Mit hochspekulativen Zinsgeschäften verloren sächsische Kämmerer mehr als eine halbe Milliarde Euro – Prof. Eberhard Hamer, die „doofen Banker“ und die unfreie Presse

von Ingo Hagel 

Gerade eben machten die Nachdenkseiten  auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung aufmerksam:

Zinsgeschäfte in Sachsen: Wenn der Kämmerer zockt – Mit hochspekulativen Zinsgeschäften haben mindestens 40 sächsische Städte, Landkreise, kommunale Betriebe und Zweckverbände Geld verloren. Es geht um ein Geschäftsvolumen von mehr als einer halben Milliarde Euro. Eigentlich sollten so Schulden vermieden werden. Doch nun stehen viele Kommunen kurz vor der Pleite.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb:

Mindestens 40 sächsische Städte und Landkreise, aber auch kommunale Betriebe und Zweckverbände haben sich auf hochriskante Zinsgeschäfte eingelassen. Mehr als 200 Swap-Geschäfte mit einem Volumen von über einer halben Milliarde Euro hat der sächsische Landesrechnungshof gezählt.

Es ist erstaunlich, dass viele Jahre nach der Finanzkrise, die doch so viel Informationen über die kriminellen Machenschaften der Banken ans Licht gebracht haben, sogenannte finanzielle Spezialisten (Kämmerer, und es sind ja nicht nur die sächsischen) der Städte, Landkreise etc. immer noch nicht dazu gelernt haben. Man glaubt wirklich, man könne mit Glücksspiel (Zinswetten) Geld verdienen. Wenn man merkt, dass das nicht geht, sind die Leute empört und wollen die Banken verklagen – als ob man ein Spielkasino verklagen könnte.

Diese Ereignisse riefen mir die Ausführungen von Prof. Eberhard Hamer in Erinnerung, der die Blase an ungedecktem Geld beschreibt, die sich in den letzten 35 Jahren gebildet hatte (bei 4:00), so dass die Geldmenge vervierzigfacht wurde, während sich das produktive Wachstum der realen Wirtschaft nur vervierfacht hatte (s. dazu auch hier und hier auf Umkreis-Online).

 

 

Im Zuge dieser wundersamen Geldmengenvermehrung wurden ungeheure Summen mit Finanzspekulationen verdient. Alle machten mit, weil sie an diesem Zockerspiel gut verdienten. Prof. Hamer, der viele Banker etc. warnte, räumt ein, dass ein großer Teil von denen damals selber betrogen worden sind:

Allerdings, muss ich sagen, ich habe hier mit vielen Bankern gesprochen, die mich auch beschimpft haben, die waren so doof, die haben das überhaupt nicht erkannt. Ein großer Teil der Banker hat nicht vorsätzlich mitbetrogen, sondern sie sind auch betrogen worden. Sie sind zu dumm gewesen, diese Entwicklung einfach zu erkennen. 

Bei 5:20 beschreibt Prof. Hamer die Gründe, warum sich dieses Wissen über diesen Weltgeldbetrug nicht verbreitet hat. Und das hängt (neben der Ignoranz der Menschen)

damit zusammen, dass die internationalen Banken ein großes Netzwerk sind. Und dieses Netzwerk hat nicht nur diese Betrügerei durch die private FED (sog. amerikanische Notenbank, in Wirklichkeit ein privates Bankenkartell; Anmerkung IH) gemacht, …. sondern sie haben auch nicht gewollt, dass das erkannt wird, sie haben Desinformation betrieben. Denn denen gehört auch die Weltpresse im Wesentlichen. Und insofern hat die Weltpresse immer das gebracht, was die wollten. Dass die Ratingagenturen das auch so gemacht haben, ist gar kein Wunder, denn „zufälligerweise“ gehören die Ratingbanker den gleichen Täterbanken, und insofern hat eine Tür neben der anderen da mitgearbeitet. Das war wirklich ein Weltgeldbetrug.  Und dieser Weltgeldbetrug ist nur deswegen solange verdeckt geblieben, weil die Amerikaner diese unvorstellbare Geldmengenvermehrung nicht im Lande gehalten haben, sondern in die ganze Welt gepumpt haben. 

Aber die von Hamer zitierte „Weltpresse“ hat nicht nur die internationale Finanzwirtschaft unter ihrer Fuchtel. An diesen üblen Machenschaften beteiligte sich auch die deutsche Politik. Prof. Hamer weist in diesem Zusammenhang darauf hin (bei 7:20), wie er als Kritiker des Euro damals von höchster politischer Stelle aus ausgeschaltet wurde:

 Ich habe damals vor der Einführung des Euro gewarnt, solange nicht die Sozial- und Finanzverhältnisse (der Länder) gleich seien. Ich habe dringend davor gewarnt in der „Welt am Sonntag“. Darauf hat (Bundeskanzler) Kohl beim Chefredakteur interveniert, er solle mich nicht mehr zu Wort kommen lassen – bin ich auch nicht mehr. Das heißt, man hat Kritiker des Euro damals, nicht nur mich, bewusst mundtot gemacht. 

