von Ingo Hagel
Wenn man sich das ganze soziale Chaos und mentale Desaster der Leute ansieht, dann kann man genauso gut, wie ich gerade mal wieder hier für die Soziale Dreigliederung argumentiert habe, auch dagegen argumentieren, dass das mit der Sozialen Dreigliederung so schnell nichts mehr werden wird. Denn nicht nur die eine Bewegung für die Dreigliederung des sozialen Organismus, sondern selbst nur die Bewegung für ein freies Geistesleben als eines vorerst letzten Keim- und neuen Ausgangspunktes für eine Dreigliederungsbewegung kann man getrost als gescheitert ansehen – auch wenn sich hier und da noch ein wenig Widerstand regt.
Man kann auch nicht mehr in dem Sinne dafür werben,
wie das am Anfang dieser Bewegung versucht wurde, indem man nämlich damals versuchte, allen drei Gliedern dieser Sozialen Dreigliederung –
also freies Geistesleben, politisches Leben und Wirtschaftsleben –
gleichzeitig und sozusagen in einem Rutsch zu deren Verwirklichung zu verhelfen – weil das nicht mehr geht. Genau das sagte Rudolf Steiner damals im Jahre 1921 auch:
Wir müssen nun, so schnell als das geht, zur Verwirklichung des einen Teiles der Dreigliederung kommen, zur Befreiung des geistigen Gebietes. Wir müssen weniger abstrakte Dreigliederung treiben, denn Sie können heute nicht in der Form, wie wir 1919 begonnen haben, wiederum die Dreigliederung in die Wege leiten – heute ist das Gegnertum zu stark. Nur in der Erkenntnis dessen, was Zeitmacht ist, liegt dasjenige, was uns noch schützen kann vor der Null, spenglerisch gesprochen, nämlich vor dem Heraufkommen des Unterganges. Sie müssen trachten, daß das Konstituieren des freien Geisteslebens gefordert ist.
Und Rudolf Steiner sagte dazu damals auch (GA 342 S. 205):
Wenn es möglich ist, das Geistesleben zu retten, dann ist auch die Zivilisation gerettet. Aber es ist notwendig, heute sich wiederum des Wandels der Zeit bewußt zu sein. Mißverstehen Sie mich nicht, ich rede nicht davon, daß die Dreigliederung abgesetzt werden muß, aber so wie man es dazumal betrieben hat, wie es möglich gewesen wäre durch ein Konstituieren der drei nebeneinander bestehenden Glieder, so ist es heute nicht mehr möglich. Heute muß man retten, was noch zu retten ist, und das ist dasjenige, was in den Menschenseelen vorhanden ist. Zur Befreiung des Geisteslebens zu kommen, das ist dasjenige, was man heute natürlich versuchen muß.
Wenn ich also hier auf Umkreis-Online immer von dieser Sozialen Dreigliederung spreche, dann nur aus dem Grunde so als Ganzes, weil man eben dieses Ganze durchaus im Auge haben muss, wenn man sich damit beschäftigt beziehungsweise wenn man das anderen Menschen nahebringen will. Die Dreigliederungsidee gilt damals wie heute, sie kann nicht „abgesetzt werden„. Aber die Art und Weise, wie sich die menschlichen Gesellschaften darauf zubewegen, erfährt Verwandlungen. Eine diese Verwandlungen besteht darin:
Heute kann man – besonders nach langen Jahren des Einsatzes für die Soziale Dreigliederung sowie für ein freies Geistesleben –
das – allerdings sehr mulmige – Gefühl haben, dass selbst diese Realisierung nur eines freien Geisteslebens nicht mehr möglich ist. –
Dieses mulmige Gefühl kann man selbstverständlich aus sehr gut begründbaren und beobachteten Phänomenen des Zeitgeschehens, die hier auf dieser Seite über sehr viele Jahre geschildert worden sind – und nun hier immer mal wieder auf dem Kanal des Umkreis-Institutes auf Telegram geschildert werden. –
Auf der einen Seite kann man dieses Gefühl haben aus dem einen Grund, weil kaum Menschen da sind, die dieses freie Geistesleben vertreten, vertreten wollen – beziehungsweise vertreten können. Die wenigen Menschen, die etwas ändern wollen, die politisch, sozial, rechtlich, wirtschaftlich und was weiß ich sonst noch irgendetwas anderes anstreben, streben dieses aus einem ganz alten und unfruchtbaren Denken heraus an. Man ist völlig in der Illusion verhaftet, dass man die heutigen Verhältnisse mit dem alten Denken vergangener Zeiten verbessern könnte.
