Millionenvergütungen für (geschasste) Manager – Daneben schneiden die Arbeiter in den deutschen Schlachthöfen für 1,3 Cent je Schwein deren Koteletts heraus – Der alte Arbeits- und Tarifvertrag muss durch etwas wirklich Modernes ersetzt werden

 

von Ingo Hagel 

 

Viele kennen die Nachrichten unverschämt hoher Vergütungen für Manager zur Genüge. Zum Auffrischen nur einige wenige Beispiele:

Die Chefin des angeschlagenen Internetkonzerns, Marissa Mayer, hat fast 37 Millionen Dollar verdient – für ein halbes Jahr Arbeit. Dabei ist sie nicht die einzige, die aus diesem „Steinbruch“ mit Schotter versorgt wird.

Als der frühere Novartis-Präsident Daniel Vasella aus dem Amt schied, sollte er ein 72-Millionen-Franken-Abschiedspaket erhalten. Die Öffentlichkeit protestierte, Vasella verzichtete auf die Summe und erhielt stattdessen u.a.  einen lukrativen Beratervertrag – 25.000 Dollar täglich. Zusätzlich

erhält Vasella für „gewisse Übergangsdienstleistungen“ zwischen Februar und Ende Oktober 2013 knapp 5 Millionen Franken (4,4 Millionen Euro), davon 2,2 Millionen in Aktien. Auch danach ist nicht Schluss. Ein bis Ende 2016 laufender Beratervertrag garantiert dem jetzt in Amerika lebenden Vasella 25000 Dollar je Tag Beratung. Die Mindestsumme beträgt 250000 Dollar für jedes der Jahre 2014, 2015 und 2016. Abgerundet wird die Nach-Novartis-Zeit des 59 Jahre alten Vasella durch die Ernennung zum Ehrenpräsidenten.

Als nach mehreren geschäftlichen Misserfolgen Siemens-Vorstands-Chef Peter Löscher seinen Posten räumen musste (nur sechs Jahre war Peter Löscher Siemens-Chef), diskutierte das Handelsblatt erst über eine Abfindung von über 15 Millionen Euro (Ausgleichszahlung, Abfindung, Bonus, Pensionsansprüche ….). Letztlich wurden es dann aber „nur“ neun Millionen.

Diese Zahlen und Beispiele stellen natürlich nur die Spitze des Eisberges derjenigen dar, die sich mit exorbitanten Gehältern aus der Arbeit aller Mitarbeiter in einer Firma bedienen. Die Betriebe und Unternehmen werden als Steinbruch zur Selbstbereicherung  benutzt. Daneben schneiden Bulgaren und Rumänen in deutschen Schlachthöfen für 1,31 Cent je Schwein deren Koteletts heraus. Dieser Missbrauch erfolgt über Werkverträge und ist nicht nur in der Fleischindustrie ein großes Problem, das immer weitere Arbeitsbereiche auch für deutsche Arbeitnehmer erfassen wird:

„Bis zu 80 % der Beschäftigten (in der Fleischindustrie; Anmerkung IH) kommen aus Mittel und Osteuropa, arbeiten für 3-5 Euro die Stunde, so die Gewerkschaft. Die billigen Werkverträge seien ein Trend in vielen Branchen.“

Es wird heute als völlig normal angesehen, dass der gewöhnliche arbeitende Mensch von einer kleinen Gruppe von gewieften Unternehmern, Firmeninhabern und Besserverdienenden um das Erträgnis seiner Arbeit betrogen wird (auch ein Mindestlohn von 8,50 Euro, mit dem die SPD und die Grünen gerade versuchen, Wahlkampf zu machen, wird an diesen menschenunwürdigen Verhältnissen nicht viel ändern, denn es geht um etwas ganz anderes). Die dadurch entstandenen und immer weiter entstehenden sozialen Schäden in der Gesellschaft sind groß. Denn immer weniger Menschen erhalten durch ihre tägliche Arbeit das zum Leben Nötige, das, was Sie und Ihre Familie zum Leben brauchen.

Auf der anderen Seite wird dadurch immer mehr Geld dem Wirtschaftskreislauf entzogen, denn die Reichen geben ihr Geld, das sie verdienen, nicht aus, denn sie haben ja bereits genug zum Leben. Hier liegt also ein weiterer Schaden innerhalb eines kranken und ungesunden wirtschaftlichen rechtlichen und geistigen Geschehens innerhalb einer sozialen Gemeinschaft.

Bestimmte sozialistische und andere Kreise behaupten aufgrund dieser Zustände die Schädlichkeit des Kapitalismus. Dabei handelt es sich jedoch um einen Irrtum. Denn der Kapitalismus als solcher ist nichts im Prinzip Schädliches. Er hat ja die Aufgabe, unter Verwendung von Kapital Waren und Produkte, derer die Menschen bedürfen, zu erzeugen. Er leistet somit einen nötigen und positiven Dienst für die menschliche Gemeinschaft, denn diese könnte ohne die vom Kapitalismus und durch die Verwendung von Kapital erzeugten Waren nicht leben.

Rudolf Steiner: Ich möchte nicht missverstanden werden, Sie werden von mir niemals zum Beispiel Charakteristiken des Kapitalismus hören, wie man sie heute so oft erhält, und die aus allerlei Schlagworten heraus kommen. Es ist ja so selbstverständlich, dass man es gar nicht weiter auszuführen braucht, dass im heutigen Wirtschaftsleben ohne Kapitalien gar nichts auszurichten ist, und dass das Wettern gegen den Kapitalismus eben ein wirtschaftlicher Dilettantismus ist.

