Drei Pferdchen 

 

von Stella Hagel

 

In einem für mich neuen Kindergarten hatten wir in unserer ersten Eurythmiestunde drei Pferdchen im Stall gehabt, ein weißes, ein braunes und ein schwarzes. Eines der Kinder hatte gewusst, wie man das weiße Pferdchen nennt: „Einen Apfelschimmel“. Dieser Apfelschimmel bewegt sich äußerst elegant und fein, wenn er im Schritt durch die Wälder geht. Dann kommt das braune Pferdchen an die Reihe. „Der braune Apfelschimmel!“, freut sich Benny, fünf Jahre, und lässt diesen lebhaft den Hügel hinauf- und hinabtraben. Dann kommt der schwarze Rappe an die Reihe. Benny erkennt auch diesen sofort und triumphiert: „Der schwarze Apfelschimmel“, und in hohen Sprüngen lässt er diesen über Stock und Stein galoppieren, was ihm besonders gefällt. 

Marc, vier Jahre alt, konnte in der ersten Stunde nicht dabei sein. Nun kommt er ängstlich mit seiner Mutter in den Raum, bricht herzzerreißend in Tränen aus und klammert sich verzweifelt an sie. Ziemlich erschüttert und ratlos sitze ich im Kreis der Kinder, da erklärt mir die Mutter: „Die kleine Irena hat dem Marc nach der letzten Eurythmie erzählt, dass da richtige, echte Pferde gekommen sind, und nun hat er Angst.“ 

Eine Woche später schlägt Benny vor, den schwarzen Apfelschimmel zuerst aus dem Stall zu holen. Da gerate ich in die Klemme, denn mir ist die Temposteigerung wichtig. Innerlich suche ich nach einer Lösung, da kommt mir tatsächlich Marc, der inzwischen keine Angst mehr hat, zu Hilfe. „Ja, aber wir können auch zuerst das weiße Pferdchen mit den Rosen aus dem Stall holen“, schlägt er mit leuchtenden Äuglein vor. Ich denke: „Wie kommt er auf die Rosen?“ Nun, das weiße Pferdchen mit den Rosen, das finden wir alle wunderschön, und wir holen es natürlich gerne als erstes aus dem Stall, und meine pädagogische Reihenfolge ist gerettet.