Aus Nr. 6, S. 77 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe:
In eine Welt unklarer Empfindungen und Gefühle versenkt sich mancher Mystiker; in die klare Ideenwelt versenkt sich Goethe. Die einseitigen Mystiker verachten die Klarheit der Ideen. Sie halten diese Klarheit für oberflächlich. Sie ahnen nicht, was Menschen empfinden, welche die Gabe haben, sich in die belebte Welt der Ideen zu vertiefen. Es friert einen solchen Mystiker, wenn er sich der Ideenwelt hingibt. Er sucht einen Weltinhalt, der Wärme ausströmt. Aber der, welchen er findet, klärt über die Welt nicht auf. Er besteht nur in subjektiven Erregungen, in verworrenen Vorstellungen. Wer von der Kälte der Ideenwelt spricht, der kann Ideen nur denken, nicht erleben. Wer das wahrhafte Leben in der Ideenwelt lebt, der fühlt in sich das Wesen der Welt in einer Wärme wirken, die mit nichts zu vergleichen ist. Er fühlt das Feuer des Weltgeheimnisses in sich auflodern. So hat Goethe empfunden, als ihm die Anschauung der wirkenden Natur in Italien aufging.
Siehe dazu auch hier:
Aus Nr. 35, S. 320 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe:
Wenn ich in meinen geisteswissenschaftlichen Schriften diejenigen Erkenntnisvorgänge darstelle, welche durch geistige Erfahrung und Beobachtung in ebensolcher Art zu Vorstellungen führen über die geistige Welt wie die Sinne und der an sie gebundene Verstand über die sinnenfällige Welt und das in ihr verlaufende Menschenleben, so durfte dieses nach meiner Auffassung nur dann als wissenschaftlich berechtigt hingestellt werden, wenn der Beweis vorlag, dass der Vorgang des reinen Denkens selbst schon sich als die erste Stufe derjenigen Vorgänge erweist, durch welche übersinnliche Erkenntnisse erlangt werden. Diesen Beweis glaube ich in meinen früheren Schriften erbracht zu haben. Ich habe in der verschiedensten Art zu begründen versucht, dass der Mensch, indem er im reinen Denkvorgang lebt, nicht bloß eine subjektive, von den Weltvorgängen abgewandte und für diese gleichgültige Verrichtung vollbringt, sondern dass das reine Denken ein über das subjektiv menschliche Tun hinausführendes Geschehen ist, in dem das Wesen der objektiven Welt lebt. Es lebt so darin, dass der Mensch im wahren Erkennen mit dem objektiven Weltwesen zusammenwächst. Wer die Darstellungen meiner früheren Schriften, auch die einführende Auseinandersetzung, die ich in den achtziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts zu Goethes naturwissenschaftlichen Schriften in Kürschners deutscher Nationalliteratur geschrieben habe, in unbefangene Erwägung ziehen will, der wird das Gewicht des Satzes fühlen können, den ich 1897 in meinem Buche «Goethes Weltanschauung» niedergeschrieben habe. „Wer von der Kälte der Ideenwelt spricht, der kann Ideen nur denken, nicht erleben. Wer das wahrhafte Leben in der Ideenwelt lebt, der fühlt in sich das Wesen der Welt in einer Wärme wirken, die mit nichts zu vergleichen ist.“
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