Zur Aufdeckung des amerikanischen Abhörprogramms Prism – Die globale Überwachung greift immer weiter um sich, und die Menschen machen mit, anstatt sich zu wehren

 

von Ingo Hagel 

 

Prism-Whistleblower: „Ich erwarte nicht, mein Zuhause wiederzusehen“

Einst war er selbst ein Rädchen im Geheimdienstgetriebe: Ein 29-jähriger Ex-CIA-Mann hat zugegeben, das Spähprogramm Prism enthüllt zu haben. Ihm drohen schwere Konsequenzen – doch auch US-Präsident Obama hat nun ein enormes Problem.

Wenn der frühere CIA-Mann Ed Snowden, der zwei gigantische NSA-Geheimprogramme aufdeckte, sagt: „Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so was tut“ ….  „Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird“, dann meine ich: Solche Leute brauchen wir. Snowden hatte ein „sehr bequemes Leben“, „samt 200.000 Dollar Jahresgehalt und Haus auf Hawaii.“ Er aber sagte: „Ich bin bereit, all das zu opfern.“ …. „Er könne „nicht guten Gewissens zulassen“, dass die US-Regierung „mit dieser massiven Überwachungsmaschine“ die Privatsphäre zerstöre.“

Ganz abgesehen von der Frage, ob der 29-jährige Ex-CIA-Mann Snowden wirklich aus eigenem Entschluss handelte, oder ob das alles nur ein orchestrierter Baustein in dem Krieg ist, den die hinter Republikanern und Demokraten stehenden Geheimdienste und Organisationen der USA anzetteln, um an die Macht zu kommen oder an ihr zu bleiben: Die Welt wird sich so entwickeln, dass an immer mehr Menschen Lebenssituationen herantreten, in denen sie sich zu entscheiden haben, auf welcher Seite sie stehen wollen.

Auch Dirk Müller informierte über die neuesten Abhör- und Absaug-Machenschaften der amerikanischen Regierung und Geheimdienste, vor denen kein Telefon, Handy, Smartphone oder Computer mehr sicher sein wird. Am Ende des Videoclips musste er einräumen, dass er auch keinen Rat wüsste, wie man im Moment dagegen vorgehen könnte.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Das wird sicher zutreffen von dem Gesichtspunkt aus, dass es den meisten Menschen völlig egal ist, ob ihre Telefonate abgehört, Ihre Computer überwacht und ihre sonstigen Äußerungen und Aufzeichnungen auf Handys, Telephonen und Computern mitgeschnitten werden. Sie glauben, sie trügen sowieso nichts Weltbewegendes mit sich herum, was sie unter Terrorismus- (oder sonstiger, es lässt sich doch immer etwas finden, je mehr man von einem Menschen weiß.… ) -Anklage stellen könnte. Daher kümmert es sie wenig, ob ihr mehr oder weniger harmloses Geschwätzel nun vom amerikanischen Geheimdienst abgehört wird oder nicht.

Und was hilft es, wenn der Computerkonzern Apple gerade eben ein Verfahren im neuen Betriebssystem vorgestellt hat, das nicht mehr knackbare und superleicht verwaltbare Passwörter für die vielen Dienste und Seiten generiert, die wir im Internet benutzen, wenn diese Firmen dann doch mit den Geheimdiensten kooperieren müssen? beziehungsweise der Datenverkehr (inklusive der Passwörter) vorher abgefangen wird.

Wie sagte doch der Whistleblower Edward Snowden:

„Wir hacken jeden überall. Wir machen gerne eine Unterscheidung zwischen uns und den anderen. Aber wir sind fast überall auf der Welt.“

 

Die Seele des Menschen wird völlig nach außen gekehrt

Offenbar gehen wir einem Zeitalter entgegen, in dem das, was bisher als Innenleben – vulgär: „die Seele“ oder noch schlimmer: „der Geist“-  des Menschen bezeichnet worden war, letztlich völlig nach außen gekehrt und offenliegen wird. Wir bekommen es bereits täglich und stündlich in Talk- und sonstigen Selbstentblößungsshows serviert und sollen daran gewöhnt werden. An so vielen Stellen im öffentlichen Raum existieren bereits Überwachungskameras – und es werden immer mehr. Alles natürlich nur zu unserer eigenen Sicherheit – wird uns gesagt – und die meisten Menschen befürworten es.

Gerade stellte Microsoft einen Patentantrag für die neue Spielekonsole, deren Kamera bis zu sechs Menschen im Wohnzimmer des Benutzers identifizieren kann:

Xbox One: Microsoft patentiert Wohnzimmer-Überwachung

Die Kamera der neuen Xbox One könnte diese Informationen liefern: Die neue Kinect-Hardware soll per Gesichtserkennung bis zu sechs Personen in einem Zimmer identifizieren können, selbst ohne zusätzliche Lichtquellen.

