Rudolf Steiner: Worum es sich den niederen und höheren Arbeiterführern handelt

 

Aus Nr. 76 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, S. 188:

 

Die arbeitende Bevölkerung, insofern ich zu ihr sprechen konnte, hat sich mit einer verhältnismäßigen Leichtigkeit und mit innerem Verständnis in die Dreigliederungsbewegung hineinzuleben versucht. Da kamen die Arbeiterführer, und sie wurden, ich möchte sagen, blass vor Neid, dass jetzt auch von anderer Seite als von Seiten ihres eingetrichterten Marxismus zu der Arbeiterschaft gesprochen werden konnte. Und sie erfanden, ebenso wie die anderen, alle möglichen Verleumdungen, alle möglichen Schmierigkeiten, um den Arbeitern, die ja autoritätsgläubig in dieser Beziehung zu ihren Führern sind, den Weg zum Verständnisse zu verlegen. Die Arbeiter aber sind heute noch nicht so weit, um sich in dem aus den letzten Jahrzehnten herübergenommenen Autoritätsglauben in der rechten Art zurechtzufinden. In dem Augenblicke, wo man innerhalb der Arbeiterschaft einsehen wird, worum es sich den niederen und höheren Arbeiterführern handelt, wird manches zerstieben, was heute noch auf diesem Felde als gutgemeinter Glaube vorhanden ist, wenn man einsehen wird, dass diejenigen, die etwa von der Sorte des Lenin und Trotzkij, des Lunatscharskij, an der Spitze stehen, in ihrem wirklichen Wollen nicht etwa das Glück und Wohlergehen der Menge im Auge haben, sondern dass sie zu sich und untereinander etwa sagen: Die breite Masse des Volkes ist dumm und wird immer von Leidenschaften durchsetzt sein; mit der kann man nichts machen, als sie tyrannisieren; daher muss es nicht auffällig sein, dass wir ebenso tyrannisieren, ob wir nun Zar Nikolaus oder Lenin heißen; für uns handelt es sich nur darum, dass diejenigen, die früher auf den kurulischen Stühlen gesessen haben, heruntergefallen sind und wir nun darauf sitzen; für uns handelt es sich um die Eroberung der Regierungssitze!

In dem Augenblicke, in dem diese Erkenntnis in weitesten Kreisen aufgehen wird, wird manches anders werden. Dann aber wird auch die Zeit gekommen sein, wo in das soziale Leben wirklich soziale Praxis wird einziehen können. Dann wird man mit praktischem Verständnisse dasjenige anschauen, was ich im zweiten und dritten Kapitel meiner «Kernpunkte der sozialen Frage», ich möchte sagen, wie exemplifizierend für das, was aus solchem Geiste heraus zu geschehen hat, ausgesprochen habe. Dann wird man sehen, dass da alles nicht aus einer Theorie heraus erfunden ist, sondern dass da alles aus einer schwer errungenen Lebenspraxis heraus gewonnen ist, geradeso wie dazumal, als nach dem Bekanntwerden der Vierzehn Punkte Woodrow Wilsons diese Idee von der Dreigliederung des sozialen Organismus zuerst auftrat.

Ich spreche als jemand, der sein halbes Leben, dreißig Jahre, in Österreich, in diesem Experimentierland für soziale Unmöglichkeiten zugebracht hat. Ich spreche als jemand, der wohl weiß, wie man in diesem österreichischen Experimentierland in einem Ministerium, einem liberalen Ministerium geredet hat.  

 

 

 

 

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