Das Problem besteht darin, dass der Kapitalismus eben auch die menschliche Arbeitskraft zu einer Ware macht, die er kaufen kann, und zwar – sowie alle anderen Waren und Rohstoffe auch – möglichst billig. Der Arbeitende muss diese seine Arbeitskraft dem Unternehmer verkaufen, weil er nicht durch ein entsprechendes Arbeitsrecht vor diesem Zwang des Verkaufs seiner Arbeitskraft geschützt wird. Der Mensch ist nichts weiter als ein lästiger Kostenfaktor, den man am liebsten ganz eliminieren würde.

Niemals dürfen daher in der Zukunft mehr Arbeitsverträge geschlossen werden über die zu leistende Arbeit. Diese zu leistende Arbeit, das heißt wie viel und wie lange und unter welchen Verhältnissen der einzelne innerhalb der Arbeitswelt seinen Dienst verrichten muss, das muss vom Rechtsleben aus bestimmt werden, das darf niemals vom Wirtschaftsleben aus geregelt werden, weil eben dieses Wirtschaftsleben grundsätzlich und immer die Tendenz hat, alles, also auch die menschliche Arbeitskraft, zur Ware zu machen. Damit wird der Mensch zum Sklaven des Wirtschaftslebens, dessen Arbeit in Leiharbeit und über Werkverträge ver- und gekauft werden kann. Des Menschen Arbeitskraft wird heute und immer unverblümter unter erpresserischen Verhältnissen und Bedingungen gehandelt. Dieses muss eben aufhören, indem die Tarifverträge (die dann auch nicht mehr Tarif- sondern Teilungsverträge sein werden) aus dem Wirtschaftsleben herausgegliedert und in das Rechtsleben hinein verlagert werden, und zwar in ein souveränes und freies und selbstständiges Rechtsleben, in das das Wirtschaftsleben überhaupt nicht mehr hineinzureden hat. Wie viel ein Mensch zu arbeiten hat, ob nun die allgemeine Arbeitszeit 40 oder 35 oder 45 Stunden betragen soll, und wann ein Mensch in Rente gehen darf, wann er einen Anspruch hat auf Rente, das wird in der Zukunft nicht mehr vom Wirtschaftsleben bestimmt werden, wenn wir gesunde und nicht immer kränkere und unmenschlichere soziale Verhältnisse bekommen wollen. Es muss ein Ende haben, dass die Arbeitnehmer von den Leitenden des Wirtschaftslebens betrogen werden:

Rudolf Steiner bemerkte dazu mit Blick auf einen über die gemeinsam von Arbeitsleiter (Manager) und Arbeitsleister (Arbeiter) zu schließenden Teilungsvertrag (Hervorhebungen IH):

Ich habe jetzt öfter auseinandergesetzt, wie in der modernen Zeit Arbeitskraft Ware geworden ist. Dagegen hilft nicht der gewöhnliche Arbeitsvertrag, denn der geht davon aus, daß Arbeitskraft Ware ist, und er wird geschlossen über die Arbeit, die der Arbeiter dem Unternehmer leisten soll. Ein gesundes Verhältnis kann nur dadurch zustande kommen, daß der Vertrag gar nicht über die Arbeit geschlossen wird, daß die Arbeit als Rechtsverhältnis festgesetzt wird vom politischen Staate, und daß der Vertrag geschlossen wird über die Verteilung des erzeugten Produkts zwischen dem körperlich Arbeitenden und dem geistig Arbeitenden. Über die erzeugten Waren aber nur kann der Vertrag geschlossen werden, nicht über das Verhältnis der Arbeitskraft zum Unternehmer. Dadurch allein kann die Sache auf eine gesunde Basis gestellt werden. Aber die Menschen fragen nun: Woher kommen die Schäden im sozialen Leben, die dem Kapitalismus anhaften? – Sie sagen: Die kommen von der wirtschaftlichen Ordnung des Kapitalismus. – Aber von dieser wirtschaftlichen Ordnung können keine Schaden kommen, sondern davon kommen die Schäden, daß wir erstens kein wirkliches Arbeitsrecht haben, welches die Arbeit in der entsprechenden Weise schützt, und zweitens, daß wir nicht bemerken, wie wir in der Lebenslüge leben, wie dem Arbeiter sein Teil abgenommen wird. Aber worauf beruht denn das Abnehmen? Nicht auf der Wirtschaftsordnung, sondern darauf, daß eigentlich durch die gesellschaftliche Ordnung selber die Möglichkeit geboten ist, daß die individuellen Fähigkeiten des Unternehmers nicht in der richtigen Weise teilen mit dem Arbeiter. Bei Waren muß man teilen, denn sie werden gemeinsam produziert von dem geistigen und körperlichen Arbeiter. Was heißt es denn aber, durch seine individuellen Fähigkeiten jemandem anderen etwas abnehmen, was man ihm nicht abnehmen soll? Das heißt, ihn betrügen, ihn übervorteilen! Diesen Verhältnissen muß man nur gesund und unbefangen ins Auge schauen, dann kommt man darauf: nicht in dem Kapitalismus liegt es, sondern in dem Missbrauch der geistigen Fähigkeiten. Da haben Sie den Zusammenhang mit der geistigen Welt. Machen Sie erst die geistige Organisation (des sozialen Organismus durch die Etablierung eines freien Geisteslebens; Anmerkung IH) gesund, so dass die geistigen Fähigkeiten sich nicht mehr dahin entwickeln, daß sie denjenigen übervorteilen, der arbeiten muß, dann machen Sie den sozialen Organismus gesund. Es kommt darauf an, überall auf das Richtige hinsehen zu können.

 

 

 

 

Hat Ihnen dieser Artikel etwas gegeben? Dann geben Sie doch etwas zurück und unterstützen Sie meine Arbeit hier auf Umkreis Online durch eine

Spende!

Das geht sehr einfach über einen Bankeinzug oder über PayPal.