Was für ein Schwachsinn! Meinen PC oder mein Auto musste ich doch auch nicht bezahlen nach der Anzahl Menschen, die diese Geräte benutzen?

Als weiterer Baustein auf diesem Wege eines globalen Überwachungssystems kommt die Google Brille, natürlich nicht für den Geheimdienst, die haben sowas doch schon lange, sondern für den privaten Nutzer. Dieser kann mit seiner Kamera dann alles streamen, was ihm vor die Linse kommt, die passenden Anbindungen zu Twitter, Facebook oder sonstwohin existieren auch schon. Man darf dieses Gadget getrost als eine weitere clevere Methode der Schnüffelei bezeichnen, ohne dass irgendein Geheimdienst bemüht werden muss, denn nun ist der Mensch, der diese Brille trägt, der Geheimdienst.

Der Spiegelautor freut sich schon darauf:

„Googles Datenbrille ist ein großer Spaß.“

 Und da regen wir uns auf über diese amerikanischen Abhörprogramme…..

Zusätzlich reichte der Spiegel dem technik-begeisterten Leser einen informativen Beitrag über die rechtlichen Probleme des Einsatzes privater Drohnen weiter:

Rechtsfragen im Überblick: Darf meine Drohne in Nachbars Garten fliegen?

Die Botschaft des Artikels: Schnüffelei ist so normal wie eine Teilkaskoversicherung beim Auto. Und: Na klar, über sowas muss man doch informiert sein. Das oben kritisierte geheimdienstliche Abhören und Bespitzeln wird mit solchen journalistischen Beiträgen erst richtig gesellschaftsfähig.

Und da das Innenleben der Menschen in den allermeisten Fällen sowieso nichts als nur eine Spiegelung der äußeren Sinneswelt darstellt, ist es ihnen egal, ob diese Spiegelungen nun ein weiteres Mal auf den Festplatten amerikanischer oder sonstwelcher Geheimdienste archiviert werden.

Zudem kann man an diesem Abhörskandal – mal wieder – sehen, worauf das Rechtsempfinden der Menschen in der heutigen Zeit und in den heutigen sogenannten modernen westlichen Gesellschaften reduziert worden ist: nämlich auf die ganz unmittelbaren und allerpersönlichsten Empfindungen, die den einzelnen Menschen betreffen. Wo diese Empfindungen und Wahrnehmungen fehlen – und das tun sie (noch) bei den Machenschaften dieses amerikanischen Abhörsystems und den beschriebenen anderen elektronischen „Errungenschaften“ – wird kein Rechtsempfinden sich bei irgendwelchen Regierungen beschweren, denn es wird ja durch keinen äußeren Reiz (Schmerz) angeregt. Es wird daher auch nicht protestieren, dass seine Regierungen (die das Rechtsleben repräsentieren) nichts taugen und daher in die Wüste geschickt werden müssen – natürlich mitsamt des gesammelten Anhanges sämtlicher Parteien der Parlamente, die gegen dieses Geheimdiensttreiben nicht entschlossen vorgehen:

Peter Boehringer griff die Aussagen von Edward Snowden auf:

„ … Snowden: ‚Ich verstand, dass ich Teil von etwas war, das viel mehr Schaden als Gutes erzeugt… Die NSA lügt routinemäßig bei Antworten auf Anfragen des Kongresses über den Umfang der Überwachung in Amerika. Die NSA versucht weltweit, jede Unterhaltung und jede Form von Verhalten sich bekannt zu machen… Was sie tun, stellt eine existenzielle Bedrohung der Demokratie [und der freien Menschheit] dar.‘

und schrieb dazu:

Man sollte diesen Satz zehnmal lesen und seine ganze Bedeutung erfassen. Und dazu gehört vor allem: Dass alle förmlichen Kontrollmechanismen bereits versagt haben, dass eine vollständige, weltweite Erfassung und Überwachung aller Daten installiert ist – auch bei uns in Deutschland. Dass niemand, auch nicht der Bundestag, nicht der BND, nicht die anderen Staatsdienste, die von uns bezahlt werden, um die Bürger vor solchen verbrecherischen Eingriffen in ihre Persönlichkeit zu schützen, die Aufgabe erledigen, für die sie bezahlt werden. Dass ein einzelner junger Mann, der es nicht mehr aushält, die Reißleine zieht. Und der wohl einen hohen Preis wird bezahlen müssen. Und angesichts dieses Mutes, dieser Verzweiflung, muss man sich fragen: Was tut unser Verfassungsgericht? Wie kann sein, dass uns keine von den staatlichen Stellen, deren Aufgabe das ist, uns beschützt?“

An diesem Beispiel sieht man, worauf die ganze Geschichte hinauslaufen wird: Da Gedanken keine Empfindungen mehr hervorrufen, wird das Schicksal schon gesamtgesellschaftlich die entsprechenden Empfindungen hervorrufen müssen auf dem Wahrnehmungsgebiet jeder einzelnen menschlichen Existenz , indem es dort die Daumenschrauben hart wird anziehen müssen, um überhaupt noch irgendwelche Reaktionen hervorzurufen.

