von Ingo Hagel
Alle sieben Zitate, die Herbert Ludwig in seinem Artikel aus der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiner anführt, sind dem zweiten Teil dieses Buches entnommen, deren Kapiteln Rudolf Steiner die Überschrift „Die Wirklichkeit der Freiheit“ gab. Wie oben geschildert, lässt Ludwig sowohl in diesen zitierten Quellen als auch inhaltlich – indem er das reine Denken und dessen Bedeutung nicht erwähnt und damit unter den Tisch fallen lässt – den ersten Teil der Freiheitsphilosophie Rudolf Steiners, einfach weg. Rudolf Steiner gab diesen ersten Kapiteln seines Buches die Überschrift „Die Wissenschaft der Freiheit“. Und er führte später etwas sehr Bemerkenswertes zu diesem ersten Abschnitt seiner Freiheitsphilosophie aus (Hervorhebungen IH):
Wer die heutige Zeit betrachtet mit alledem, was heraufzieht, der wird finden, dass in dem, was heraufzieht, gerade dasjenige fehlt, was die «Philosophie der Freiheit» will. Die «Philosophie der Freiheit» begründet in einer freien, geistigen Denkerarbeit eine zwar mit der Naturwissenschaft völlig im Einklang stehende, aber über die Naturwissenschaft eben frei hinausgehende Wissenschaft von der Freiheit. Dieser Teil, der macht es möglich, dass wirklich freie Geister sich innerhalb der heutigen sozialen Ordnung ausbilden könnten. Denn würde die Freiheit bloß als Wirklichkeit der Freiheit ergriffen ohne die solide Grundlage der Wissenschaft von der Freiheit, so würde im Zeitalter, in dem sich das Böse so einnistet, wie ich es gestern charakterisiert habe, die Freiheit notwendigerweise nicht führen müssen zu freien Geistern, sondern zu zuchtlosen Geistern. Einzig und allein in der strengen inneren Zucht, welche in dem nicht am Gängelbande der Sinne lebenden Denken (das heißt dem reinen Denken, das vor allem durch den ersten Teil der „Philosophie der Freiheit“ fundiert wird; Anmerkung IH) gefunden werden kann, in wirklich denkerischer Wissenschaft ist dasjenige zu finden, was für das gegenwärtige Zeitalter, das die Freiheit realisieren muss, eben notwendig ist.
Freiheit wird also nicht realisiert, indem man sich zuerst auf den zweiten Teil der „Philosophie der Freiheit“ stürzt, sondern indem zuvor in einer strengen Gedankenschulung eine geeignete Grundlage für diese Entfesselung und Befreiung des Willens gelegt wird. Diese Grundlage besteht in einem sinnlichkeitsfreien, reinen Denken (Hervorhebungen IH):
Rudolf Steiner: Wer dieses Buch, meine «Philosophie der Freiheit» studiert, wird allerdings finden, dass ich genötigt war, nicht von einer Freiheit des Willens zunächst zu sprechen, sondern von der Freiheit dessen, was im Gedanken, und zwar in dem sinnlichkeitsfreien Gedanken, im reinen Gedanken, erlebt wird, in demjenigen Gedanken aber, der in der menschlichen Seele bewusst als ein sittliches, als ein moralisches Ideal auftaucht, und der diejenige Stärke erlangt, die auf den Willen des Menschen motivierend wirken kann. Wir können von Freiheit des Menschen sprechen, wenn wir von jenen Handlungen des Menschen sprechen, die aus seinem freien Denken heraus gestaltet werden, wo der Mensch durch eine moralische Selbsterziehung dazu kommt, dass ihn die Instinkte, die Triebe, die Emotionen, sein Temperament nicht beeinflussen zu einer Handlung, sondern allein die hingebungsvolle Liebe zu einer Handlung. In dieser hingebungsvollen Liebe zu einer Handlung kann sich entwickeln, was aus der idealen Stärke des reinen sittlichen Gedankens hervorgeht. Das ist eine wirkliche freie Handlung.
Hier weiterlesen:
Aber was ist und wie komme ich denn nun zum reinen Denken?
Teil 1) Warum nehmen so viele Menschen die Unfreiheit hin? – Wie lässt sich Freiheit wirklich begründen?
Teil 2) Die Triebfedern einer Handlung
Teil 3) Die Motive einer Handlung
Teil 7) Aber was ist und wie komme ich denn nun zum reinen Denken?
Teil 8) Eine weitere Möglichkeit, um dieses reine Denken zu üben
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