Auf der anderen Seite kann man dieses Gefühl auch aus dem Grund haben,
weil selbst wenn heute –
also 100 Jahre nach der Zeit, in der Rudolf Steiner obige Worte gesprochen hat –
Jemand dieses freie Geistesleben vertreten würde, es kaum Einen gibt, der sich für ein solches interessiert, dieses aufnehmen und sich mit dessen geistigen Inhalten beschäftigen will. –
Die Leser von Umkreis-Online sind selbstverständlich wie immer alle ausgenommen. –
Mehr noch: Die Fähigkeiten, die Inhalte eines freien Geisteslebens aufzunehmen –
es bedarf ja der Menschen, die sich wenigstens zu freien Geistern entwickeln wollen – beziehungsweise noch mehr vom Geist erfassen zu wollen, als von diesem nur an der Oberfläche der Sinnesdinge haftet –
scheinen so derart korrumpiert zu sein, dass selbst diese letzte Möglichkeit –
also diese ganze Bewegung der Sozialen Dreigliederung nur noch an die Realisierung eines freien Geisteslebens zu knüpfen und von da aus aufzurollen –
ebenfalls als gescheitert und als unmöglich geworden betrachtet werden muss. Es scheint, dass dafür erst einmal ganz neue Menschen heranwachsen müssen – beziehungsweise dass durch bestimmte aufrüttelnde Ereignisse in den vorhandenen Menschen der Beton weggeräumt werden muss, mit dem die Seelen und der Geist der Menschen eingesargt sind.
Trotzdem gibt es einige wenige Menschen, die wenigstens versuchen –
wie es damals Rudolf Steiner gefordert hat –
in die „Unwahrhaftigkeit, welche unser geistiges Leben durchzieht“ hineinzuleuchten –
Insbesondere haben wir heute notwendig als unbedingt Wichtiges, was wiederum zu irgendeinem Licht führen kann, wir haben heute nötig – so unbehaglich es sein mag – ein Hineinleuchten in die ganze Welt der Unwahrhaftigkeit, welche unser geistiges Leben durchzieht. Wir müssen einmal hineinleuchten in diese Unwahrhaftigkeit des geistigen Lebens. –
Natürlich kann man darüber bekümmert sein, dass diese Beiträge von viel zu wenigen Menschen aufgenommen werden – dass also das Interesse an dem Licht der Wahrhaftigkeit bei den Menschen so gering und völlig unzureichend ausgebildet ist. Aber wir leben ja nicht am Ende aller Zeiten, sondern am Beginn einer neuen Zeit.
Nun könnte vielleicht jemand der Auffassung sein, das mit dem freien Geistesleben sei eben so gemeint gewesen,
dass dann eben zu der Tagesschau und den übrigen Talk und Geschwätz-Runden der Geschwätz-Wissenschaftler im Fernsehen noch ein paar andere unabhängige Medien und deren Talk- und Geschwätz-Runden im Internet hinzukommen. Ganz abgesehen davon, dass diese ganzen Kanäle der sogenannten unabhängigen Medien des Internets sich wohl so ziemlich alle sehr bedanken würden, wenn wenn man an sie die Zumutung stellen würde, dass sie sich nun als Teile eines freien Geisteslebens betrachten sollten –
dessen Aufgabe es ist, sich – diesen vorbereitend – zu einem dreigegliederten sozialen Organismus hinzuarbeiten –
muss man ja dann doch auch sagen, dass ein wirkliches freies Geistesleben nicht damit zu tun hat, einfach nur die alten Nachrichten zu ersetzen, die die Mainstreammedien früher gebracht haben und nun nicht mehr bringen.
Die wirkliche Realisierung eines wirklichen freien Geisteslebens
muss schon auch damit zu tun haben, dass das gesamte wissenschaftliche Leben an den Universitäten ein ganz anderes werden müsse – wie Rudolf Steiner damals hervorhob:
Und wenn jemand darauf kommen würde, daß dann vor allen Dingen die Universitäten ausgekehrt werden müßten, und das nicht will, dann, dann ist eben auf diesem Gebiete mit ihm nicht zu reden. Allerdings müssen die zuerst ausgekehrt werden!
Gut, das war damals im Jahre 1921. Mittlerweile sind fast 100 Jahre vergangen.
Trotzdem muss man auch heute immer noch an diesem Punkt der Befreiung des Geisteslebens ansetzen. Aber so wie damals geht das heute nicht mehr. Zu versumpft ist auch dieses Gebiet des Geisteslebens selber, so versumpft wie zum Beispiel die Wirtschaftswissenschaftler damals versumpft waren, wie Rudolf Steiner sagte, und heute weiterhin versumpft sind:
Die Wirtschaftswissenschaftler sind in einer solchen Weise versumpft und verdorben in ihrem Anschauungen, daß gar keine Rede davon sein kann, die Dreigliederung zu verstehen; dazu sind die niemals zu bewegen.
Das „Auskehren der Universitäten“ wird sich doch sehr problematisch gestalten. Denn mit Wem oder Was sollen diese leeren und vielleicht ausgekehrten Universitäten heute denn gefüllt werden? Wo ist der entsprechende wissenschaftliche Nachwuchs? Wo ist der geistige Hunger der Studenten? Bis zu einem wirklichen freien Geistesleben ist es also noch sehr weit hin. Das ist alles nicht da beziehungsweise noch im Keimstadium.
