Rudolf Steiner zur Lehre der anglo-amerikanischen Eingeweihten, dass die romanische und mitteleuropäische Kultur verschwinden müsse

 

Aus Nr. 196 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 9ff:

Aus den Betrachtungen, die hier angestellt worden sind vor meiner Abreise, und sogar aus dem, ich möchte sagen, Grundtext der öffentlichen Vorträge ist zu entnehmen, dass es gewissermaßen «abgelesen» ist von dem Sinn der menschlichen Entwickelungsgeschichte, wie einzugreifen hat, unbedingt einzugreifen hat in das äußere Leben, in all dasjenige, was im äußeren Leben gewusst und unternommen werden soll, die Wissenschaft von der Initiation. Wenn man nicht imstande ist, heute in vollem Ernste sich zu durchdringen mit dieser Wahrheit, dann schläft man gegenüber den eigentlichen Zeitforderungen. Dieses Schlafen gegenüber den eigentlichen Zeitforderungen ist ja bei den meisten Menschen der Gegenwart eben durchaus der Fall. Man muss sich nämlich darüber klar sein, dass die Gegenwart an die Menschheit Fragen stellt, die anders nicht zu beantworten sind als aus der Wissenschaft der Initiation heraus. Dabei handelt es sich nicht nur darum, dass ja eine Wissenschaft der Initiation zu allen Zeiten innerhalb der Menschheitsentwickelung da war, dass es zu allen Zeiten gewissermaßen Eingeweihte in die Ereignisse, in die Kräfte des Daseins gegeben hat, sondern es handelt sich darum, dass es auch heute solche Eingeweihte in die Ereignisgründe und in die Kräfte des Daseins gibt; allein wie es sich im Genaueren mit dieser Sache verhält, davon machen sich die wenigsten Menschen eine ordentliche Vorstellung. Und eigentlich möchten das die Menschen der Gegenwart gar nicht. Sie scheuen eigentlich doch zurück vor dem, was man nennen kann die Notwendigkeit des Eingreifens initiierter Wissenschaft in das Bewusstsein der Zeit. Man bekommt von dem Ernste der Zeitlage nur dann eine Vorstellung, wenn man die Differenzierung dieser Angelegenheit über die zivilisierte Welt hin beobachtet. Denn die Dinge liegen ganz anders mit Bezug auf den Osten, sie liegen ganz anders mit Bezug auf den Westen. Und wer heute glaubt, mit absoluten Urteilen, die für alles gelten sollen, auskommen zu können, der lebt nicht in der Wirklichkeit, sondern der lebt eigentlich in einer abstrakten Welt. Aber notwendig ist es, dass die Dinge immer wieder und wiederum von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet werden, damit wenigstens in einigen Leuten der Ernst der Zeitlage zum Bewusstsein getrieben werde. 

Wenn man zunächst auf den Westen blickt, vorzugsweise auf die Welt der englischsprechenden Erdenbevölkerung, so ist heute das öffentliche Urteil und dasjenige, was herausfließt aus dem öffentlichen Urteil für die äußeren Geschehnisse, für die äußeren Ereignisse, innerhalb dieser englischsprechenden Bevölkerung nicht etwa bloß abhängig von dem, was – ich will mich heute einmal, ich möchte sagen, ganz dezidiert ausdrücken – die Uneingeweihten träumen und als Lebensideale hinstellen. Gerade im Gebiete der englischsprechenden Bevölkerung ist auf der einen Seite ein gewaltiger Gegensatz vorhanden zwischen dem, was so im öffentlichen äußeren Bewusstsein als Ideen vorkommt, und dem, was hinter den Kulissen der Weltgeschichte diejenigen meinen, die in die Ereignisse des Weltenganges wirklich eingeweiht waren oder sind. Denn wenn man so das allgemeine Bewusstsein nimmt, wie es sich in diesen Gegenden der zivilisierten Erde ausdrückt, zunächst in den besten Bestrebungen, in den besten öffentlichen Publikationen, so können wir sagen: Es ist da vorhanden eine Art Ideal von einer gewissen Humanität, von einem Hinarbeiten der Menschheit nach einer gewissen Humanität, nach einem Zusammenfassen der menschlichen Wirksamkeiten unter dem Gesichtspunkte der Humanität, von dem Installieren von Institutionen, welche sich in den Dienst der Humanität stellen. Wir wollen absehen von alledem, was reichlich vorhandene trübe, lügnerische Wasser sind; wir wollen sehen auf dasjenige, was im öffentlichen Leben das Beste ist, das von den Uneingeweihten kommt. Das ist ein gewisses Streben, die Menschen unter dem Gesichtspunkte der Humanität zusammenzufassen. – Hinter diesem äußeren Streben steht das Wissen der Eingeweihten, das Wissen der tonangebenden Eingeweihten. Und ohne dass die Öffentlichkeit das weiß, ohne dass die Öffentlichkeit Gelegenheit dazu hat, sich ein genügendes Wissen von den Dingen überhaupt zu verschaffen, fließen die Urteile, die richtunggebenden Kräfte von seiten gewisser eingeweihter Kreise in die öffentliche Meinung und in den davon abhängenden Gang der Ereignisse, der äußeren Taten ein. 