 

Neugestaltung der sozialen Verhältnisse nötig

Rudolf Steiner machte einmal darauf aufmerksam (GA 193), dass im irdischen Geistesleben der Menschen immer bestimmte feinere oder gröbere Egoismen am Werk sind (und zwar völlig berechtigt), die den Menschen zu bestimmten Handlungen hintreiben. Der Mensch begehrt seine Ausbildung, weil sie ihn persönlich im egoistischen Sinn im Leben weiterbringt. Erstrebt der Mensch ein religiöses Leben, das ja auch zum geistigen Leben zu zählen ist, so in den meisten Fällen aus dem selbstsüchtigen Grunde einer Beseligung, oder damit es ihn über die Unsicherheiten einer Nichtexistenz nach dem Tode beruhigt. Und selbst wenn es innerhalb dieses geistigen Lebens der künstlerische Genuss ist, so begehrt der Mensch diesen aus egoistischen Gründen, weil er ihm eben Lust und Freude bereitet.

Während wir also in unserem geistigen Verhältnis zur Welt etwas entgegennehmen, weil wir es wollen, ist es mit Blick auf die dazu polaren Wirtschaftsverhältnisse völlig anders. Hier müssen wir uns regelrecht überwinden, um das im sozialen Zusammenleben zu erzeugen, was auf diesem Gebiet erzeugt werden muss, „wenn Gesundung des Wirtschaftslebens da sein soll“, nämlich Brüderlichkeit (s. zum Beispiel hier auf Umkreis-Online):

Auf dem Gebiete des Wirtschaftslebens, da kann sich etwas geltend machen, gerade wenn wir uns überwinden können, was wir nicht aus den Interessen heraus wollen: Brüderlichkeit, Berücksichtigung des Anderen, so leben, dass der Andere neben uns durch uns etwas erfährt.

….

Und im wirtschaftlichen Leben entfaltet sich dasjenige, was die Gefühle des einen Menschen mit den Gefühlen des anderen Menschen verbindet: die Brüderlichkeit. Die Impulse des brüderlichen Lebens, die entspringen, indem wir ein gewisses Verhältnis herstellen, aus dem, was wir besitzen, zu dem, was der Andere besitzt; dessen, was wir bedürfen, zu dem, was der Andere bedarf; aus dem, was wir haben, zu dem, was der Andere hat und so weiter.

Das Rechtsleben nimmt dagegen einen mittleren Raum ein zwischen diesen Polen des Geisteslebens und des Wirtschaftslebens. Auf der einen Seite erstrebt man etwas, auf der anderen Seite muss man sich dann aber trotzdem bemühen, dieses mit den anderen Menschen abzugleichen, abzustimmen, durchzusetzen:

„Im Rechtsverhältnis machen wir auf etwas Anspruch, worauf wir Anspruch machen müssen, wenn wir uns ein menschenwürdiges Leben als Gleicher unter Gleichen bewahren wollen.“  

Das heißt, wenn wir diesen Anspruch nicht machen, werden wir uns auch nicht ein menschenwürdiges Leben in einer Gemeinschaft mit den anderen Menschen bewahren können. Die oben geschilderten Zustände einer immer stärker zunehmenden Überwachung des einzelnen Menschen sind ja Ergebnis und Ausdruck der – nicht mehr funktionierenden – Rechtsverhältnisse. Und es wird von der Aktivität der Menschen abhängen, ob die eine oder die andere Art von Rechts- oder Unrechtsverhältnissen Realität werden.

Ich habe es hier oft geschrieben, und ich schreibe es wieder: Das Rechtsleben (die Politik, der Staat) ist mitsamt dem vom Staat abhängigen Geistesleben (Universitäten, Presse, usw.) vom Wirtschaftsleben okkupiert worden. Und die Heilung dieses kranken Zustandes wird nicht dadurch erfolgen können, dass man den alten Einheitsstaat wieder restauriert (möglicherweise auch noch auf höherer Ebene, nämlich der EU beziehungsweise der Vereinigten Staaten von Europa). Die einzige fruchtbare Forderung wird darin bestehen müssen, diese drei Bereiche zu selbständigen und souveränen Gliedern des sozialen Organismus zu machen. Die geschilderten Vorgänge zeigen dies noch einmal sehr deutlich.

 

 

 

Hat Ihnen dieser Artikel etwas gegeben? Dann geben Sie doch etwas zurück und unterstützen Sie meine Arbeit hier auf Umkreis Online durch eine

Spende!

Das geht sehr einfach über einen Bankeinzug oder über PayPal.