Möhrenqualität

Zur Qualität von Möhren aus biologisch-dynamischem und konventionellem Anbau des Erntejahres 1995

Ingo Hagel (1997)

Auszug aus HAGEL, I. (1997): Möhren: Bauen wir die falschen Sorten an? Ökologie & Landbau 1, 42-43.

siehe auch Nr. 10 der Publikationsliste

Insgesamt wurden 11 biologisch-dynamische (in Fortsetzung des Projekts im Jahre 1993/94, Hagel 1997) Untersuchung sowie 10 konventionelle Möhren-Proben des Einzelhandels untersucht.

Die biologisch-dynamischen Möhren wiesen mit 171,8 g signifikant höhere Einzelmöhrengewichte auf (konv.=88,9 g). Die mittleren Trockenmassegehalte (TM-Gehalte) unterschieden sich nicht, genausowenig wie die Rohprotein- und Nitratgehalte. Allerdings wies die Rothild-Selektion von Dottenfelderhof mit 13,63 % den weitaus höchsten TM-Gehalt beider Grundgesamtheiten auf. Der Hybride Nandor dagegen, obwohl vom gleichen Schlag kommend, hatte mit 9,71 % nur einen knapp über dem Mittelwert der konventionellen Proben liegenden Wert. Die TM-Gehalte waren nicht vom Einzelmöhrengewicht abhängig.

Bezüglich der verschiedenen Zuckerparameter wies nur der Glucosegehalt (und dadurch bedingt auch der Glucose- + Fructosegehalt) der biologischen Proben einen signifikant höheren Wert auf. Die Gesamtaschegehalte beider Grundgesamtheiten waren mit 0,78 % (Frischmasse FM), identisch. Innerhalb der Mineralstoffe wiesen die biologischen Möhren signifikant höhere Phosphor- und Calcium-Gehalte auf. Die konventionellen Möhren hatten zwar mit 2173,9 ppm gegenüber den biologischen Möhren (1756,3 ppm) höhere Kaliumgehalte, jedoch war dieser Unterschied aufgrund der hohen Streuungen nicht signifikant. Mit steigendem Phosphorgehalt nahm auch der Saccharosegehalt beider Grundgesamtheiten zu. (rBiol.-Dyn.=0,76**, rKonv.=0,68**, Abb. 1).

Das sehr unterschiedliche Leistungsvermögen der Möhrenproben der Hybriden Nandor und der Rothild-Selektion) zeigt die Möglichkeiten auf, die in einer biologisch-dynamischen Pflanzenzüchtung liegen. Der Hybride Nandor hatte mit 257,3 ppm (FM) um relativ 32,9 % niedrigere Phosphorgehalte als die Rothild-Selektion mit 383,2 ppm P. Da dieses Defizit aber größer war als der relative Ertragsunterschied zwischen den beiden Sorten von 50 dt/ha (=relativ 12,5 %), beruhen die niedrigeren Phosphor-Gehalte des Hybriden nur zu einem geringen Teil auf einem ertragsbedingten Verdünnungseffekt, zum größten Teil aber auf einem geringeren Nährstoffaneignungsvermögen. Gerade diese Eigenschaft des Aneignens mineralischer Substanzen des Bodens sollte als Fähigkeit einer Sorte für den biologisch-dynamischen Landbau berücksichtigt werden. Hierin liegt der Schlüssel für die höheren Saccharosegehalte der Rothild-Selektion im Vergleich zum Hybriden Nandor.

Auch beim Anteil marktfähiger Ware (= Möhren ohne Faulstellen nach sechs Monaten Lagerung im Erdkeller) schnitt die Rothild-Selektion mit 81,3 % hervorragend ab, während der auf dem gleichen Schlag gewachsene Hybride nur 33,4 % aufwies. Diese die innere Vitalität eines pflanzlichen Produktes spiegelnde Eigenschaft der Lagerqualität sollte als Qualitätsmerkmal für menschliche Nahrung (besonders mit Blick auf eine zu erzeugende DEMETER-Qualität) und nicht nur als technologische Eigenschaft ernstgenommen werden.

Wenn alle biologisch-dynamisch wirtschaftenden Landwirte die Rothild-Selektion angebaut hätten, wären mit Sicherheit bezüglich dieser und anderer Qualitätsparameter (z.B. Trockenmasse-, Saccharose-, Nitrat und Mineralstoffgehalte) größere Unterschiede zwischen den Proben aus biologisch-dynamischem und konventionellem Anbau zu verzeichnen gewesen. Wir stehen jedoch vor der Tatsache, daß verschiedene Großhändler des Naturkostbereiches die Landwirte sozusagen zwingen, Hybridsorten anzubauen, da diese glattschalig sind und beim Kunden besser abgesetzt werden können. Auch große Teile des übrigen biologischen Gemüseanbaus und -angebots gründet sich auf die Verwendung von Hybridsaatgut. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf mit Blick auf Kunden, Händler und Produzenten.