Christoph Hörstels Partei Deutsche Mitte kann sich nicht entscheiden zwischen der Dreigliederung Rudolf Steiners und der Viergliederung nach Johannes Heinrichs

 

 

von Ingo Hagel 

 

 

Christopher Hörstel schreibt gerade in einem Artikel zu der von ihm gegründeten Partei „Deutsche Mitte“:

Im vorliegenden Aufsatz der so häufig sehr verdienstvollen Wissensmanufaktur erscheint am Ende plötzlich die Idee einer sachlich und fachlich beschränkten Legislative, während andere Modelle, die wir zum Beispiel in der Deutschen Mitte adaptieren, gar nicht erwähnt werden: Viergliederung nach Johannes Heinrichs und Dreigliederung nach Rudolf Steiner sind nicht integriert. 

Meine Leser dürften wissen, dass ich Christoph Hörstel und seine engagierten, kenntnisreichen und mutigen politischen Analysen ausgesprochen schätze. Wer aber in einer politischen Gruppierung so gleichgültig diese beiden Modelle einer Dreigliederung und einer Viergliederung nebeneinander stehen lassen kann, der hat von beiden nichts verstanden. Dass die Partei „Deutsche Mitte“ von der Sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners wohl wirklich nichts verstanden hat, ergibt sich zum Beispiel aus folgendem Abschnitt:

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen sich so zusammenraufen, dass keiner an die Wand gequetscht wird. Einen Gegensatz zwischen Bauern und Industrie oder Handwerk und Massenfabrikation werden wir nicht aufkommen lassen, wir werden die Probleme untereinander lösen – und dann allgemeinverträglich einbringen. 

Die Partei „Deutsche Mitte“ sieht sich allen Ernstes als gutes Bindeglied zwischen Wirtschaftsleben und Politik. Das heißt, sie kann aus der heutigen unheilvollen Verfilzung zwischen Wirtschaftsleben und Politik nur den einzigen Schluss ziehen, dass sie diese Verbindung besser organisieren würde. Das zeugt von unheilvollen Illusionen. Man hat also aus dem heutigen gesellschaftlichen Desaster nichts gelernt. Nicht eine „gute“ und „verständnisvolle“ Verbindung zwischen Politik und Wirtschaftsleben ist gefragt (endlich realisiert durch die Deutsche Mitte….), sondern eine radikale Trennung dieser beiden Gebiete in selbstständige und souveräne Bereiche des gesellschaftlichen Lebens durch die Soziale Dreigliederung.

Im einem meiner letzten Artikel schrieb ich zu dieser Sozialen Dreigliederung:

Ein Aufwachen wird letztlich nur darin bestehen können, dass dieser korrupte und bankrotte Parlamentarismus reformiert wird in ein eigenständiges, souveränes, das heißt vom Wirtschaftsleben und seinen Lobbyisten unabhängiges Rechtsleben (Politik), das sich sowohl aus den Angelegenheiten des zweiten sozialen Gliedes der Gesellschaft, nämlich der Wirtschaft, als auch aus den kulturell-geistigen Angelegenheiten des dritten Gliedes einer Gesellschaft (Kultur, Ausbildung, Schule, Universitäten und so weiter) vollständig heraushält.

Dem Wirtschaftsleben als eigenständigem und souveränen Glied eines sozialen Lebens wird man die Politik nicht mehr vorschreiben können, mit wem es Handel treiben darf und mit wem nicht. Wirtschaftssanktionen gegen zum Beispiel Russland wird die Politik nicht mehr anordnen können. Auch Rettungen von Banken und Unternehmen, die ruinös gewirtschaftet haben, wird es nicht mehr geben (mehr zur Sozialen Dreigliederung zum Beispiel hier und hier und hier auf Umkreis-Online).

Christoph Hörstel kritisiert an den „Libertären“, dass sie „allen Ernstes Banken für „überreguliert““ halten. Was natürlich soviel heißt, dass die Deutsche Mitte die Banken sehr wohl und stärker regulieren würde. Was natürlich wiederum heißt, dass jemand, der so etwas schreibt, von der Sozialen Dreigliederung keine Ahnung hat. Denn in einer solchen dreigegliederten gesellschaftlichen Ordnung würde die Politik niemals regulierend in das Wirtschaftsleben eingreifen. Wirtschaftsleben und Politik (Rechtsleben) wären nämlich zwei völlig getrennte und souveräne Bereiche, die sich selbst regulieren. Die Politik würde nicht dem Wirtschaftsleben vorschreiben, wie es zu wirtschaften hätte. Und das Wirtschaftsleben würde niemals, wie es ja heute gang und gäbe ist, durch ihre Lobbyisten und Anwaltskanzleien der Politik die Gesetze vorschreiben:

