Aus Nr. 186 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 26 (Hervorhebungen IH):
… Daher liegen die Dinge so, dass man tiefer schauen muss, wenn man sich überhaupt an der Diskussion über die soziale Frage heute beteiligen will. Und die Dinge, die man in einem tieferen Sinne erschauen muss, sind vor allen Dingen solche, die sich auf die Art des Denkens beziehen, wie dieses Denken aus dem ganzen Menschen heraussprießt, differenziert bei den Persönlichkeiten über die ganze Erde hin.
Dass dieses romanische Gespenst einen so tiefen Einfluss gewinnen konnte, das rührt ja eben davon her, dass im wesentlichen im Menschendenken das Denken der alttestamentlichen Weltanschauung noch nicht überwunden ist. Das Christentum ist wirklich erst im Anfange. Das Christentum ist noch nicht so weit, dass es die Menschengemüter wirklich durchdrungen hätte. Dafür hat schon die römische Kirche, welche ja selbst ganz unter dem Einfluss des romanischen Gespenstes in bezug auf Theologie steht, schon das Nötige gewirkt. Diese römische Kirche hat ja, wie ich öfter erwähnt habe, mehr beigetragen zur Hintanhaltung als zum Hineintragen des Bildes des Christus in die Menschenherzen und Menschenseelen. Denn die Vorstellungen, die verwendet worden sind innerhalb der römischen Kirche, um den Christus zu erfassen, die sind ganz die Vorstellungen der sozialen und politischen Struktur des alten römischen Reiches. Wenn die Menschen das auch nicht wissen, in ihren Instinkten wirkt es.
Diejenigen Vorstellungen, welche im Alten Testamente geltend waren, die wir vorzugsweise bezeichnen müssen als die Vorstellungen des alttestamentlichen Judentums, die ihre Verweltlichung gefunden haben im Romanismus – wenn er auch gegensätzlich ist zum Judentum; er ist nur dasjenige auf weltlichem Gebiete, was das Judentum geistig ist -, die sind auf dem Umwege durch das Römertum hereingekommen in unsere Gegenwart, sie spuken gespensterhaft herein. Dieses alttestamentliche, noch nicht durchchristete Denken, das muss man seinem wahren Ursprünge nach in dem Menschen suchen. …
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