Befreiung von außen hilft nichts

 

von Ingo Hagel

 

 

Ich bin kein Fan von Heinrich Heine, aber mit dem Nachfolgenden hatte er recht:

«Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick. Die Knechtschaft ist in ihm selbst, in seiner Seele; schlimmer als die materielle Sklaverei ist die spiritualisierte. Man muß die Deutschen von innen befreien, von außen hilft nichts.»

Selbstverständlich hilft die Befreiung von außen im heute vorliegenden Falle nichts, denn – wie ich kürzlich geschrieben habe – wenn man ein Volk aus „Sklaven“ aus der „Knechtschaft“ befreit, dann ist dieses ganz empört – und wendet sich gegen die Befreier. Die Befreiung muss von innen kommen, sie muss von den Sklaven selber gewollt sein, sonst ist sie keine, denn die Gründe für die Knechtschaft liegen innen, nicht außen. Aber es müssen immer wieder von außen Angebote zur „Befreiung von innen“ gemacht werden.

Das größte Angebot zu dieser Befreiung hat Rudolf Steiner 

zum Beispiel mit seiner „Philosophie der Freiheit“ sowie mit der Sozialen Dreigliederung gemacht. Das ist nun schon eine ganze Weile her, und wir sehen, wie wenig Bedarf innerhalb dieses deutschen Volkes für diese Befreiung von innen vorhanden ist – bis heute. Wenn die Leute ein wenig gebildet sind, zitieren sie lieber Heinrich Heine – 

oder beschreiben in den unabhängigen Medien des Internets in unendlichen Variationen die gesammelten kriminellen Machenschaften ihrer Oberen, Politiker, die doch besser Politessen geworden wären, Wirtschaftslenker, die immer nur weiter in den Abgrund lenken, Wirtschaftsforschungsfunktionäre (Rente mit 75 oder so), Journalisten, Wirrologen, Ächzperten, Intensiv- und Quatschmediziner der Tagesleichenschau und der deutschen sogenannten „Qualitätsmedien“, pipapo – 

als sich an die tatsächliche Beseitigung und Befreiung von diesem beschriebenen Missstandes zu machen, den Heine ja auch nur in charakteristische Worte kleiden konnte, ohne produktiv und positiv irgendwelche Auswege aus dieser misslichen Situation zu weisen. Das tat aber Rudolf Steiner.

Das gesamte Internet mit den gesammelten Beiträgen der verdienstvollen unabhängigen Medien des Internets 

ist täglich voll von diesen Beschreibungen des Heineschen Missstandes auf geistigem, kulturellen, wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen Gebiet –

was ja auch seine gute und notwendige Seite hat, weil es eben so viele Leute gibt, die nicht den Dunst einer Ahnung haben, was um sie herum vorgeht. Diese Aufklärung darf also gar nicht aufhören. –

Nach einer Weile möchte man selber davon eigentlich nichts mehr lesen, weil man es in der einen und der anderen Form längst und seit vielen Jahren immer wieder wahrgenommen und begriffen hat – 

aber es ist ja notwendig, immer am Ball zu bleiben und zu wissen, welche neuen Teufeleien hier in der Welt ausgeheckt werden –

und weil es so nicht weiterführt. Diese ganze Aufklärungsbewegung steckt also in der Klemme.

Aber die meisten Menschen wollen diese Dinge weder wahrnehmen noch begreifen, 

noch wollen sie die Angebote, die Rudolf Steiner gemacht hat, ergreifen, um damit die Dinge zum Besseren zu wenden. Und so stecken wir immer weiter in dieser Misere einer bloßen Kritik der Zustände – 

die ja völlig zutreffend ist, aber als solche und alleine nicht weiterhilft – 

ohne aus dieser Kritik heraus wenigstens auch auf die rechten Mittel hinzuweisen, wie aus diesen Zuständen herauszukommen wäre. –

Inwieweit das dann auch wirklich gelingt, muss man einfach abwarten, weil es eben davon abhängt, wie viele Menschen sich zu diesen Ideen verständnisvoll bekennen wollen. –

 

Aber dazu und zu dieser inneren Befreiung braucht es eben innere Aktivität, 

wie Rudolf Steiner oft beschrieb, und auch hier beschrieb (Nr. 190 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe S. 205): 

Den Menschen heute fehlt der Wille zur Aktivität, zur wirklichen inneren Betätigung. Und alle äußere Betätigung muß heute von der inneren Betätigung kommen. Das ist ja der Grund, warum das Bürgertum so sehr in der Nullität geblieben ist gegenüber der seit siebzig Jahren (Rudolf Steiner hielt diese Vorträge im Jahr 1919; Anmerkung IH) heraufkommenden sozialen Frage. Es ist ein ungeheuerer Materialismus, welcher in den verschiedensten Formen die Menschen ergriffen hat, und namentlich diejenigen Kreise, die die Aufgabe hatten in der neuesten Zeit, sich dem Geistigen zuzuwenden. Dies muß man ja wissen über die Grundimpulse unserer Zeit, über dasjenige, was in unserer Zeit lebt. Alles andere wäre ein Sich-Hingeben an Illusionen. Geisteswissenschaft ist deswegen für den gegenwärtigen Menschen von einer so großen Bedeutung, weil sie ihn wegbringt von sich. Aber sie muß auch wirklich so aufgefaßt werden. 

 

Aber so wie es aussieht, das heißt so wie die allermeisten Leute dieses dekadenten 

und in die Nullität hineingekommenen Bürgertums mal wieder nach dem starken Mann rufen, wird es eben so kommen, wie ebenfalls in diesem Vortragszyklus beschrieben hat (S. 164):

Es ist schon so, daß dieses Mitteleuropa eigentlich dazu verurteilt ist, gewisse Dinge erstens schneller, zweitens aber auch energischer, charakteristischer zu erleben als das übrige Europa. Man kann sagen: Deutlich kann man sehen, wie gegen das 15. Jahrhundert zu in Mitteleuropa das heraufkommt, was das Zeitalter der Bewusstseinsseelen-Entwickelung einleitet. Und jetzt –

Der erste Weltkrieg war gerade vorbei, und der zweite Weltkrieg stand für den, der die Dinge klar sehen konnte, am Horizont; Anmerkung IH –

kann man an den katastrophalen Ereignissen gerade Mitteleuropas sehen, welchen schwierigen Weg die Menschheit gerade in diesem Zeitalter der Bewusstseinsseelen-Entwickelung zu durchmessen hat, welche schwierigen Kämpfe, welche furchtbaren Erschütterungen durchzumachen sind, damit das Zeitalter der Bewusstseinsseelen-Entwickelung die Impulse, die in ihm liegen, an die Oberfläche der geschichtlichen Entwickelung treiben kann.

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