Willi Wimmer dazu: Sie kriegen ja heute in Berlin keinen Gesetzentwurf mehr formuliert, der nicht von amerikanischen Anwaltskanzleien geschrieben worden ist. Wir sind als Staat sowas von degeneriert, dass einem nur schlecht  werden kann, was die Wahrnehmung unserer eigenen Interessen anbetrifft.“

Die Politik würde aber auch niemals irgendeine Veranlassung sehen, Unternehmen des Wirtschaftslebens – wozu ja auch die Banken gehören – die schlecht gewirtschaftet haben und dem Ruin entgegentreiben, zu retten. Also: Eine radikale Trennung zwischen Politik (Rechtsleben) und Wirtschaftsleben ist angesagt – und dazu die Installierung eines freien Geisteslebens.

 

 

Soll eine politische Gruppierung, die für die Soziale Dreigliederung eintritt, sich überhaupt an Wahlen beteiligen?

Natürlich kann man sich fragen, wie man denn in der heutigen Zeit politisch aktiv werden soll, wenn man für die Soziale Dreigliederung eintreten will. Ist es überhaupt möglich, dies als eine politische Partei zu tun, indem man also an die bestehenden parlamentarischen Verhältnisse dieses Staates anknüpft – den es doch eigentlich in dieser Form des alten Einheitsstaates zu überwinden gilt? Ähnliche Fragen wurden bereits in der Zeit der damaligen Dreigliederungsbewegung an Rudolf Steiner gestellt. Er sagte dazu folgendes (Nr. 337a der Rudolf Steiner Gesamtausgabe):

Bezüglich der Beteiligung an den Wahlen möchte ich nur das folgende sagen: Natürlich kann man in abstracto durchaus sagen, an der Wahl sich beteiligen und ins Parlament eintreten und dort wirken, das stütze den gegenwärtigen Staat. – Das kann man nicht so ohne weiteres sagen. Ich will nicht einmal so stark pro oder contra sprechen; das hängt von den verschiedenen konkreten Verhältnissen ab, ob man sich an der Wahl beteiligt oder nicht. Aber wenn man streng die Dreigliederung auffasst, ist es prinzipiell nicht ganz richtig, sich nicht zu beteiligen am Parlament. Das prinzipiell Richtige, im Sinne der Dreigliederung konsequent gedacht, wäre: an den Wahlen sich beteiligen, so viele wählen lassen als gewählt werden können, ins Parlament eintreten und Obstruktion treiben bei allen Fragen, die sich auf Geistesleben und Wirtschaftsleben beziehen. Das würde konsequent im Sinne der Dreigliederung gedacht sein. Es handelt sich darum, abzugliedern den mittleren Teil, das Staatsleben. Das kann nur herausgeholt werden, wenn das andere links und rechts abgeworfen wird. Das kann man dann nicht anders tun, als indem man sich wirklich wählen lässt, eintritt und Obstruktion treibt bei alle dem, was verhandelt und beschlossen wird auf dem Gebiete des Geistes- und Wirtschaftslebens. Das wäre konsequent gedacht im Sinne der Dreigliederung des sozialen Organismus. Diese Idee ist etwas, was konsequent gedacht werden muss und auch konsequent in bezug auf konkrete Verhältnisse gedacht werden kann, weil sie aus der Wirklichkeit heraus gewonnen ist. 

Das Programm der „Deutschen Mitte“ ist ganz offensichtlich nicht aus der Wirklichkeit heraus gewonnen. Denn wenn diese Partei nun schon mal unbedingt als Drei- (oder Vier-?) Gliederungs-Partei ins Parlament will, dann sollte sie – im Sinne des oben Angeführten – konsequent sein und sagen, was sie dort tun will: Nämlich sich völlig zu beschränken auf das, was Rechtsleben (Politik) ist, und sämtliche anderen Dinge (Wirtschaftsleben, freies Geistesleben, d.h. Kultur, Schule, Ausbildung) an die entsprechenden Bereiche verweisen. Dass heißt, eine solche – wirkliche – Dreigliederungs-Partei, die nun schon mal ins Parlament gekommen ist, müsste alles blockieren und sich allem verweigern, auch öffentlichkeitswirksam – das muss natürlich entsprechend rübergebracht werden – was nicht in den Bereich des Rechtslebens (im Verständnis einer Dreigliederungspartei) fällt. Das wäre wirklich eine Tat und könnte viel für die Soziale Dreigliederung bewegen, wenn man nun schon mal dieses Thema für seine Partei in Anspruch nimmt und damit ins Parlament will.

 

 

 

 

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