Rudolf Steiner zu den Zeitungen, die die Initiative des Einzelnen untergraben

 

Aus Nr. 237 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 153:

 

Aber das alles ist ja wie dazu geschaffen, Initiative in den Seelen zu untergraben! Jede Volksversammlung, in die man geht, sie hat ja als Volksversammlung nur einen Zweck, die Initiative der einzelnen Menschen, mit Ausnahme derjenigen, die da reden und Führer sind, zu untergraben. Jede Zeitung kann ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie «Stimmung» macht, wenn sie also die Initiative des einzelnen untergräbt. 

Auf diese Dinge muß hingesehen werden, und man muß sich bewußt werden, daß ja im Grunde das, was der Mensch als sein gewöhnliches Bewußtsein hat, ein sehr kleines Kämmerchen ist. Alles, was in der Weise, wie ich es eben geschildert habe, um den Menschen herum vorgeht, hat auf das Unterbewußte einen riesigen Einfluß. Und schließlich, es bleibt uns nichts anderes übrig als, wenn ich mich so ausdrücken darf, außer dem, daß wir Menschen sind, auch Zeitgenossen zu sein. Manche glauben, man könnte «nur Mensch» sein in irgendeinem Zeitalter, aber das führt auch ins Verderben, man muß schon auch Zeitgenosse sein. Es ist ja natürlich übel, wenn man nichts anderes ist als Zeitgenosse, aber man muß schon auch Zeitgenosse sein, das heißt, man muß eine Empfindung haben für dasjenige, was in der Zeit geschieht. 

Nun werden allerdings gerade manche Anthroposophengemüter herausgerissen aus einer lebendigen Empfindung für das, was in der Zeit ist, indem sie gerne im Zeitlosen plätschern wollen. In dieser Beziehung kann man ja die sonderbarsten Erlebnisse haben in Gesprächen mit Anthroposophen. Sie wissen zum Beispiel ganz gut, wer Lykurg war, aber sie können zuweilen von einer Unbekanntschaft mit den Zeitgenossen erscheinen, die einfach rührend ist. 

Das kommt eben davon, daß – weil die Anlage zur Initiative da ist – der Mensch, der eben so veranlagt ist und so durch sein Karma in die Welt hineingestellt ist, eigentlich immer – verzeihen Sie den Vergleich – wie eine Biene ist, die einen Stachel hat, aber die sich fürchtet zu stechen in dem entsprechenden Moment. Die Initiative ist der Stachel; aber man fürchtet sich zu stechen. Man fürchtet sich namentlich, in das Ahrimanische hineinzustechen. Man fürchtet nicht, daß das Ahrimanische dadurch irgendwie beschädigt wird, aber man fürchtet, daß der Stachel stößt und zurückgeht und einem dann selber in den Leib dringt. So ungefähr ist die Furcht geartet. Und so bleibt die Initiative aus einer allgemeinen Lebensfurcht zurück. Diese Dinge muß man nur durchschauen.

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