Es kann sich da oder dort irgendeine Gesellschaft auftun mit schönen Programmen, schönen Idealen. Die Leute können von Idealismus nur so triefen. Aber es lebt bei ihnen, ohne dass sie es wissen, nicht nur dasjenige, wovon sie reden, sondern es gibt Mittel und Wege, um in alle diese Dinge eindringen zu lassen dasjenige, was man von einer gewissen Seite, von Seiten der Eingeweihten, eindringen lassen will. Und so ist es denn gekommen, dass im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, im Beginne des 20. Jahrhunderts – wir wollen zunächst bei diesen Dingen stehenbleiben und nicht weiter zurückgehen -, die gutmeinenden Menschen, die aber uneingeweiht waren, die von allen möglichen schönen Idealen träumten, sich zusammentaten, um diese schönen Ideale durch Vereinigung in Gesellschaften zu verwirklichen, dass aber hinter diesem Treiben Eingeweihte stehen, jene Eingeweihten, welche in den achtziger Jahren – wie gesagt, wir wollen nicht weiter zurückgehen – des 19. Jahrhunderts davon sprachen, dass ein Weltkrieg kommen müsse, der vor allen Dingen den europäischen Südstaaten und dem europäischen Osten ein ganz anderes Antlitz geben müsse. 

Wenn man in der Lage ist, zu verfolgen, was innerhalb der Kreise der Eingeweihten auf diesem Felde gelehrt und gesprochen worden ist, dann weiß man, dass da mit einer großen Sicherheit vorausgesagt worden sind die Dinge, die als die schrecklichen, furchtbaren Dinge in den letzten fünf Jahren sich über die zivilisierte Welt ergossen haben. 

Anmerkung IH: Der Erste Weltkrieg war vor gut einem Jahr beendet worden.

Alle diese Dinge waren den Eingeweihten der englischsprechenden Bevölkerung durchaus nicht etwa ein Geheimnis, und durch alle Erörterungen hindurch geht die folgende Diskrepanz: Auf der einen Seite schöne exoterische Ideale, das Ideal der Humanität mit dem wirklichen Glauben an dieses Ideal der Humanität in den verschiedensten Formen von Seiten der Uneingeweihten; auf der andern Seite die Lehre, die bewusste, streng vertretene Lehre, dass alles dasjenige verschwinden müsse aus der modernen Zivilisation, was romanische, was mitteleuropäische Kultur ist, dass prädominieren müsse, zur Weltherrschaft gelangen müsse, was die Kultur der englischsprechenden Bevölkerung ist. 

Wenn diese Dinge jetzt ausgesprochen werden, so haben sie viel mehr Gewicht, als wenn sie vielleicht vor zwanzig Jahren ausgesprochen worden sind, aus dem einfachen Grunde, weil man vor zwanzig Jahren den Leuten, die die Sache aussprachen, sagen konnte: Nun ja, Ihr hört das Gras wachsen. – Heute kann man darauf hinweisen, dass ja ein großer Teil von all dem, was da ausgesprochen worden ist innerhalb der Eingeweihtenkreise, wirklich zur Realisierung gekommen ist. 

Ich spreche so vorsichtig, als es möglich ist, um ja nicht irgendwie abzuweichen von der Darstellung des rein Tatsächlichen. Aber diese Darstellung des rein Tatsächlichen, das ist ja der Mehrzahl der Gegenwartsmenschen etwas außerordentlich Unbequemes. Sie möchte es so abstreifen, sie möchte es nicht an sich herankommen lassen. Es ist ja in der Gegenwart etwas so sehr die Seelenwollust Anfeuerndes, wenn man den Nationalismus in dieser oder jener Weise pflegt, wenn man vom Völkerbund spricht, von der Wiederaufrichtung altheiliger nationaler Institutionen und so weiter. Dass wir in der Gegenwart in einer furchtbaren Menschheitskrisis drinnen sind, das möchten die Menschen heute eben durchaus noch nicht wissen. 

Nun haben wir damit mit einigen Worten auf die Diskrepanz hingewiesen zwischen dem, was die Uneingeweihten im Westen wissen, und dem, was, ohne dass sie es wissen, pulst in ihren Entschlüssen. Man kann ja wirklich erst dadurch wissen, wie man als Mensch eingegliedert ist in das, was geschieht, wenn man sich bemüht, das kennenzulernen, was da ist in der Welt, wenn man sich nicht treiben und stoßen lässt, sondern wenn man versucht, Mittel und Wege zu finden, die wirklich Freiheit des Willens möglich machen. 

 

 

 

 

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