Die zukünftige Zeit wird schon noch ganz andere Verhältnisse, geistige Neigungen,
einen wirklichen geistigen Hunger und geistige Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeiten hervorbringen müssen – auch wenn dieses wohl erst entstehen wird, nachdem es in dieser Welt ersteinmal ordentlich gerumpelt haben wird. Rudolf Steiner sagte dazu hier (GA 186 S. 111) –
im Dezember 1918, also am Ende des Ersten Weltkrieges – und es gibt ja nicht wenige Stimmen, die sehr nachvollziehbar argumentieren, dass wir uns längst mitten in einem Dritten Weltkrieg befinden –
dass das so sein muss:
Es wird den Menschen oftmals schwer, sich in dem Gang der Weltereignisse, gerade wenn man diese Weltereignisse von einem höheren Gesichtspunkte aus betrachtet, zurechtzufinden. Der Mensch möchte so gerne nicht unbefangen auf die Wahrheit hinblicken, die gewisse Konflikte des Lebens ja erst in langen Zeiträumen oftmals löst. Der Mensch möchte, wenn er sich auch das nicht immer gesteht, doch allzu gerne so am Gängelband der Weltenmächte geführt werden. Insbesondere wird es dem Menschen schwer, sich unbefangen zurechtzufinden, wenn er in irgendeiner Inkarnation gezwungen ist, in so katastrophaler Zeit zu leben, wie das zum Beispiel jetzt der Fall ist. Er fragt dann gerne: Warum lassen die Götter solche Dinge zu? – Er fragt nicht gerne nach den Notwendigkeiten des Lebens. Er hat doch gewissermaßen die Sehnsucht, die Dinge so angenehm als möglich zu sehen. In einer solchen Zeit, wie es die unsrige ist, muß aber der Mensch auf mancherlei hinschauen, das sich eben aus dem Chaos heraus vorbereitet. Das Chaos ist notwendig für den Gesamtverlauf des Geschehens. Und der Mensch muß sich oftmals in das Chaotische ebenso hineinstellen wie in das Harmonisierte. Insbesondere ist unser fünfter nachatlantischer Zeitraum ein solcher, der den Menschen viel des Chaotischen erleben läßt. Das aber hängt mit der ganzen Eigentümlichkeit, mit dem ganzen Wesen dieses Zeitraumes zusammen. Wir leben ja in dem Zeiträume, in dem der Mensch durchgehen soll durch jene Entwickelungsimpulse, die ihn auf sich selbst stellen, die ihn durchdringen mit dem individuellen Bewusstsein. Wir leben eben im Zeitalter der Bewusstseinsseele.
Heute wird sich dieser Kampf der Bewusstseinsseele, dieser Kampf um die Berührung der Wahrheit,
eben sich an jedem einzelnen Orte vollziehen innerhalb der Gesellschaft, in jeder Berufsgruppe, in jeder Firma, in jeder Familie, in jeder Freundschaft, in der Ehe und so weiter. Überall wird gefragt werden: Wo stehst du? Und vielleicht auch: Wie hältst du das aus, dort an dieser Stelle zu stehen? Nur weil dir ein Einkommen winkt und vielleicht noch alle möglichen anderen Nettigkeiten, die man dir vor die Nase hält? Aber so ist das eben. Ein wirklicher Sozialismus –
und die Soziale Dreigliederung ist wirklicher, wahrer Sozialismus –
ist ohne eine wirkliche geistige Weltanschauung nicht möglich. Rudolf Steiner dazu:
Sozialismus ohne Geisteswissenschaft und ohne Gedankenfreiheit ist ein Unding.
Ausführlich (GA 186 S. 114):
Nun sind zwei andere Ergänzungen notwendig. Wenn Sozialismus, der als elementarer Impuls heraufkommt, als eine Forderung innerhalb der Menschheit auftritt, so muß dieser Sozialismus allein immer zum Unsegen führen. Sozialismus kann nur zum Segen führen, wenn er gepaart ist mit den zwei anderen Dingen, die zunächst bis zum Ende unserer nachatlantischen Zeit, bis zum siebenten nachatlantischen Zeit- raum sich in der Menschheit entwickeln müssen, mit dem, was man nennen kann ein freies Gedankenleben und eine Einsicht in die geistige Natur der Welt, die hinter der sinnlichen Natur liegt. Sozialismus ohne Geisteswissenschaft und ohne Gedankenfreiheit ist ein Unding. Das ist eben eine objektive Wahrheit. Zur Gedankenfreiheit muß der Mensch aber erwachen, sich reif machen, gerade in unserem Zeitalter der Bewußtseinsseele.
Das Ganze wird also noch sehr lange dauern,
weil dieses Zeitalter der Bewusstseinsseele eben noch sehr lange dauern wird –
was nicht heißt, dass die Veranlassung gegeben ist, sich gemütlich zurückzulehnen. –
Da hilft also gar nichts Anderes, als möglichst ruhig und zufrieden zu bleiben, aber trotzdem –
eben ruhig und zufrieden und so gut es eben noch geht in in dieser Zeit –
an der Verbreitung der anthroposophischen Geisteswissenschaft und der Sozialen Dreigliederung beziehungsweise eines freien Geisteslebens zu arbeiten. Ein Jeder an seiner Stelle, ein Jeder wie er kann und so, wie das Schicksal ihn an seinem Platz zur Mitarbeit auffordert.
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