Kategorie Ökologischer Landbau

Zum Kümmerwachstum des Ökologischen Landbaus

Die neuen Wachstumszahlen sind draußen. Die Medien berichten. Vielleicht sollte man sich innerhalb der Funktionäre der Ökologischen Landbaus einmal überlegen, warum dieses Projekt so wenig Gegenliebe findet sowohl bei den deutschen Landwirten als auch bei den deutschen Verbrauchern.

EU-Kommission verlängert Zulassung für Glyphosat – Und für die Zukunft und die Existenz des Ökologischen Landbaus schrillen noch einmal laut die Alarmglocken

Tja, so ist das halt, wenn eine nicht gewählte EU-Kommission, die sich auch um ein Europaparlament nicht kümmern muss, die Geschicke dieses Europa regiert. -  Aber ist das wirklich so schlimm? Es hat ja doch wirksame Möglichkeiten gegeben, um diesem Glyphosat in der Nahrung zu entkommen. Nur hat das keinen gekümmert hier in Bad Deutschburg.    

Alnatura wirkt … nicht überzeugend

Gerne gibt sich der Öko-Filialist Alnatura einen anthroposophischen Touch. In der neuen „einmaligen Sonderauflage“ des Heftes „Alnatura wirkt“ (Untertitel: „Sinnvolles für Mensch und Erde“) bekennt sich Alnatura-Chef Götz Rehn persönlich dazu: „Ich kann verschiedene Dimensionen der Wirklichkeit denken - neben der materiellen auch die lebendige, seelische, ideelle. Diese ganzheitliche Methode hat Rudolf Steiner, anschließend an Goethe und Schiller, als moderne Erkenntniswissenschaft entwickelt. Sie ist die Grundlage meiner „erweiterten“ Weltsicht.“ Diese „erweiterte Weltsicht“ steht allerdings in ziemlichen Kontrast zu einigen Inhalten dieses Alnatura-Heftes.

Biokäufer ernähren sich gesünder? Studie des Max-Rubner-Institutes lenkt vom Wesentlichen ab

Ende Juni 2010 wies das FIBL Deutschland auf den Abschluss der Nationalen Verzehrsstudie II des Max-Rubner-Institutes hin, die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) gefördert wurde. Diese Studie könnte allerdings für die Biobewegung zum Problemfall werden, da sie den Blick vom Wesentlichen ablenkt. Gemäß der Studie ernährten sich Biokäufer gesünder als Nicht-Biokäufer. "Sie verzehrten mehr Obst und Gemüse und weniger Fleisch und Wurstwaren als Nicht-Biokäufer. Auch Süßwaren und Limonaden wurden weniger konsumiert. Biokäufer rauchten weniger und waren sportlich aktiver als Menschen, die keine Biolebensmittel kauften." Aber ist dieses Ergebnis wirklich eine Überraschung? Daher muss man aus diesen bisher bekannt gewordenen Ergebnissen (der Endbericht der Studie wird erst im August 2010 erwartet) sagen, dass mit diesem Projekt leider die Chance vertan wurde, mit den vorhandenen sicher nicht unerheblichen Forschungsmitteln (angesichts einer aufwendigen Befragung von immerhin 14.200 Menschen!) innerhalb eines spezifisch auf die Belange und Bedürfnisse des Ökologischen Landbaus ausgerichteten Forschungsförderungsprogramms (es handelte sich um ein Forschungsprojekt „im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau“!) sinnvollere und für die Zukunft des Ökologischen Landbaus wichtigere Fragen zu bearbeiten. Dazu gehört, den tatsächlichen Einfluss einer Ernährung mit Ökoprodukten auf das Wohlbefinden des Menschen im weitesten Sinne zu untersuchen. Über diese fragwürdige Mittelverwendung hinaus wäre es fatal, wenn diese Nationale Verzehrsstudie II in Zukunft zu dem (falschen) Urteil verführte, jegliches berichtete bessere Wohlbefinden von Biokonsumenten beruhe nicht primär auf realen Qualitätsunterschieden der verzehrten ökologischen Produkte, sondern auf den in dieser Studie herausgearbeiteten sekundären Einflüssen des Bio-Käufer-Lifestyles (gesündere Ernährung und Lebensweise).

Anmerkungen zur Pressemitteilung des BÖLW zur Studie der Stiftung Warentest

Wie auf Umkreis-Online bereits berichtet, hatte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zu der Studie der Stiftung Warentest zur Qualität von ökologischen und konventionellen Produkten nicht viel Substanzielles beizutragen: Nicht direkt, sondern nur indirekt – das heißt über Umwelt- und Naturschutz – besäßen Lebensmittel aus ökologischem Anbau eine Gesundheitswirkung. ... Ich bezweifele, ob diese Art von Ökoforschung wirklich einen Innovationsmotor für eine zukunftsfähige Landbewirtschaftung darstellt, mag der Forschungsansatz noch so auf „eine nachhaltige Landwirtschaft“, „multisysytemar“, „transdiziplinär“ und „systemisch“ ausgerichtet sein. Die Argumentation des BÖLW (und der Naturkost-Zeitschrift Schrot & Korn) zeigt, dass diese Vorgehens- und Denkweise, die vom Ökolandbau vollständig adaptiert worden ist, in Widersprüche und kraftlose Argumente hineinführt, die die Entwicklung des Ökologischen Landbau lähmen und diesen immer weiter konventionalisieren werden.

