Guter Trick

 

von Stella Hagel

 

Die Kinder toben draußen wie die Wilden um den Häuserblock, mit viel Peng-Peng und lautem Geschrei. Obwohl unsere Mutter uns wenig Chancen gab, uns an fremden Fernsehern zu ergötzen („Wie siehst Du denn aus?! Du hast doch nicht irgendwo fernsehgeguckt?“ Wir hatten wohl nach diesem ungewohnten Genuss Augen wie Seehundbabys), ist ihr eigener Sohn der Größte, wenn es ums Cowboyspielen geht. Kein anderes Kind kommt an seine filmreifen Darbietungen heran. Er saust, man sieht’s genau, in rasendem Tempo mit donnernden Rädern mit der Kutsche um die Kurven, ballert ohrenbetäubend und nicht zu übertreffen nach allen Seiten, und sein feuriges Temperament sorgt dafür, dass auch die anderen Kinder ihr Bestes geben. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, diesen Wahnsinn aufzuhalten. Die eine ist, wenn punkt 17 Uhr Fury, Lassie oder Daktari im Fernsehen läuft. Da steht dann Volker ernüchtert mit langem Gesicht und schlagartig völlig vereinsamt und traurig auf der Straße. Zwischen den Wohnblocks herrscht gespenstische Stille. Die andere Möglichkeit, Ruhe herzustellen, ist der Trick, den seine Mutter anwendete, wenn sie mittags Ruhe haben möchte. Da sie die motorähnliche Wirkung ihres kleinen Sohnes auf die anderen Kinder kennt, ruft sie ihn einfach rein. Nach kurzem heftigen Kampf und Aufbegehren hat sie ihn zum Hinsetzen und Buchangucken verdonnert. Draußen herrscht dann plötzlich himmlische Ruhe. Die anderen Kinder liegen alle völlig erschöpft und bäuchlings auf dem Rasen.