Aus Nr. 225 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 79:
Bedenken Sie: Das moderne Leben, das ja, und zwar in berechtigter Weise auf der einen Seite, zur Individualität, zur Freiheit führt, das beginnt, wie ich oft ausgeführt habe, im 15. Jahrhundert. Da halten die alten Bande, die alten Bindungen die Menschen nicht mehr zusammen. Je weiter man nach Westen kommt, desto weniger werden die Menschen zusammengehalten von diesen alten Bindungen. Die Blutsbande spielen, je weiter man nach Osten kommt, eine um so größere Rolle noch, weil da die alten Usancen sich erhalten haben. Aber je weiter man nach Westen kommt, desto mehr vereinzeln sich die Menschen, desto mehr individualisiert sich der soziale Zusammenhang. Doch die Menschen fühlen, sie können noch nicht voll auf sich selbst gestellt sein, denn das volle Auf-sich-selbst-Gestelltsein, das wird zwei Jahrtausende dauern vom 15. Jahrhundert an, und wir sind ja jetzt erst in dem ersten Jahrtausend. Es hat allerdings ein ungeheurer Umschwung gerade im 19. Jahrhundert stattgefunden. Aber wenn man absieht von den – wie nennt man es oftmals? – von den oberen Zehntausend, seien es die oberen Zehntausend des äußeren Adels oder des geistigen Adels, wenn man von diesen absieht und auf die breite Masse der Menschheit sieht, dann muss man sagen: Die wehrt sich gegen das Individualisiertwerden. Nun, die von dem Individualisiertwerden ergriffen werden, die wehren sich auch dagegen. Der Adel, der geistliche Stand, kann zusammenhalten, die haben Bindungen; der Handwerkerstand wird herausgerissen aus den Bindungen, Das, was in diesen Vereinigungen gesucht wird, ist eben ein krampfhaftes Suchen nach Bindungen, die nicht mehr historisch da sind, die man machen muss.
Und so sehen wir vom 15., 16. Jahrhundert an schon an solchen Vergesellschaftungen, die sich durch geistige Mittel zusammenhalten, gerade unter denjenigen, die sich als Handwerker herausheben aus der bäuerlichen Beschäftigung und die nicht hinaufkommen entweder bis zum Adelstum oder bis zu den geistigen oberen Ständen, dem Priestertum, Schreibertum und so weiter – wie bei all denen sich eben dieses Streben findet, zusammengehalten zu sein. Und es ist groß und gewaltig zu sehen, wie der Zusammenhalt da noch nicht gesucht wird in dem gleichen Berufe, sondern – trotzdem man sich im Beruf abschließt, trotzdem der Beruf den Rahmen bildet – wie er gesucht wird in Geistigem, in Seelischem, wie man sich nur dann als Mensch fühlt, wenn man auf der einen Seite die Arbeit hat, auf der andern Seite aber in der Arbeit die Freiheit, sich in eine bildhafte Lebens- und Weltauffassung einfügen zu können, wenn man also dieses in sein Menschtum aufnimmt. Das ist eben das Kennzeichen für den großen Umschwung im 19. Jahrhundert, dass diese Hinneigung zum Geistigen verlorengeht, dass sie in dem Firlefanz von allerlei Geheimgesellschaften ja allerdings bewahrt wird, dass diese Geheimgesellschaften aber in gar keinem Zusammenhang mehr mit der realen Welt stehen. Es sind das freimaurerische und sonstige Geheimgesellschaften, die nachäffen, was in solchen äußerlichen Berufsgesellschaften, innerlich aber durch geistige Bindungen zusammengehaltenen Vergesellschaftungen, gepflegt worden ist.
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