Ökologische und biologisch-dynamische Züchtung aus Hybriden

Anfang des Jahres 2010 fand sich im Demeter Intern Newsletter vom Januar die Mitteilung, dass die Sativa Rheinau AG in der Schweiz für die Züchtung des weltweit ersten samenfesten Zuckermaises mit dem vierten Förderpreis der Vereinigung der Schweizer Biolandbauorganisationen Bio Suisse ausgezeichnet worden war. Der Newsletter stellte dazu ein Dokument zur Verfügung, das sich beim Verfolgen des in diesem zum Schluss angegebenen Links als (bis auf ein paar Überschriften) abgeschrieben darstellte von einer Medienmitteilung der Bio Suisse vom November 2009. Es wäre verdienstvoller gewesen, wenn die Demeter-Presseabteilung - statt diese Medienmitteilung einfach nur zu kopieren - die Hintergründe dieses Ereignisses recherchiert und (kritisch) kommentiert hätte. Denn was hier vom Demeter-Verband – der ja immer wieder „für sich in Anspruch nimmt, Qualitätsführer bei Bio zu sein“ - gedankenlos übernommen und in seinem Newsletter mit der ebenfalls (aus dem Bio Suisse Papier) abgeschriebenen Zwischenüberschrift „weitsichtige Aufbauarbeit“ weitergereicht wird, ist durchaus problematisch.

Zu geringe Wertschätzung für Ökoprodukte II

Ende Mai 2010 veröffentlichte die Stiftung Warentest eine Untersuchung, wonach sich Ökoprodukte qualitativ nicht von konventionellen unterscheiden. Viele Medien berichteten darüber. So erfuhren zum Beispiel die Leser des Stern von einem „ernüchternden Ergebnis: Generell gesünder und schmackhafter sind die Ökoprodukte nicht.“ Vorteile für den Ökokäufer bestünden nur darin, dass dieser „vor allem sein ökologisches und soziales Gewissen“ beruhigt. Diese Untersuchung dürfte die Wertschätzung der Menschen für Ökoprodukte kaum steigern. Dafür sind aber auch die Ökoverbände mitverantwortlich. So gab des Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) unumwunden zu, dass er zum Gesundheitsaspekt von Ökoprodukten ebenfalls nichts direkt für den Menschen Positives erwartet. In dieser Beziehung ebenfalls bezeichnend ist ein Interview, das die pfiffige Redakteurin der Sendung Panorama, Anja Reschke, mit Urs Niggli, dem Direktor des renommierten Forschungssinstituts für Biologischen Landbau (FIBL) in der Schweiz (und Honorarprofessor für Ökologischen Landbau an der Universität Kassel in Witzenhausen) anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung der QLIF-Studie des Ökologischen Landbaus geführt hatte. Was gibt es bei solchen Einschätzungen hochrangiger Ökoforschungsfunktionäre noch einen Grund für den Verbraucher, sich beim Kauf für Ökoprodukte zu entscheiden?

Zu geringe Wertschätzung für Ökoprodukte I

Nicht nur der biologisch-dynamische Landbau ist sowohl in ideeller als auch in praktischer Hinsicht (z.B. im Handel) für den Konsumenten kaum noch zu erkennen. Auch der Ökologische Landbau insgesamt bleibt mit seiner Entwicklung - trotz seines guten und wichtigen Anliegens - weit hinter seinem Potenzial zurück. Nach einer Pressemitteilung des BÖLW im Januar 2010 nahm zwar nach einer mehrere Jahre dauernden Stagnation die Zahl der Öko-Betriebe in 2009 um 6 % zu - nach 86 Jahren Biolandbau macht diese Form der Landbewirtschaftung jedoch immer nur noch magere 5,9 % der gesamten Landwirtschaft in Deutschland aus. Und auch der Mengenabsatz von Bio-Produkten stieg zwar weiter an. Letzteres war jedoch nur durch insgesamt rückläufige Preise für Ökoprodukte zu erreichen (bereits in 2008 hatte Alnatura die Preise für 120 Lebensmitttel dauerhaft gesenkt, worüber zum Beispiel die taz berichtet hatte). „Der Bio-Fachhandel hat noch ein großes Wachstumspotenzial. .... Die Kunden schätzen das attraktive Bio-Sortiment und die kompetente Beratung im Bio-Fachhandel,“ sagte BÖLW-Vorstand Götz Rehn. In der Tat: so kann man die missliche Lage auch schönreden.