Rudolf Steiner: Es gehört zu den instinktiven Eigenheiten des gesunden Bewusstseins, dass es die geistige Welt nur in dem Maße betreten will, als es sich für das Durchschauen derselben in der Sinneswelt genügend erkraftet hat.

 

Aus Nr. 17 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 47:

Es gehört zu den instinktiven Eigenheiten des gesunden Bewusstseins, dass es die geistige Welt nur in dem Maße betreten will, als es sich für das Durchschauen derselben in der Sinneswelt genügend erkraftet hat. Das Bewusstsein hängt an der Art, wie es sich in der Sinneswelt erleben kann. Es fühlt sich in seinem Elemente, wenn es mit den Gedanken, Gefühlen, Affekten usw. sich in sich erleben kann, die es der Sinneswelt verdankt. Wie stark das Bewusstsein an diesem Erleben hängt, das zeigt sich ganz besonders in dem Augenblicke, in welchem der Eintritt in die übersinnlichen Welten wirklich erfolgt. Wie man an Heben Erinnerungen in besonderen Augenblicken seines Lebens sich festklammert, so kommen beim Eintritt in die übersinnlichen Welten alle die Neigungen mit Notwendigkeit wie aus den Seelentiefen herauf, deren man nur überhaupt fähig ist. Man wird da gewahr, wie man im Grunde an dem Leben hängt, das den Menschen mit der Sinneswelt verbindet. Dieses Hängen zeigt sich da in seiner vollen Wahrheit, ohne alle Illusionen, die man sich sonst im Leben über diese Tatsache macht. Es kommt beim Eintritte in die übersinnliche Welt – gewissermaßen als eine erste übersinnliche Errungenschaft – ein Stück Selbsterkenntnis zustande, von der man vorher kaum eine Ahnung haben konnte. Und es zeigt sich, was man alles hinter sich lassen muss, wenn man wirklich wissend in die Welt eintreten will, in welcher man doch tatsächlich fortwährend darinnen ist. Was man als Mensch bewusst und unbewusst in der Sinneswelt aus sich gemacht hat, das tritt mit höchster Deutlichkeit vor den Seelenblick. – Es kann dieses Erleben oftmals die Folge haben, dass man alle weiteren Versuche des Eindringens in die übersinnlichen Welten fallen lässt. Denn es kommt hinzu, dass man Klarheit darüber gewinnt, wie man anders fühlen, empfinden lernen muss, wenn der Aufenthalt in der geistigen Welt erfolgreich sein soll. Man muss zu dem Entschluss kommen, eine ganze andere innere Seelenverfassung auszubilden, als man vorher gehabt hat, oder – anders gesagt: – man muss zu der vorher errungenen eine andere hinzugewinnen. 

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