Kommen wir zurück zu den sächsischen Kämmerern (und deren Bankerkollegen, Parlamentariern etc. etc.). Wenn selbst diese „Fachleute“ Jahre nach der Finanzkrise – und den Analysen dazu – nichts dazugelernt haben, muss dies als Symptom für den Zustand einer ganzen Gesellschaft aufgefasst werden. Offenbar hat es die von Prof. Hamer erwähnte „Weltpresse“ bis heute geschafft, ein durchgreifendes Wissen von dem verdorbenen Charakter unseres heutigen Finanzsystems von den Menschen fernzuhalten.

Sollen diese Fehler in Zukunft vermieden werden, müsste die Konsequenz dazu natürlich sein, nicht nur für eine freie Presse zu sorgen, denn diese ist ja nur ein Beispiel, ein kleiner Teil und ein begrenztes Bild für etwas viel Größeres: Nein, es muss überhaupt für ein freies Geistesleben gesorgt werden – das heißt für eine entsprechende soziale Bildung von der Schule an und durch die sich daran anschließenden Ausbildungen und Studiengänge hindurch. Die Schulen und Universitäten müssen überhaupt sowohl der Aufsicht des Staates als auch dem Zugriff der Wirtschaft – die darauf brennt, aus diesen einen ihrer Unternehmenszweige zu machen – entzogen werden.

Zudem muss es in der Zukunft natürlich auch unmöglich sein, dass ein Herr oder Frau Bundeskanzler bei irgendeinem Chefredakteur anruft und die „Ruhigstellung“ eines unliebsamen Kritikers anordnet. Dies kann nur dadurch erreicht werden, dass im Bewusstsein der Menschen das Geistesleben und dessen Freiheit nicht länger ein lästiges Übel (Erinnerung an die eigene öde Schul- und Studienzeit) darstellt. Vielmehr muss dieses als die Grundlage für die Existenz und den geistigen Nerv eines jeden freien Menschen und seiner mitgebrachten Impulse gelten. Sämtliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens müssen verstehen lernen, dass nur aus einem freien Geistesleben – heute haben wir ein solches ja nicht – die Impulse für eine gedeihliche und fruchtbare Zukunft des sozialen Ganzen (Forschung, Aus-/Bildung, Wirtschaftsleben, Kultur etc.) quellen können. Aus einer solchen Einsicht wird dann auch eine Einsicht wachsen, wie dieses freie Geistesleben zu finanzieren sei. Heute fließen alle Gelder nur ins Wirtschaftsleben, und die Sparmaßnahmen, die den Menschen von ihren Politikern im Zuge der Bankenrettungspakete in allen westlichen Ländern der Erde aufgezwungen werden, sind nur ein kleiner Vorgeschmack darauf, was in Zukunft der unersättlichen Gier des Finanzsystems noch zum Opfer fallen wird, wenn die Macht dieses Systems nicht gebrochen wird und dessen krebsartige Geldwucherung nicht unterbunden wird.

Hamers Schilderung eines Bundeskanzlers, der als Teil des politischen Lebens (Staat) sich in das freie Geistesleben (wie gesagt, die Presse ist nur ein Beispiel dafür) einmischt, deutet auch auf die notwendige Entflechtung von Politik und freiem Geistesleben einerseits als auch auf die Trennung von Politik und Wirtschaftsleben hin. Die Menschen können heute nicht anderes denken als den Einheitsstaat (Vater Staat), der alles (Rechtsleben, Bildung, Forschung, Gesundheitswesen, Finanzpolitik, Währungsfragen, Militär, etc. etc.) unter seiner Kontrolle hat. Aber die Notwendigkeiten der Zeit sprechen eine andere Sprache – und außerdem hat er es auch nicht mehr unter Kontrolle, denn letztlich wird er selber von der Finanzwirtschaft und dem Wirtschaftsleben kontrolliert. Ich habe ja auf die Schilderungen des Buches von Adamek und Otto hingewiesen, wonach die Industrie in den Ministerien der Regierung sitzt und sich die Gesetze schreibt, die sie haben möchten.

Zu Hunderten und Tausenden können obige Meldungen und Ereignisse wahrgenommen werden. Es gibt in der Tat viele kluge Analysen und Symptomenbeschreibungen dieser Kulturkrankheit. Dann aber bricht es ab, es gibt nach der Diagnose keine Therapie, keine Konsequenzen, es werden keine Schlüsse gezogen, keine Forderungen gestellt. Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Menschen in einem merkwürdig Konstrukt aus verschwommenen und unzutreffenden politischen und wirtschaftlichen Vorstellungen leben – ohne ein freies Geistesleben -, das ähnlich der Unfehlbarkeit des Papstes niemals in Frage gestellt werden darf. Es könnte ja sonst der Himmel einstürzen. Dieser ist aber längst eingestürzt, und die sozialen Verhältnisse müssen daher von den Menschen selber neu geordnet werden.