwickelter menschlicher Intelligenz aus dem Nichts entstehe und der Welt gegenübertrete. Was es da gewahr würde, bevor es das Denken in Tätigkeit bringt, das ist der reine Beobachtungsinhalt. Die Welt zeigte dann diesem Wesen nur das bloße zusammenhanglose Aggregat von Empfindungsobjekten: Farben, Töne, Druck-, Wärme-, Geschmacks- und Geruchsempfindungen; dann Lust- und Unlustgefühle. Dieses Aggregat ist der Inhalt der reinen, gedankenlosen Beobachtung. Ihm gegenüber steht das Denken, das bereit ist, seine Tätigkeit zu entfalten, wenn sich ein Angriffspunkt dazu findet. Die Erfahrung lehrt bald, dass er sich findet. Das Denken ist imstande, Fäden zu ziehen von einem Beobachtungselement zum andern. Es verknüpft mit diesen Elementen bestimmte Begriffe und bringt sie dadurch in ein Verhältnis. Wir haben oben bereits gesehen, wie ein uns begegnendes Geräusch mit einer anderen Beobachtung dadurch verbunden wird, dass wir das erstere als Wirkung der letzteren bezeichnen. 

Wenn wir uns nun daran erinnern, dass die Tätigkeit des Denkens durchaus nicht als eine subjektive aufzufassen ist, so werden wir auch nicht versucht sein zu glauben, dass solche Beziehungen, die durch das Denken hergestellt sind, bloß eine subjektive Geltung haben. 

Es wird sich jetzt darum handeln, durch denkende Überlegung die Beziehung zu suchen, die der oben angegebene unmittelbar gegebene Beobachtungsinhalt zu unserem bewussten Subjekt hat. …

 

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