Rudolf Steiner: Wir leiden heute unter der Selektion der Schlechtesten, die immer obenauf kommen

 

Aus Nr. 185a der Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Seite 220: 

Ich habe früher Gelegenheit gehabt, diese Dinge (der Sozialen Dreigliederung; Anmerkung IH) den verschiedensten Menschen vorzutragen, denn ich war sicher und bin es auch heute noch, dass die Verhältnisse der letzten Jahre eine ganz andere Wendung genommen hätten, wenn dem Wilson-Programm dieses Programm entgegengesetzt worden wäre. Und dieses Programm wäre das einzig wirkliche Programm gewesen, welches, wenn es vor Brest-Litowsk vorgebracht worden wäre, wirksam gewesen wäre. Natürlich wäre Brest-Litowsk nie erfolgt, wenn solchem Programm Verständnis entgegengebracht worden wäre. Die Dinge hätten einen ganz anderen Verlauf nehmen müssen. Denn ich hatte es in diesen Jahren ausgearbeitet als Richtschnur nicht nur einer inneren Politik, sondern einer äußeren Politik; Innenpolitik schien mir überflüssig zu sein, wenn alles beschäftigt ist damit, Munition zu fabrizieren. Alle Redereien des Dreiklassen-Rechts und seiner Änderung schienen mir Wischiwaschi zu sein, aber notwendig schien mir zu sein ein wirklicher Impuls – nicht ein Programm -, ein wirklicher Impuls, der imstande gewesen wäre, den Dingen eine andere Wendung zu geben. Ich kann Ihnen hier nur ein paar Gesichtspunkte angeben, wie ich es getan habe. Allein die Sache kann so im einzelnen ausgearbeitet werden, dass sie durchaus wirksam ist gerade für die Lösung der allerwichtigsten Fragen. Man hat allerdings dabei seine schmerzlichen Erfahrungen gemacht. Ich habe die Ausarbeitung einem Manne gegeben – nicht nur einem, sondern vielen, aber von einem will ich Ihnen als Beispiel einen Fall erzählen -, der mir nach Monaten schrieb. Das war ein gutes Zeichen, denn er hatte die Sache wirklich studiert, hatte sich redliche Mühe gegeben, hatte auch mit mir darüber gesprochen. Sowohl in seinen Briefen, als wie er mit mir sprach, kamen zum Beispiel zwei Einwendungen, die sehr charakteristisch sind. Ich habe solche Einwendungen im Laufe der letzten Jahre in furchtbarster Weise immer wieder, unzählige Male gehört, so geartete Einwendungen. Eine Einwendung war diese: Ja, man weiß doch, dass die bisherigen Kriege zumeist kaschierte, maskierte Rohstoffkriege sind, dass es also zumeist sich handelt um Kriegszustände, welche aus Rohstoffinteressen herrühren, aus internationalen, also gegenseitigen Rohstoffinteressen. Wenn man aber das anschaut, was Sie gemacht haben, dann könnte es ja keine widerstreitenden Rohstoffinteressen mehr geben. – Ja, sagte ich, Herr Geheimrat, wenn Sie mir das sagen würden zur Bekräftigung dessen, was ich Ihnen da geschrieben habe, dann würde ich das verstehen; wenn Sie fänden, dass das gut wäre, was ich geschrieben habe, weil dann endlich die schrecklichen maskierten Rohstoffkriege aus der Welt geschafft wären durch die endliche Lösung der Zollverhältnisse, die in diesem zweiten Teile des Wirtschaftsprogrammes, wenn ich es so nennen darf, also gelöst sind. Wenn Sie mir etwas sagen, was der Wirklichkeit des Lebens entspricht, so würde ich das verstehen; dass Sie es mir als eine Widerlegung sagen, das kann ich allerdings nicht verstehen. 

Die zweite Einwendung war diese, dass er mir schrieb, nachdem er sich monatelang damit beschäftigt hatte: Ja, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie, wenn Sie Glück hätten mit so etwas, dann noch eine sozialdemokratische Politik getrieben werden könnte, denn durch Ihr Wirtschaftsprogramm würde ja keine sozialdemokratische Politik mehr möglich sein. – Ja, Sie lachen. Ich habe nicht gelacht, denn ich habe aus diesen Dingen, die ich Ihnen sehr, sehr vervielfältigen könnte, und die Sie überall heute finden, die Lehre gezogen, wie schlimm die Selektion ist, die heute durch die Verhältnisse geübt wird in der Bestimmung derjenigen Menschen, die die verantwortlichen Führer auf diesem oder jenem Gebiete sein sollen. Ich habe vor langer Zeit zu Ihnen hier gesprochen davon, dass wir heute leiden unter der Selektion der Schlechtesten, die immer obenauf kommen. Das ist auch etwas, was zum gesunden Wirklichkeitssinn und damit auch zum gesunden Menschenverstand gehört: eben einsehen diese Selektion der Schlechtesten. 

 

 

 

 

 

 

Hat Ihnen dieser Artikel etwas gegeben? Dann geben Sie doch etwas zurück! – Unterstützen Sie meine Arbeit im Umkreis-Institut durch eine

Spende!

Das geht sehr einfach über eine Überweisung oder über PayPal.

Sollte Ihnen aber Ihre Suchmaschine diesen Artikel nur zufällig auf den Monitor geworfen haben, Sie das alles sowieso nur für (elektronisches) Papier beziehungsweise nur für Worte – also für Pille-Palle – halten, dann gibt es 

hier 

einen angenehmen und lustigen Ausgang für Sie.

Falls Ihnen dieser Artikel jedoch unverständlich, unangebracht, spinnig oder sogar „esoterisch“ vorkommt, gibt es vorerst wohl nur eines: 

Don‘t touch that!